"Biologischer Grund"

Pfeilgiftfrösche verfügen über innere Landkarte

Wissenschaft
19.11.2014 09:39
Wiener Forscher haben herausgefunden, dass Pfeilgiftfrösche offenbar über eine stark ausgeprägte innere Landkarte verfügen. Setzt man die Tiere ein paar hundert Meter von ihrem Territorium entfernt aus, kommen sie mithilfe ihres scheinbar detaillierten Wissens über das Gebiet sehr zielgerichtet wieder zurück. Finden sie sich hingegen in einer für sie komplett unbekannten Umgebung wieder, wissen sie nicht, wohin die Heimreise gehen könnte.

Über den Orientierungssinn von Amphibien ist nicht viel bekannt. Das liege auch daran, dass diese als relativ simpel gestrickt gelten und sich manche Forscher auch nicht erwarten, dass es über diese Tiere viel Interessantes herauszufinden gebe, erklärte Max Ringler vom Department für Kognitionsbiologie der Universität Wien.

Eine Gruppe Wiener Forscher um Andrius Pasukonis, ging aber daran, im Zuge eines Feldexperiments an Pfeilgiftfröschen der Spezies "Allobates femoralis" herauszufinden, ob sich die Tiere an unmittelbaren Umgebungsreizen oder übergeordneten Hinweisen, wie dem Magnetfeld oder dem Stand der Gestirne, orientieren. Dazu banden sie männlichen Fröschen im Regenwald von Französisch Guyana kleine Reflektoren für Radiowellen um, mit deren Hilfe sie die Bewegungen der Amphibien nachvollziehen konnten.

Tiere verteilen Kaulquappen im Wald
Im Gegensatz zu ihren Verwandten in der nördlichen Hemisphäre können sich die Tiere in den Tropen das ganze Jahr über fortpflanzen. Pfeilgiftfrösche legen ihre Eier an Land, dort entwickelt sich der Nachwuchs über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen. Erst dann ist es die Aufgabe der nur etwa zwei Zentimeter kleinen und zwei Gramm leichten Männchen, die Kaulquappen ins Wasser zu bringen. "Die laufen dann teilweise ein paar hundert Meter durch den Wald und tragen sie zu kleinsten Tümpeln", erklärt Ringler. Würden sie ihren gesamten Nachwuchs zur gleichen kleinen Wasserstelle bringen, wäre das nachteilig für dessen Überlebenschancen. Um die Kaulquappen verteilen zu können und nach Hause zu finden, müssen sich die Frösche also irgendwie im Wald zurechtfinden.

Um herauszufinden, woran sie sich orientieren, setzten Pasukonis und seine Kollegen zwei Frosch-Gruppen einer Population bis zu dreihundert Meter entfernt von ihrem Territorium aus. Eine Gruppe wurde am Festland innerhalb ihrer Population versetzt, die andere in gleicher Entfernung auf eine kleine Insel inmitten eines nahen Flusses gebracht, auf der sie nie zuvor gewesen waren. Die Festland-Frösche kehrten innerhalb weniger Tage und auf sehr direktem Weg zurück. Die Tiere auf der Insel wussten dagegen überhaupt nicht, welche Richtung sie einschlagen mussten und seien völlig planlos auf der Insel herumgelaufen, so der Forscher.

Überraschende kognitive Fähigkeit
Das lege den Schluss nahe, dass sich diese Pfeilgiftfrösche nicht an Magnetfeldern oder dem Stand der Sonne bzw. der Sterne orientieren, sondern eben sehr genau über die Umgebung ihres Territoriums Bescheid wissen, berichten die Forscher in der Fachzeitschrift "Biology Letters" der britischen Royal Society. "Anscheinend kennen sie ihre Umgebung im Umkreis von dreihundert Metern in- und auswendig", so Ringler.

Viele Verhaltensbiologen hätten Fröschen eine solche kognitive Leistung eher nicht zugetraut, ist der Forscher überzeugt. Umso interessanter sei der Befund auch deshalb, als es sich hierbei nicht nur um eine abstrakte Fähigkeit der Frösche handelt, sondern die Notwendigkeit des Kaulquappentransports der "direkte biologische Grund" für die Entwicklung dieser erstaunlichen Fähigkeit sein dürfte.

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