Keine Friedens-Union?

Erzbischof Tutu protestiert gegen Nobelpreis für EU

Ausland
30.11.2012 15:31
Die Verleihung des Friedensnobelpreises an die EU am 10. Dezember stößt bei früheren Preisträgern auf Kritik. Der südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu (Bild), der im Jahr 1984 in Oslo ausgezeichnet wurde, rief die Stockholmer Nobelstiftung dazu auf, die Dotierung von acht Millionen Kronen (929.400 Euro) an die Union, die seiner Ansicht nach nicht für Frieden eintritt, zu verweigern. Die nordirische Preisträgerin von 1976, Mairead Maguire, und der argentinische Menschenrechtsaktivist Adolfo Peréz Esquivel (1980) schlossen sich der Forderung an.

In einem Brief erklärten die drei Preisträger, dass die EU "eindeutig kein Vorkämpfer für den Frieden" sei, wie dies der Preisstifter Alfred Nobel in seinem Testament im Sinn gehabt habe. Die Entscheidung des Komitees verfälsche den Stifterwillen.

Der 1896 verstorbene schwedische Industrielle hatte in seinem Letzten Willen die Konditionen des Friedenspreises festgelegt. Erhalten soll ihn demnach, wer sich "am meisten oder am besten für die Verbrüderung der Völker, die Abschaffung oder Reduzierung stehender Heere und für das Abhalten oder die Förderung von Friedenskongressen eingesetzt hat".

"Militärischer Zwang, Durchführung von Kriegen"
In dem nunmehrigen Brief der Preisträger heißt es weiters: "Die EU strebt nicht nach der Verwirklichung von Nobels globaler Friedensordnung ohne Militär. Die EU und ihre Mitgliedsländer gründen kollektive Sicherheit weit mehr auf militärischen Zwang und die Durchführung von Kriegen als auf die Notwendigkeit eines alternativen Herangehens."

Bereits kurz nach der Bekanntgabe des diesjährigen Preisträgers hatte auch das Internationale Ständige Friedensbüro, das sich seit 1891 für den Pazifismus einsetzt, die Vergabe an die EU als "unzulässig" kritisiert. Die Entscheidung widerspreche dem Willen Nobels, den Preis einem "Friedensverfechter" zu verleihen, hieß es in einem offenen Brief an das Nobelkomitee. Die Europäische Union gehöre "eindeutig nicht" zu den Friedensverfechtern, an die Nobel gedacht habe, und setze sich "nicht für die Demilitarisierung der internationalen Beziehungen ein".

Das International Peace Bureau, wie der englische Name des Netzwerks lautet, ist ein Zusammenschluss von 300 Organisationen aus aller Welt und hat seinen Sitz in Genf. 1910 wurde es selbst mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Nobelkommitee verteidigt seine Entscheidung
Das Nobelkomitee hatte seine Entscheidung damit begründet, die EU und ihre Vorläufer hätten "mehr als sechs Jahrzehnte zur Verbreitung von Frieden und Aussöhnung, Demokratie und Menschenrechten in Europa beigetragen".

Der Chef des Kommitees, Geir Lundestad, erklärte zur Kritik der Preisträger: "Wir haben den Geist des Testaments eindeutig erfüllt. Es ist aber unstrittig, dass man nicht alle von Nobel gestellten Bedingungen in einem Jahr vollständig erfüllen muss." Kritik dieser Art sei bereits bekannt und "wird keine Auswirkungen auf die Entwicklung des Preises haben".

Auch Faymann bei Zeremonie in Oslo mit dabei
Entgegengenommen wird der diesjährige Friedensnobelpreis von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy. Van Rompuy hat aber angeregt, dass auch alle 27 EU-Staats- und Regierungschefs bei der feierlichen Verleihung dabei sein sollen. Das Büro von Werner Faymann hat bereits mitgeteilt, dass Österreichs Bundeskanzler an der Verleihung des Preises am 10. Dezember in Oslo teilnehmen wird.

Preisgeld für Kinder, "die Opfer von Konflikten sind"
Die EU will das Preisgeld in Projekte zur Hilfe für Kinder in Kriegen oder Konflikten investieren. "Nachdem Kinder die Zukunft einer jeden Gesellschaft und zugleich die Verletzlichsten sind, soll die Friedensdividende, die die Europäische Union erhält, in diese Kinder 'investiert' werden, die Opfer gewaltsamer Konflikte sind", teilte die EU-Kommission mit. "Das Preisgeld soll zuerst der Hoffnung für die Zukunft zugutekommen, aber auch den ersten Opfern von gegenwärtigen und vergangenen Konflikten: Kindern."

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