30 Jahre Haft drohen

Katalanischer Präsident nach Brüssel geflohen

Ausland
30.10.2017 14:35

Zwei Tage nach der Entmachtung der Separatisten in Katalonien überschlugen sich am Montag im Regierungspalast in Barcelona die Ereignisse. Spaniens Generalstaatsanwaltschaft gab bekannt, den abgesetzten katalonischen Regierungschef Carles Puigdemont wegen Rebellion, Auflehnung und Unterschlagung öffentlicher Gelder anzuklagen. Bei einer Verurteilung drohen bis zu 30 Jahre Haft. Puigdemont hüllt sich in Schweigen - und hält sich nicht mehr in Spanien, sondern in Brüssel auf. Sein Anwalt hat dies mittlerweile bestätigt.

Puigdemont habe in der belgischen Hauptstadt am Montag mit dem Anwalt Paul Bekaert gesprochen, berichtete die belgische Nachrichtenagentur Belga am Abend unter Berufung auf den Juristen.

Puigdemont könnte in Belgien um Asyl ansuchen
Unklar blieb zunächst, ob Puigdemont in Belgien Asyl beantragen will. Der belgische Staatssekretär für Asyl und Migration, Theo Francken, hatte diese Möglichkeit am Sonntag ins Spiel gebracht. Katalanen, die sich politisch verfolgt fühlten, könnten in Belgien um Asyl ersuchen, sagte der Politiker der nationalistisch-flämischen Partei N-VA dem flämischen Sender VTM News. Ministerpräsident Charles Michel hatte einen möglichen Asylantrag Puigdemont hingegen als Thema bezeichnet, das "absolut nicht auf der Agenda" stehe.

Rajoy-Sprecher: "Flucht zeugt von Verzweiflung"
Ein Sprecher des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy bestätigte Puigdemonts Ausreise. Die Flucht zeuge "von Verzweiflung", sagte dieser vor Journalisten in Madrid. Das Madrider Innenministerium wurde von der Zeitung "La Vanguardia" mit den Worten zitiert, man mache sich "keine Sorgen" über Puigdemont. Die Hauptsache sei, dass er sich nicht im Regierungsgebäude in Barcelona befinde. Mit Puigdemont sollen auch andere entmachtete und angeklagte katalanische Regierungsmitglieder ausgereist sein.

Die Angeklagten würden als Beschuldigte zu Anhörungen vorgeladen, sagte Staatsanwalt Jose Manuel Maza. Man schließe aufgrund der Schwere der Verbrechen keine Maßnahmen - also Inhaftierung und anschließende U-Haft - aus, betonte er. Die Angeklagten hätten "eine institutionelle Krise verursacht, die mit einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung geendet" habe, sagte Maza.

Am Freitag hatte das Regionalparlament einen Unabhängigkeitsbeschluss verabschiedet. Kurz danach hatte der spanische Senat mit der Billigung des nie zuvor angewandten Verfassungsartikels 155 den Weg für die Entmachtung der Regierung und für Neuwahlen am 21. Dezember freigemacht. Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy übernahm einen Tag später offiziell die Amtsgeschäfte von Puigdemont. In einer TV-Rede hatte Puigdemont am Samstag durchblicken lassen, dass er seine Amtsenthebung nicht anerkennt. Er rief seine Anhänger zum friedlichen "demokratischen" Widerstand auf.

Einige Angehörige des Separatistenlagers meldeten sich auf Twitter zu Wort. "Wir arbeiten weiter", schrieb etwa Forcadell über einem Video, das sie beim Eintreffen im Parlamentsgebäude zeigte.

Der spanische Außenminister Alfonso Dastis ging am Montag davon aus, dass Katalonien auch nach der Neuwahl Teil Spaniens bleibt. Mithilfe dieser vorgezogenen Wahl werde die Rechtsstaatlichkeit in Katalonien wiederhergestellt, sagte Dastis. "Wir hoffen und gehen davon aus, dass Katalonien nach dieser Wahl wieder die gleiche Gesellschaft wie zuvor sein wird: offen und integriert."

Umfrage: Nur noch ein Drittel der Katalanen für Unabhängigkeit
Die spanische Zeitung "El Mundo" veröffentlichte unterdessen eine Umfrage, wonach sich nur mehr 33,5 Prozent der Katalanen für eine Unabhängigkeit der Region aussprechen. Aus der zwischen 23. und 26. Oktober durchgeführten Umfrage des Instituts Sigma Dos geht weiters hervor, dass 36,6 Prozent der Katalanen und 22,6 Prozent aller Spanier eine Unabhängigkeit der Region für möglich hält. Ein von der Madrider Zentralregierung genehmigtes Referendum über eine Abspaltung würden sowohl eine Mehrheit aller Spanier (57,4 Prozent) als auch drei Viertel der Katalanen (75,6 Prozent) befürworten.

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