Gefährliche Sucht

“Wie Kokain”: So verändern Pornos unser Gehirn

Wissenschaft
19.11.2017 11:49

Im Alter von durchschnittlich 12,7 Jahren geraten Kinder und Jugendliche das erste Mal mit Pornografie in Kontakt. Das kann schnell zu einer gefährlichen Sucht werden, warnt die Münchner Sexualtherapeutin Heike Melzer: "Je früher und öfter das Gehirn mit Pornofilmen in Kontakt kommt, desto nachhaltiger wird es verändert."

Dafür reiche schon der regelmäßige Kontakt, um die Gehirnstruktur zu verändern. "Jugendliche schauen sich die Filme beispielsweise vor und nach der Schule auf ihrem Smartphone an. Da kommen schnell ein bis zwei Stunden am Tag zusammen", zitiert der deutsche "Focus" die Sexualtherapeutin. In ihrer Praxis bekommt sie es auch mit Extremfällen zu tun: "Es gibt Patienten, die sich in einer Woche etwa 40 Stunden Pornos ansehen."

Wie Kokain
In Kombination mit Selbstbefriedigung kann dies schnell zu einer gefährlichen Sucht werden. Beim Orgasmus werden laut Melzer im Gehirn Dopamin, Serotonin, Adrenalin und Endorphine ausgeschüttet. Vor allem das Dopamin wirke sich auf das Belohnungszentrum des Gehirns ähnlich positiv aus "wie die Einnahme von Kokain."

Die Folge: Genau wie bei einem Junkie reicht der Rausch irgendwann nicht mehr aus, die Dosis muss erhöht werden. Betroffene klagen Studien zufolge außerdem über mangelndes Interesse an partnerschaftlichem Sex sowie Orgasmus- oder Erektionsstörungen.

Irreparable Veränderungen im Gehirn
Zusätzlich könne es im Gehirn zu sogenannten Suchtstraßen kommen: "Bei langjährigem Konsum können irreparable Veränderungen im Gehirn dazu führen, dass auch nach längerer Abstinenz schon bei geringem Pornokonsum hohe Rückfallraten mit Kontrollverlust unvermeidbar sind", so Melzer gegenüber der Website noizz.de.

Die Berliner Wissenschaftler Simone Kühn und Jürgen Gallinat beobachteten 2014 in einer Studie über die Auswirkungen von Pornos auf das Gehirn einen Zusammenhang zwischen der Dauer des Konsums und der Größe der grauen Substanz. Je mehr Pornos die Probanden konsumierten, desto kleiner war bei ihnen das sogenannte Striatum, eine Hirnregion, die zum Belohnungssystem des Gehirns gehört. "Das könnte bedeuten, dass der regelmäßige Konsum von Pornografie das Belohnungssystem gewissermaßen ausleiert", so Simone Kühn.

Oder aber die Unterschiede zwischen den Probanden bestanden schon vor dem Konsum und bewirken, wie häufig Pornografie konsumiert wird. Die Forscher halten die erste Erklärung jedoch für wahrscheinlicher als die zweite. "Wir gehen davon aus, dass der häufige Pornografiekonsum zu diesen Veränderungen führt." Weitere Studien sollen Gewissheit schaffen.

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