Die Politik reagiert

Sex-Vorstrafen werden 30 Jahre gespeichert

Österreich
30.04.2008 19:22
Die Regierung will nach dem Inzest-Fall von Amstetten sämtliche einschlägigen Gesetze durchforsten. Bereits fix scheint die Verlängerung der Tilgungsfristen bei schweren Sexualdelikten: Künftig sollen derartige Vorstrafen nach einem Vorschlag von Justizministerin Maria Berger nicht mehr nach zehn bzw. 15 Jahren automatisch gelöscht werden, sondern bei besonders gefährlichen Sexualstraftätern erst nach bis zu 30 Jahren. Innenminister Günther Platter fordert dagegen die lebenslange Speicherung im Strafregister.

In Medienberichten wird Josef F., der seine Tochter 24 Jahre lang in einem Keller eingesperrt und vergewaltigt haben soll, beschuldigt, vor 40 Jahren wegen eines Sexualdelikts vor Gericht gestanden zu sein. In diesem Fall wäre seine Vorstrafe beim "Verschwinden" seiner Tochter Elisabeth 1984 möglicherweise bereits aus dem Strafregister gelöscht gewesen. Die maximale Tilgungsfrist beträgt nämlich (abgesehen von lebenslanger Haft) derzeit 15 Jahre.

Grundsätzlich gilt: Je härter die vom Gericht verhängte Strafe, desto länger bleibt die entsprechende Vorstrafe im Strafregister gespeichert. Die kürzeste "Tilgungsfrist" beträgt fünf Jahre und gilt für Jugendliche bzw. für Personen, die zu weniger als einem Jahr Haft verurteilt wurden. Wer zu einem bis drei Jahren Haft verurteilt wird, gilt zehn Jahre lang als "vorbestraft". Verurteilungen zu mehr als dreijähriger Haft bleiben 15 Jahre lang im Strafregister. Lautet das Urteil lebenslang, wird die Vorstrafe gar nicht gelöscht.

Nach Tilgungsfrist gilt man als unbescholten
Wie Sektionschef Wolfgang Borgensberger vom Justizministerium erklärt, beginnt die Tilgungsfrist erst mit der Entlassung aus der Haft zu laufen. Ist die Frist verstrichen, wird die Vorstrafe aus dem Strafregister gelöscht und darf dem Betroffenen nicht mehr vorgehalten werden. "Er gilt ab diesem Zeitpunkt als unbescholten", erklärt Bogensberger. Die Resozialisierung des Haftentlassenen wird also als gelungen betrachtet und aus der verjährten Verurteilung sollen ihm keine Nachteile mehr erwachsen.

Wer allerdings vor Ablauf der Tilgungsfrist erneut verurteilt wird, gilt als "Rückfalltäter" und muss mit einer strengeren Strafe rechnen. Außerdem plant das Justizministerium die Möglichkeit, die Tilgungsfristen bei bestimmten Sexualstraftätern zu verlängern: Wird der Häftling vom Vollzugsgericht (das über seinen Antrag auf bedingte Entlassung entscheidet) als "gefährlich" eingestuft, dauert die Tilgungsfrist um die Hälfte länger. Gilt er als "besonders gefährlich", dann wird sie verdoppelt - auf maximal 30 Jahre.

Neues Gewaltschutzgesetz
Das Innen- und das Justizministerium wurden beauftragt, generell alle entsprechenden Gesetze zu überprüfen, ob sie überhaupt greifen. Lücken müssen geschlossen, Verdachtsmomente effizienter erhellt werden. Tatsächlich wurde von Justizministerin Maria Berger schon ein neues Gewaltschutzgesetz erarbeitet. Mit dem Tatbestand "beharrliche Gewaltausübung", der künftig mit Strafen bis zu 20 Jahren Haft geahndet wird.

Weitere Schwerpunkte des Anti-Gewalt-Pakets: Anzeigepflicht für alle Menschen, denen Kinder anvertraut sind, gerichtliche Aufsicht über bedingt entlassene Sexualstraftäter. Mit Weisungen, bestimmte Berufe nicht ergreifen zu dürfen, Horte, Schulen und Kindergärten zu meiden usw. Innenminister Günther Platter fordert strengere Strafen für Sexualdelikte wie Kinderpornografie. Sexualverbrechen dürften ein Leben lang nicht aus dem Strafregister getilgt werden.

Unterstützungspaket für Opfer geschürt
Bund, Land Niederösterreich und Gemeinde Amstetten schnüren gemeinsam ein Paket zur Unterstützung der Opfer. "Es ist unsere wichtigste Aufgabe, diesen Menschen jedwede Hilfe, Betreuung und eine Zukunftsperspektive zu geben", erklärte Vizekanzler Molterer. Es ist daran gedacht, ein Spendenkonto zu errichten. Die notwendigen finanziellen Mittel werden in Absprache mit Landeschef Pröll unbürokratisch zur Verfügung gestellt.

Alte Fälle werden neu aufgerollt
Ungeklärte Vermissten-Fälle sollen mit den modernsten technischen Möglichkeiten neu aufgerollt werden. Die Polizei hofft auf wichtige Erkenntnisse. "Wir werden uns alle Fälle aus der Vergangenheit, die noch nicht abgeschlossen sind, noch einmal anschauen", betont Erich Zwettler vom Bundeskriminalamt. Die Ermittler setzen dabei auf die neuesten technischen Möglichkeiten, die damals noch nicht zur Verfügung standen, sowie auf Erkenntnisse aus anderen Fällen. Wenn nötig, sollen die nicht abgeschlossenen Akten auch einer anderen Fahndungsgruppe übergeben werden. Insgesamt 64 Minderjährige werden in Österreich seit mehr als einem Jahr vermisst, fünf von ihnen sind bereits seit mehr als zehn Jahren abgängig. 

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