Buch „Bread Of Angels“

Patti Smith: Aufrichtige Memoiren der Punk-Mutter

Musik
09.12.2025 06:00

US-Musikerin und Autorin Patti Smith steht für eine radikale Aufrichtigkeit. Ihre neuen Memoiren „Bread Of Angels“ (Kiepenhauer & Witsch) zeichnet die „Godmother Of Punk“ als Künstlerin, die Alltägliches mit Hingabe betrachtet. Eine Schildkröte, der Smith im Wald begegnet, nimmt sie genauso ernst wie die erste Begegnung mit ihrem späteren guten Freund Bob Dylan. Ironie oder Zynismus, wie sie heute in den sozialen Netzwerken vorherrschen, sind ihr fremd.

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Smith erzählt poetisch von einer Kindheit, die von Armut geprägt war. In ihren ersten vier Lebensjahren zog ihre Familie elfmal um. Ihre Mutter arbeitete als Kellnerin, ihr Vater übernahm Nachtschichten in einer Fabrik. Sich selbst porträtiert sie als traumwandlerisches Kind, das in der Schule Außenseiter ist und im Wald „Peter Pan“ liest.

Wie Kunst zum Leben erweckte
Ein bisschen geht es im Buch wieder um ihre Zeit in New York, die Smith bereits in ihren hochgelobten Memoiren „Just Kids“ beschrieben hat. Außerdem erzählt sie vom Familienleben mit dem einstigen MC5-Gitarristen Fred Smith (1948-1994), für den Smith nach Detroit zog und mit dem sie in den 80er-Jahren zwei Kinder bekam. Ihr Rockstarleben tauschte sie gegen Häuslichkeit.

Später verlor sie nicht nur ihren Ehemann, sondern auch enge Weggefährten vergleichsweise früh. Dennoch schaffte sie es, sich das alltägliche Staunen zu bewahren. Die Kunst hat Patti Smith immer wieder zum Leben erweckt.

Popmusik als Religion
Während viele ihrer Zeitgenossen den Rock als Pose verstehen, überhöht Smith ihn zur Religion. Das wird in „Bread Of Angels – Die Geschichte meines Lebens“ immer wieder deutlich. Kunst ist für die Musikerin etwas Heiliges. Das passt in eine Zeit, in der einige Popstars wie Götter verehrt werden – vielleicht als Reaktion auf eine kollektive Krisenstimmung, gegen die der Pop Ablenkung und Halt bietet.

Smith ist für ihre Bühnenpräsenz bekannt, die etwas von einer Predigerin hat. Im Buch erzählt sie von verschiedenen künstlerischen Erweckungserlebnissen. Vom ersten Blick auf die Gemälde Picassos, die Entdeckung einer Geschichte von Oscar Wilde, der Gedichte von William Butler Yeats. Ihr geliebter Dichter Arthur Rimbaud, über den Smith immer wieder schreibt, wird ihr von den „Engeln serviert“.

Über Glauben und Liebe zur Literatur
Im Buch erzählt Smith auch, dass sie in einer gläubigen Familie aufwuchs, ihre Mutter und Schwester schlossen sich den Zeugen Jehovas an. Sie selbst sang einst die berühmte Zeile „Jesus died for somebody‘s sins but not mine“ und entdeckt ihre Offenbarungen anderswo.

Ihre Liebe für die Musik, die Literatur, die Natur und ihre künstlerischen Gefährten wird im Buch deutlich. Oft bleibt das Geschriebene aber abstrakt, wirklich Persönliches erfährt man kaum. Ein zweites „Just Kids“ ist „Bread Of Angels“ nicht geworden. Dennoch sind die Memoiren inspirierend – man schaut danach mit einem anderen, offenen Blick auf sein Umfeld.

Porträt von Wien Krone
Wien Krone
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