Dauerthema wieder da

ÖVP erwärmt sich für Ende der Kalten Progression

Österreich
20.07.2015 15:02
Die Steuerreform 2016 wurde erst vor zwei Wochen im Nationalrat beschlossen, nun will die ÖVP über die Abschaffung der Kalten Progression verhandeln. Finanzminister Hans Jörg Schelling kündigte einen "Automatismus" zur Vermeidung von inflationsbedingten, schleichenden Steuererhöhungen an. Mindestens 400 Millionen Euro im Jahr würde das kosten, sagte Schelling am Montag. Die SPÖ zeigte sich offen, mit dem Koalitionspartner über die Abschaffung zu sprechen. Erstaunt gab sich hingegen die FPÖ darüber, dass die ÖVP "angesichts der hohen Temperaturen nun die Kalte Progression entdeckt".

Schelling will bis Jahresende ein Modell fixieren, derzeit würden verschiedene Varianten durchgerechnet. Der Kalte-Progression-Automatismus sei nicht im Rahmen der Steuerreform beschlossen worden, weil man eine etwas längere Vorbereitungszeit benötige, so der Finanzminister. Durch den zu erarbeitenden Mechanismus würden die Entlastungen der aktuellen Steuerreform "dauerhaft" in Höhe von 5,2 Milliarden Euro pro Jahr erhalten bleiben, rechnete Schelling vor.

Die ÖVP hofft auf eine Einigung mit dem Koalitionspartner sowie einen Beschluss im Jahr 2016 und eine Wirksamkeit der Regelung ab 2017. Mit dem Thema Kalte Progression wolle man den Koalitionspartner aber "nicht unter Druck setzen", betonte Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Man verfolge "den gemeinsamen Kurs, die gesamte Wirtschaft nach vorne zu bringen", so Mitterlehner, der gemeinsam mit Schelling am Montag ein dreiseitiges ÖVP-Reformpapier "Wir bewegen Österreich, Teil 1 - Impuls für Wirtschaft & Arbeit" vorlegte.

Kanzleramt "offen für Gespräche"
Die SPÖ erklärte sich umgehend bereit, mit der ÖVP über die Abschaffung der Kalten Progression zu sprechen. Darüber hinaus verwies man im Kanzleramt auf das ÖGB/AK-Steuerkonzept, das durch einen Parteitagsbeschluss ja zur SPÖ-Position wurde. "Wenn die ÖVP bereit ist, über das Thema zu reden, kann man das gerne machen", erklärte ein Sprecher. Man sei "offen für Gespräche", wurde im Kanzleramt betont.

Im Steuerkonzept des ÖGB heißt es unter anderem, die Folgen der Kalten Progression "müssen deutlich eingedämmt werden, wenn die Teuerung seit der letzten Anpassung fünf Prozent erreicht hat". Wie die Anpassung genau erfolgt, müsse politische Entscheidung bleiben. Für den Fall, dass keine politische Einigung erfolgt, müsse automatisch eine vorher gesetzlich festgesetzte Lösung in Kraft treten, heißt es weiter.

FPÖ sieht Kritik an Steuerreform "indirekt" bestätigt
Bei der FPÖ wurde der ÖVP-Vorschlag zur Abschaffung der Kalten Progression hingegen mit Verwunderung aufgenommen - habe doch "die ÖVP noch vor wenigen Tagen genau diesen Vorschlag der Freiheitlichen im Parlament abgelehnt", wie der freiheitliche Generalsekretär Herbert Kickl feststellte. Seinen Worten zufolge bestätige die ÖVP damit "indirekt" die Kritik der FPÖ, wonach den Bürgern 2016 lediglich jene fünf Milliarden Euro zurückgegeben würden, die man ihnen seit 2009 durch die Kalte Progression bereits genommen habe, so Kickl.

Die Kalte Progression beschreibt jenen Effekt, der für eine schleichende jährliche Steuererhöhung (ohne gesetzliche Erhöhung der Tarifstufen) verantwortlich ist. Der Grund dafür: Die Löhne steigen, die für die Lohnsteuer maßgeblichen Einkommensgrenzen aber bleiben gleich. Damit rücken von Jahr zu Jahr immer mehr Arbeitnehmer in höhere Steuerklassen vor - bzw. wird auch innerhalb der Tarifstufen mehr Steuer fällig. Ein Teil der Lohnsteigerungen wird somit vom Finanzamt abgeschöpft.

Schelling schaut sich Maßnahmen in Deutschland genau an
In Deutschland hat der dortige Finanzminister Wolfgang Schäuble bereits Anfang Mai angekündigt, angesichts der zusätzlich erwarteten Steuereinnahmen in den kommenden Jahren Maßnahmen gegen die Kalte Progression setzen zu wollen. Die Entlastungsmöglichkeit bezifferte Schäuble in Deutschland mit 1,5 Milliarden Euro. Demnach sollen die Änderungen ab dem kommenden Jahr greifen. Schäuble plant zudem einen Mechanismus, mit dem die Anpassungen dauerhaft gesichert werden sollen. Schelling will sich die geplanten Maßnahmen in Deutschland genau ansehen.

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