Russland hat der Europäischen Union für den Fall einer „direkten Konfiszierung“ seines eingefrorenen Vermögens mit einer „schmerzlichen Reaktion“ gedroht. Und tatsächlich: Eine schnelle Einigung auf EU-Ebene scheint wieder in weite Ferne zu rücken – vor allem ein Staat blockiert.
EU-Spitzen beraten zur Stunde den Vorschlag von der EU-Kommission und Berlin, Erträge aus eingefrorenem russischen Vermögen für einen 140 Milliarden Euro schweren Kredit an die Ukraine zu verwenden. In Kiew sollen damit die Militärausgaben der kommenden zwei oder drei Jahre finanziert werden. In Moskau reagiert man darauf allergisch. „Das ist Diebstahl“, sagte die Sprecherin des Außenministeriums in Moskau, Maria Sacharowa, am Donnerstag. Die EU habe dafür keine rechtliche Handhabe.
Brüssel betonte jedoch stets, dass es sich nicht um eine Enteignung handle. Vielmehr soll die Ukraine über ein kompliziertes Verfahren einen Milliardenkredit erhalten. Zurückzahlen müsste sie diesen erst, wenn Russland nach einem Kriegsende Reparationen für die Schäden in dem 2022 überfallenen Land zahlt.
Bei der Nutzung eingefrorener russischer Vermögen für die Ukraine seien derzeit „viele Fragen noch offen“, erklärte jüngst Bundeskanzler Christian Stocker. „Wir brauchen ein taugliches Rechtskonstrukt.“ Stocker begrüßte die jüngsten US-Sanktionen gegen die russische Ölindustrie. „Es ist ein Schritt, um Putin an den Verhandlungstisch zu bringen“, sagte der Kanzler.
Keine Einigkeit in Sicht
Belgien droht in der Debatte um die Verwendung russischer Vermögenswerte mit einer Blockade der dafür nötigen Entscheidung. Der belgische Regierungschef Bart De Wever stellte beim EU-Gipfel in Brüssel Bedingungen auf, um dem Vorschlag zuzustimmen. Würden diese nicht erfüllt, werde er „alles in meiner Macht Stehende tun, um diese Entscheidung zu verhindern“.
Als Bedingung für seine Zustimmung fordert De Wever eine vollständige Vergemeinschaftung des Risikos. Darüber hinaus wolle Belgien Garantien, dass „falls das Geld zurückgezahlt werden muss, alle Mitgliedstaaten sich beteiligen“. Der Hintergrund: Ein Großteil des konfiszierten Vermögens liegt auf belgischen Konten.
„Wir sind die Einzigen, Euroclear ist das einzige Finanzinstitut, das die unerwarteten Gewinne an die Ukraine weitergibt“, sagte De Wever. „Wir wissen, dass es in anderen Ländern, die sich dazu immer ausgeschwiegen haben, riesige Mengen an russischem Geld gibt.“ Dies gehört allerdings oft nicht der russischen Nationalbank wie bei Euroclear, sondern russischen Oligarchen.
Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz zeigte sich zurückhaltend zu den Einigungschancen auf eine Nutzung des Russen-Schatzes für die Aufrüstung der Ukraine. Es gebe „ein paar ernst zu nehmende Einwendungen, über die wir sprechen müssen“, sagte er.
Auch deutsche Unternehmer skeptisch
Das betreffe vor allem die Haftung Belgiens, wo das Milliarden-Vermögen der russischen Staatsbank lagert. Merz geht aber davon aus, dass die Staats- und Regierungschefs der EU bei ihrem Treffen in Brüssel bei dem Thema „einen Schritt weiterkommen“. In deutschen Unternehmerkreisen regt sich hingegen Widerstand. Ein solcher Schritt werde teure Folgen haben, warnte der Vorstandsvorsitzende der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer, Matthias Schepp.
„Deutschland hat wie kein anderes Land in Russland investiert. Es hat deshalb bei der geplanten Nutzbarmachung russischer Zentralbankgelder für Waffenkäufe zugunsten der Ukraine am meisten zu verlieren“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Zusammengerechnet sei Vermögen von über 100 Milliarden Euro in Gefahr, so Schepp.
Dabei gehe es um den Wert deutscher Fabriken und Ladenketten. Betroffen seien aber auch Unternehmen in den Bereichen Energie, Pharma und Haushaltsgeräte, die Moskau unter Fremdverwaltung gestellt habe, oder Geld, das Russland seinerseits auf Konten eingefroren habe.
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