Suizid als Thema

Psychotherapeuten wollen Verbot für Netflix-Serie

Web
18.07.2017 16:42

Scharfe Kritik an der beliebten Netflix-Serie "Tote Mädchen lügen nicht": Weil in der amerikanischen Produktion die Geschichte des Selbstmords einer 16-jährigen Schülerin thematisiert wird, schlagen österreichische Psychotherapeuten Alarm: "Problematisch ist an der Serie, dass das Thema Suizid darin als Weg aus einer schwierigen Situation dargestellt wird", so Peter Stippl, Präsident des Bundesverbandes für Psychotherapie. Die Macher der Serie sehen das anders: Sie wollen mit der Serie das Thema Suizid offen angehen, anstatt es totzuschweigen.

Slut Shaming, Stalking, (Cyber-)Mobbing, Depression: Die Schülerin Hannah Baker hat es als "Neue" in ihrer Highschool nicht leicht. Nach zahlreichen Attacken ihrer Mitschüler fasst sie den Entschluss, sich das Leben zu nehmen. Bevor sie diesen Schritt setzt, nimmt sie ihre Beweggründe auf 13 Kassetten auf. Eine Kassette für jede Person, die verantwortlich an ihrem Tod ist. Jeder ihrer Peiniger muss sich die Aufzeichnungen anhören - sonst droht sie aus dem Jenseits mit der Veröffentlichung der Aufnahmen.

Zweieinhalb mehr Suizidtote als Verkehrstote
Selbstmord ist ein Thema, über das nicht oft geredet wird - dabei war 2016 die Zahl der Suidzidfälle zweieinhalb Mal so hoch wie jene der Verkehrstoten. Letztes Jahr haben sich 60 bis 70 Kinder und Jugendliche im Alter von 15 bis 10 das Leben genommen.

Die erfolgreiche Drama-Serie "Tote Mädchen lügen nicht" (englischer Originaltitel: 13 Reasons Why) hat sich dem sensiblen Thema Suizid angenommen und damit international für sehr viel Aufregung gesorgt. In Neuseeland wurde die Serie für unter 18-Jährige verboten - nur im Beisein von Erwachsenen dürfen sich jüngere Jugendliche die Serie ansehen. In Deutschland wird von Kinder- und Jugendärzten ein generelles Verbot der Serie gefordert, da "große Gefahr insbesondere für psychisch kranke und labile junge Menschen" geortet wird.

Ministerium erlässt Verhaltenskodex für Lehrer zur Serie
Auch in Österreich ist die Serie heftig umstritten. Sogar das Bildungsministerium hat deshalb einen Verhaltenskodex für Lehrer verfasst, wie mit der Serie umgegangen werden soll. In einer Broschüre wird Pädagogen empfohlen, die Netflix-Produktion nur dann zu thematisieren, wenn sie mitbekommen, dass Schüler die Serie auch wirklich sehen: Von selbst sollen sie das Thema nicht anschneiden. Der Grund: Da "keine adäquaten Hilfsmöglichkeiten dargestellt werden, sodass leicht der falsche Eindruck entstehen kann, dass es keine Hilfe gibt oder dass Hilfesuchen keinen Sinn macht".

Psychotherapeuten: "Gespräch mit Kindern suchen"
Auch der Bundesverband für Psychotherapie warnt vor der Serie, weil keine Lösungsansätze für die Hauptfigur Hannah aufgezeigt werden. "Wichtig ist die Vermittlung, dass es kein Problem gibt, dass nicht lösbar wäre", schreibt der Verband in einer Aussendung. Er rät Eltern, genau zu beobachten, was für Inhalte Kinder im Internet aufrufen und im Fall der Fälle das Gespräch darüber zu suchen: "In diesem aktuellen Fall sollten die Erwachsenen hellhörig werden, wenn gerade diese Serie zum Lieblingsprogramm des Nachwuchses wird," heißt es.

Serienmacher wollen heikles Thema zu Gesprächstoff machen
Die Macher der Serie rechtfertigen sich damit, dass sie die Zuschauer schonungslos mit der Realität konfrontieren und verdeutlichen, dass Selbstmord keine Erlösung, sondern qualvollen Horror darstelle. Autor Nic Shef führte in einer Kolumne in "Vanity Fair" aus, dass er das Thema Suizid zum Gesprächsthema machen wollte. US-Star Selena Gomez, die die Serie produzierte, verteidigt ihr Machwerk: Es sei kein einfaches Thema, doch es würde Teenagern helfen, in einen Dialog darüber zu treten.

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