Notbremse gezogen

So lief die erste Nacht mit Grenzkontrollen

Österreich
14.09.2015 10:36
Um 21.03 Uhr bauen vier deutsche Polizisten mit Verkehrshütchen die Kontrolle am bayrischen Grenzübergang Freilassing auf, um 21.07 Uhr halten sie die ersten Flüchtlinge an: Drei junge Syrer wollen zu Fuß von Österreich nach Deutschland. Doch wegen der neuen deutschen Grenzkontrollen endet ihre Reise jäh: "Kann ich Ihre Pässe sehen, bitte?", sagt ein Bundespolizist zu den Männern.

Die drei jungen Männer setzen sich nach dem erzwungenen Stopp entkräftet auf den Fußweg, der neben der Bundesstraße 20 Deutschland mit Österreich verbindet. "Wir sind seit 22 Tagen zu Fuß durch Europa unterwegs", sagt der 27-jährige Hatem Ali Ahadsch erschöpft und außer Atem. Er hat Asthma, schnell nimmt er einen Stoß seines Asthmasprays.

"In Deutschland werden wir wie Menschen behandelt"
Nach ihrer Ankunft in Griechenland seien sie zuerst noch mit dem Bus weitergefahren und dann zu Fuß durch Serbien, Mazedonien und Ungarn marschiert, bis sie schließlich in Österreich mit dem Zug nach Salzburg kamen. Und von dort sollte es nach Deutschland gehen, bevorzugt nach Stuttgart. "Wir denken, dass Deutschland das einzige Land in Europa ist, das uns wie Menschen behandeln wird", sagt der Flüchtling.

Wie es für ihn, seinen 16 Jahre alten Bruder Maged und den 28 Jahre alten Cousin Achmed Mustafa aus der von der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat besonders gebeutelten Stadt Rakka im Osten Syriens weitergehen wird, scheint auch die Polizei zunächst nicht zu wissen. "Hallo, wir haben hier drei Syrer, was sollen wir mit denen machen?", funkt ein Beamter zum wiederholten Male durch, nachdem die Männer inzwischen schon fast eine Stunde an ihrem Platz sitzen.

So schnell die Entscheidung zu verschärften Grenzkontrollen fiel, so unklar scheinen noch die Absprachen zu sein. Eilig finden Lagebesprechungen neben der Bundesstraße statt. Zuerst wird die Straße mit Hütchen von zwei- auf einspurig verkleinert, nach einer halben Stunde wird diese Maßnahme aber bereits wieder zurückgenommen.

Während der Nacht 30 Schlepper verhaftet
Es ist jedoch ein beeindruckendes Polizeiaufgebot, das nicht einmal drei Stunden nach der Bekanntgabe der Kontrollen an den Grenzübergängen auffährt. Allein im kleinen Freilassing rückt im Eiltempo ein gutes Dutzend Mannschaftswagen an. Auch an den anderen Grenzübergängen zu Österreich wartet die Bundespolizei ab dem späten Sonntagabend schnell mit Einsatzkräften auf. Entlang der gesamten Grenze nimmt die deutsche Polizei in der Nacht auf Montag laut "Bayrischem Rundfunk" insgesamt 30 Schlepper fest.

Bei den drei jungen Syrern löst die geballte Staatsmacht aber keine Angst aus. "Das sind die besten Polizisten, die mir in Europa bisher begegnet sind", sagt Ali Ahadsch, nachdem er zum dritten Mal seinen syrischen Reisepass vorgezeigt hat. Angst, was nun mit ihm passieren wird, hat er keine. "Der erste Polizist hat zu mir gesagt: 'Willkommen in Deutschland.' Und dann hat er gelächelt." Nach einigem Hin und Her und eineinhalbstündigem Warten ist schließlich auch klar, was mit den Männern passiert: Polizisten bringen sie in eine nahe gelegene Erstaufnahmeeinrichtung - dort sollen sie sich erst einmal erholen.

Zahlreiche Staus auf den Strecken nach Deutschland
Kurz nach der Wiederaufnahme der deutschen Kontrollen an der Grenze zu Österreich haben sich in der Region eine Reihe von Staus gebildet. Auf der Autobahn A3 von Linz nach Passau in Bayern kam es wegen der Grenzkontrollen in der Nacht auf Montag zu einem bis zu acht Kilometer langen Stau. Auch auf der A8 von Salzburg nach München kam es beim Grenzübergang Bad Reichenhall zu einem Stau. Staus bildeten sich zudem auf Bundesstraßen im Grenzgebiet.

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