Neue digitale Helfer

Warum nun doppelt so viele Scheinfirmen auffliegen

Wirtschaft
08.10.2025 21:30

Nicht angemeldete Mitarbeiter, getürkte Rechnungen von „Phantom-Betrieben“ und andere Gaunereien grassieren offenbar. Dahinter stehen oft kriminelle Paten im Ausland. Die Finanzpolizei dürfte aber heuer doppelt so viele dieser Scheinfirmen auffliegen lassen, auch dank Software-Hilfe.

„Im Vorjahr haben wir 195 Scheinfirmen entdeckt, das war heuer schon im Juni erreicht. Wir gehen also in Richtung 400 bis Jahresende“, bekräftigt Wilfried Lehner, Chef der Finanzpolizei, die zunehmend erfolgreiche Jagd nach Betrügern. Der Standardfall war lange Zeit, dass Firmen Mitarbeiter zwar angemeldet hatten, aber dann keine Sozialversicherung und Lohnsteuer bezahlt wurden. Die Beschäftigten waren also versichert und konnten auch Arbeitslosengeld kassieren.

„Wir sind schneller geworden“
Wenn die Finanz die Gelder dann einforderte, wurden die Firmen eben in Konkurs geschickt, der Staat schaute durch die Finger. Das gelingt nun nicht mehr so leicht, denn „wir sind schneller geworden, etwa durch den elektronischen Abgleich der Daten der Krankenkassen.“

Die Gaunereien dürften dennoch zunehmen, denn sie haben sich deutlich verändert. Lehner: „Es melden Betriebe ihre Dienstnehmer zwar teilweise an, bezahlen sie aber großteils schwarz und sparen so Lohnsteuer und Sozialabgaben. Das Problem ist: Weil sie dadurch weniger Kosten haben, machen sie auf dem Papier zu viel Gewinn, den sie versteuern müssten. Also brauchen sie andere Firmen, die ihnen Scheinrechnungen ausstellen. Dafür kassieren diese 10 bis 15 Prozent der Rechnungssumme, der Rest fließt als Schwarzgeld an den Auftraggeber zurück.“

In welchen Branchen gerne getrickst wird
In Branchen wie Bau, Baugewerbe, Reinigung, Security oder Arbeitskräfteüberlassung deckt die Finanzpolizei gehäuft solche Fälle auf, doch mittlerweile gehen auch Installateure, Anwälte und andere ins Netz. „Diese Praktiken sind in der normalen Wirtschaft angekommen“, stellt der Finanzpolizei-Chef nüchtern fest. Teilweise sind es auch nur einzelne Mitarbeiter, die „als Firma in der Firma über Scheinrechnungen Geld herausziehen und in die eigene Tasche wirtschaften.“

Wilfried Lehner, Leiter der Finanzpolizei: „Solche Betrügereien fallen eigentlich zu 100 Prozent ...
Wilfried Lehner, Leiter der Finanzpolizei: „Solche Betrügereien fallen eigentlich zu 100 Prozent auf“(Bild: BMF)

Die Hinterleute, die Scheinfirmen zur Verfügung stellen, über die solche Betrügereien laufen, sind häufig kriminelle „Paten“ im Ausland. „Beliebt für diese organisierte Wirtschaftskriminalität sind etwa Montenegro, Serbien und Mazedonien. Über so eine Firma werden dann oft 1,5 Millionen Euro im Monat abgewickelt“, weiß Lehner. 

Doch die Finanz kommt dieser Betrugsmasche zunehmend mit Computerhilfe auf die Spur, etwa dank der Software des Spezialisten BMD. „Wir sind stark bei Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern im Einsatz. Diese prüfen mit unserer Software permanent die Abrechnungen ihrer Mandanten und können Scheinfirmen herausfiltern. Manche wissen gar nicht, dass sie mit einer solchen zusammenarbeiten, das führt dann häufig zu Selbstanzeigen. Derzeit haben wir schon 1155 Unternehmen auf unserer Scheinfirmenliste“, bestätigt BMD-Geschäftsführer Markus Knasmüller.

Markus Knasmüller, BMD Software: „Haben 1155 Scheinfirmen auf unserer Liste.“
Markus Knasmüller, BMD Software: „Haben 1155 Scheinfirmen auf unserer Liste.“(Bild: GABOR BOTA)

Auch die Finanz selbst verwendet ausgefeilte automatische Prüfmechanismen, „solche Betrügereien fallen eigentlich zu 100 Prozent auf“, ergänzt Wilfried Lehner. Die Konsequenzen wurden zuletzt auch verschärft: Seit September 2024 führt bereits die Verwendung einer Scheinrechnung zu einer Finanzstrafe. Ist die getürkte Abrechnung bereits in der Buchhaltung, ist das ein Straftatbestand. „Früher war das ein Delikt erst dann, wenn es zu einer falschen Steuererklärung geführt hat.“ 

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