3,7 Prozent mehr?

Wirbel um Gehalts-Automatik für EU-Beamte

Ausland
26.11.2009 16:51
Die Bürger verstehen die Welt nicht mehr - und selbst Politiker laufen Sturm. Um 3,7 Prozent sollen die Bezüge der 40.000 EU-Beamten erhöht werden. Und das mitten in der Wirtschaftskrise. Schuld an dem maßlosen Plus ist eine fixe Formel, die den Zuwachs jährlich neu berechnet. Zwar könnte eine Sonderklausel die Erhöhung noch stoppen, doch offenbar ist niemand gewillt, es sich mit den Beamten zu verscherzen.

Auf sechs eng bedruckten Seiten Gesetzestext ist geregelt, wie stark die Gehälter der EU-Beamten jedes Jahr angehoben werden. Die komplizierte Formel berücksichtigt Faktoren wie die Besoldung der Staatsbediensteten in großen europäischen Hauptstädten, die Kaufkraft in den Mitgliedsstaaten und nicht zuletzt die Lebenshaltungskosten in Brüssel, wo die meisten der Beamten ihren Dienstsitz haben. Doch trotz der detaillierten Regelungen hat die Formel offenbar einen Fehler. Wie sonst könnten 3,7 Prozent Erhöhung in Zeiten der Krise herausspringen?

Normale Arbeitnehmer können von solchen Zuwächsen nur träumen. In Österreich hatten zuletzt die Metaller mit einem Plus von 1,5 Prozent abschließen können, die Chemiearbeiter mit 1,35 Prozent. Und für die heimischen Beamten lag das Angebot der Regierung zuletzt gar bei nur 0,5 Prozent, wobei hier noch verhandelt wird. EU-weit liegt die Arbeitslosigkeit bei 9,2 Prozent, die Wirtschaft schrumpfte um 4,3 Prozent, und die Inflation beträgt beispiellos niedrige 0,1 Prozent.

Kommission könnte Zuwachs verhindern - und will nichts tun
Die Kommission, die über die Besoldung entscheidet, macht keine Anstalten, sich gegen den fetten Zuschlag zu wehren. Dabei hätte sie als einzige die Macht, dies zu tun. Denn in Kapitel 5 des XI. Anhangs zum EU-Beamtenstatut ist eine Klausel eingebaut, die die automatische Erhöhung bremsen kann. Und zwar dann, wenn "in der Gemeinschaft eine erhebliche abrupte Verschlechterung der wirtschaftlichen und sozialen Lage eingetreten ist", was derzeit nach Meinung vieler Experten der Fall ist. Doch die Kommission ist auf das Wohlwollen der Beamten angewiesen, ohne die sie handlungsunfähig wäre. Und so will es sich niemand mit den EU-Bediensteten verscherzen.

Folglich verteidigt die EU-Kommission den automatischen Zuwachs sogar. "Wir respektieren das Beamtenstatut, das eine objektive Methode fixiert", erklärte Kommissionssprecherin Valerie Rampi am Donnerstag. Und das, obwohl sich nach Angaben von Diplomaten 15 Staaten, unter ihnen Österreich, gegen das Plus von 3,7 Prozent ausgesprochen haben. "Die Gehälter der EU-Beamten, die 100-prozentige Jobsicherheit und die schlechten Wirtschaftsdaten sprechen wohl eher für eine Nulllohnrunde", bemerkte am Donnerstag Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek trocken.

Selbst ÖVP fordert geringeren Abschluss
BZÖ-Obmann Josef Bucher lehnte die geplanten 3,7 Prozent als "maßlos überzogenen" ab und sprach von einem "unglaublichen Affront" und einem "Schlag ins Gesicht für die Millionen EU-Bürger". Er verlangt eine Nulllohnrunde.

Auch der ÖVP-Delegationsleiter im Europaparlament, Ernst Strasser, hat Sparsamkeit für die europäischen Bediensteten eingefordert. "Wenn alle sparen müssen, dann soll das auch für die EU-Beamten gelten. In Zeiten der Wirtschaftskrise müssen auch Automatismen überdacht werden", erklärte Strasser am Donnerstag. Die in Österreich verhandelten Gehaltsabschlüsse könnten durchaus als Ansatzpunkt für Brüssel gelten. "EU-Beamte sollten auch in dieser Frage eine Vorbildfunktion in Europa haben."

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