Tragödie in Kabul

Rückführungen: Todesfall befeuert deutsche Debatte

Ausland
11.07.2018 20:31

Die deutsche Debatte über intensivierte Asylwerber-Rückführungen nach Afghanistan ist durch einen kürzlich bekannt gewordenen Todesfall eines jungen Afghanen weiter befeuert worden. Einer jener 69 abgeschobenen Asylwerber, von denen auch Deutschlands Innenminister Horst Seehofer bei der Vorstellung seines „Masterplans“ am Dienstag gesprochen hatte, hat sich wenige Tage nach seiner Ankunft in der afghanischen Hauptstadt Kabul das Leben genommen.

Der 23-Jährige sei am Dienstag in einer von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zur Verfügung gestellten vorübergehenden Unterkunft erhängt aufgefunden worden, sagte ein Mitarbeiter des Flüchtlingsministeriums in Kabul am Mittwoch. Der Mann aus der nordafghanischen Provinz Balkh habe acht Jahre lang in Deutschland gelebt, bevor er abgeschoben wurde. Eine Quelle aus dem Kabuler Büro der IOM bestätigte die Darstellung. Man untersuche den Vorfall noch. Der Mann sei im Spinsar-Hotel gefunden worden, wo die IOM zurückkehrenden Flüchtlingen, die nicht wissen wohin, für einige Tage Unterkunft gewährt.

Seehofer: „Ausgerechnet an meinem 69. Geburtstag“
Mit dem jüngsten Abschiebeflug aus Deutschland hatten Bund und Länder mit 69 Passagieren ungewöhnlich viele abgelehnte Asylwerber abgeschoben. Allein Bayern hatte 51 Menschen zurückgeschickt. Seehofer hatte sich zufrieden über die hohe Zahl der Abgeschobenen geäußert. „Ausgerechnet an meinem 69. Geburtstag - das war von mir nicht so bestellt - sind 69 Personen nach Afghanistan zurückgeführt worden“, sagte der CSU-Chef (siehe Video unten). Dies löste einen Shitstorm aus. Auf Twitter und Facebook wurde Seehofer als „zynisch“ und „rücktrittsreif“ bezeichnet.

Flüchtlingsaktivisten von Pro Asyl und dem Bayrischen Flüchtlingsrat hatten kritisiert, dass die seit einem schweren Anschlag vor der deutschen Botschaft in Kabul geltende Selbstverpflichtung, nur Straftäter, terroristische Gefährder und sogenannte Identitätstäuscher abzuschieben, weggefallen sei. Selbst „gut integrierte Personen“ würden nun abgeschoben.

Am Mittwochabend meldete sich Seehofer noch einmal zu Wort und bezeichnete den Selbstmord des afghanischen Flüchtlings als „zutiefst bedauerlich“. Angesprochen auf sein Statement zu den 69 Abschiebungen sagte er, „auch die sachlichsten Aussagen werden missbraucht“. Ob er seinen Sager bedauere? „Da sage ich jetzt nichts.“

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