Traiskirchen-Zelte

Bürgermeister: “Kanzler soll Mikl-Leitner ablösen”

Österreich
03.06.2015 09:46
In Traiskirchen werden seit heute Früh Zelte für 480 Flüchtlinge aufgestellt. Damit reagiert das Innenministerium auf die Forderung des Traiskirchner Bürgermeisters Andreas Babler (SPÖ), die Zahl der Flüchtlinge im Erstaufnahmelager zu reduzieren. Doch dieser ist mit der nunmehrigen Lösung alles andere als zufrieden und bezeichnet sie als "rechtswidrig". Dabei übt er harsche Kritik an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) - und nimmt auch Bundeskanzler Werner Faymann in die Pflicht.

Die Errichtung von Zelten für Flüchtlinge in Traiskirchen sei eine "politische und menschliche Boykotterklärung", kritisierte Babler am Dienstagabend im "ZIB 2"-Interview Mikl-Leitner scharf. Er sprach von einer "schäbigen Politik" - denn die Innenministerin hätte die Möglichkeit, per Weisung Bundesquartiere zu schaffen.

Babler: Faymann muss Verantwortung übernehmen
Einmal seien die NGOs schuld, dann die Bundesländer, dann die Bürgermeister, wetterte Babler. Die Verantwortung werde immer weggeschoben. Seinem Parteifreund Faymann richtete der Traiskirchner Stadtchef aus, dass dieser Verantwortung zu übernehmen habe, "wenn man feststellt, dass die Innenministerin scheitert. Dann muss man darüber nachdenken, ihr das Ressort zu entziehen." Damit legte er dem Kanzler nahe, Mikl-Leitner abzulösen.

Babler hatte am Samstagabend nach einem Brand im Erstaufnahmelager als zuständige Behörde einen Mandatsbescheid zu einer Reduzierung der Flüchtlingszahl innerhalb von vier Tagen erlassen. Das Innenministerium reagierte und teilte am Dienstag mit, die Zahl der Personen im Erstaufnahmelager werde um 640 reduziert. Im Laufe des Mittwochs werden demnach 160 unbegleitete Minderjährige aus dem Lager in andere Quartiere verlegt. Zusätzlich werden 480 weitere Personen in dem geplanten Zeltlager untergebracht.

Dafür werden 60 Zelte auf dem Gelände der Sicherheitsakademie in Traiskirchen errichtet. Dieses Lager wird zusätzlich zu den bereits bestehenden in Salzburg, Linz und Thalham geschaffen. Im Erstaufnahmelager in Traiskirchen werde die Zahl der Flüchtlinge damit "in Richtung" der von Babler geforderten 1.400 Personen reduziert, hieß es.

Zeltlager-Errichtung "geht nicht ohne Bewilligung"
Babler bezeichnete die Zelte allerdings als "rechtswidrig": "Das geht nicht ohne Bewilligung. Die Bewilligungspflicht ist eindeutig in der niederösterreichischen Bauordnung geregelt." Das Innenministerium hätte bei der Baubehörde ansuchen müssen, ein solcher Antrag sei bei ihm als Baubehörde allerdings nicht eingelangt, betonte der Bürgermeister. Er verwies darauf, dass in Niederösterreich eine andere Gesetzeslage als in Salzburg und Oberösterreich bestehe, wo schon Zeltlager errichtet wurden. In Richtung Mikl-Leitner meinte er: "Jeder Häuslbauer muss sich an die Gesetze halten. Das gilt auch für die Innenministerin."

Innenministerium kontert: Maßnahme ist rechtmäßig
Im Gegensatz zu Babler hält das Innenministerium die Errichtung des Zeltlagers auf dem Gelände der Sicherheitsakademie aber sehr wohl für rechtmäßig. In der niederösterreichischen Bauordnung sei von "Gebäuden" und "Bauwerken" die Rede - "Zelte fallen nicht darunter", hieß es aus dem Ressort. Diese würden demnach nicht der niederösterreichischen Bauordnung unterliegen.

"Hilferuf": Pröll soll "sofort Entscheidungen treffen"
Am Mittwochvormittag richtete Babler dann einen "dringenden Appell" an Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP). "Die Probleme, die durch die Zahl von über 2.000 aufhältigen Flüchtlingen existieren, müssen dringend beseitigt werden", hieß es in einer Aussendung, die der Bürgermeister auch als "Hilferuf" sah. Zeltlager wie jenes auf dem Gelände der Sicherheitsakademie müssten verhindert werden. Der Landeshauptmann müsse "im Sinne der Menschlichkeit sofort Entscheidungen treffen", Traiskirchen "braucht jetzt die Solidarität und die Unterstützung" Prölls.

"Neben den skandalösen Zuständen innerhalb der Betreuungsstelle ein weiteres Massenlager in Zelten errichten zu wollen", könne ein Landeshauptmann "nicht durchgehen lassen". Babler verwies auch darauf, dass es in der Stadt bereits "große Nutzerkonflikte in öffentlichen Parkanlagen, auf Spielplätzen, Probleme im Bad, weil Kinder und jugendliche Flüchtlinge oftmals nicht schwimmen können und keine Betreuung dabei haben, bzw. am Bahnhof" gebe.

Daraufhin stellte Gerhard Karner, Sicherheitssprecher der Volkspartei NÖ, fest, Pröll habe schon am Dienstag reagiert. In der Regierungssitzung sei "mündlich und auch schriftlich" der Auftrag an den zuständigen Landesrat Maurice Androsch ergangen, mit anderen Bundesländern Kontakt aufzunehmen, um für eine Entlastung in Traiskirchen zu sorgen. Babler solle daher "umgehend Kontakt mit zuständigem Landesrat aufnehmen", betonte Karner. Faktum sei, der Landeshauptmann "war und ist immer der Stadt Traiskirchen in dieser sensiblen Frage zur Hilfe gekommen".

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