Brisante Fernsehdoku

Baghdadis Vorleben: Vom Theologen zum Terrorchef

Ausland
19.02.2015 13:52
Wer ist Abu Bakr al-Baghdadi, der öffentlichkeitsscheue "Kalif" der Terrormiliz Islamischer Staat? Ein deutsches Rechercheteam ist dieser Frage monatelang nachgegangen. Die brisanten Erkenntnisse: Baghdadi habe schon früh die Macht geliebt, sei ein mittelmäßiger Schüler und Theologiestudent gewesen und aus medizinischen Gründen vom Wehrdienst befreit worden. In den Wirren des Irakkriegs habe er sich radikalisiert.

Im Gegensatz zum 2011 getöteten Al-Kaida-Chef Osama bin Laden meidet der IS-Chef die Öffentlichkeit wie der Teufel das Weihwasser. Lediglich ein einziger Auftritt vom Sommer des Vorjahres ist bekannt, davon stammen auch die einzigen beiden offiziellen Bilder des 44-Jährigen. "Das Phantom des IS" nennen die Journalisten von "Süddeutscher Zeitung" und ARD auch ihre fünfzehnminütige Dokumentation, die am Mittwochabend ausgestrahlt wurde.

Die Reporter beginnen ihre Spurensuche in Baghdadis irakischer Geburtsstadt Samarra. Ein früherer Nachbar des Terrorchefs sagt über Baghdadi: "Er wollte immer Anführer sein, er liebte die Macht." Nebenbei habe er gerne Fußball gespielt.

Gut in Mathe, mäßig in Englisch
Die schulischen Leistungen Baghdadis seien wenig aufregend gewesen: Gut in Mathematik, schlecht in Englisch, Matura im zweiten Anlauf geschafft - mit Bonus-Punkten, da sein Bruder als Märtyrer in der Armee des damaligen irakischen Machthabers Saddam Hussein gestorben sei, so bilanzieren die deutschen Journalisten die Schullaufbahn eines der mittlerweile meistgesuchten Männer der Welt.

Nachdem Baghdadi aus medizinischen Gründen vom Wehrdienst befreit worden sei, habe er sich in der Hauptstadt Bagdad niedergelassen. Ein Studium der Islamwissenschaften sei wenig glorreich verlaufen: Baghdadis damaliger Rektor kann sich gegenüber den Journalisten zwar noch an ihn erinnern, spricht ihm angesichts seiner mittelmäßigen Noten jedoch jegliche Führungsqualität ab.

In US-Gefangenschaft radikalisiert
Seine Doktorarbeit sei wegen des US-Einmarsches im Irak 2003 ins Stocken geraten - ein dramatischer Wendepunkt in Baghdadis Leben: Baghdadi sei in US-Gefangenschaft geraten, dort habe er sich radikalisiert, auch wenn er nach zehn Monaten wieder freigelassen worden sei und letztlich auch die Promotion zum Doktor der Theologie geschafft habe. Die Gründung des Al-Kaida-Ablegers im Irak unter Abu Mussab al-Zarqawi habe Baghdadi nachhaltig geprägt.

Sein enger Bezug zur Religion habe ihm im IS den Weg ganz nach oben geebnet, berichten die Reporter weiter. Baghdadi sei es gelungen, "noch für schlimmste Gräueltaten eine religiöse Rechtfertigung zu finden". Er sei als "schweigender, zurückhaltender Vermittler" aufgetreten und dabei "sehr effektiv" gewesen. Beim Aufbau der Terrormiliz habe er sich alte Seilschaften aus der US-Haft zunutze gemacht.

Kein Hinweis auf Abstammung von Mohammed
Trotz der zahlreichen neuen Dokumente, die das Rechercheteam im Irak ausgraben konnte - einen Beweis konnten die deutschen Reporter nicht erbringen: jenen für die behauptete Abstammung des selbst ernannten Kalifen vom Propheten Mohammed.

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