Treffen mit Macron

Stocker: „Außenpolitik ist heute Innenpolitik“

Innenpolitik
18.07.2025 13:49

Zum Abschluss einer intensiven außenpolitischen Woche ist Bundeskanzler Christian Stocker am Freitag mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Paris zusammengetroffen. Der Besuch in Paris folgte unmittelbar auf Gespräche mit Italiens Präsident Sergio Mattarella und Premierministerin Giorgia Meloni in Rom sowie einem Treffen mit CDU-Chef Friedrich Merz in Berlin.

Stocker betonte: „Ich habe in den letzten Tagen mit drei der wichtigsten Regierungschefs Europas gesprochen – weil Außenpolitik heute unmittelbar auf unsere Innenpolitik durchschlägt.“

Keine Freude mit EU-Budget
Im Zentrum der Gespräche mit Macron stand die angespannte europäische Lage: Budgetfragen, neue US-Zölle, Verteidigung, Migration, Bürokratieabbau und die künftige Rolle Europas im internationalen Wettbewerb. Besonders die Vorschläge der EU-Kommission zur Ausweitung des mehrjährigen Finanzrahmens sieht der Kanzler kritisch. „Wenn neun EU-Staaten mit einem Defizitverfahren konfrontiert sind, kann Brüssel nicht gleichzeitig ein Budget von 2000 Milliarden Euro vorschlagen. Wer sparen muss, muss es überall tun – auch auf EU-Ebene“, so Stocker. Statt „immer mehr Geld“ forderte er „mehr Effizienz und weniger Bürokratie“.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron begrüßte Kanzler Stocker am Freitag im Elysee-Palast.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron begrüßte Kanzler Stocker am Freitag im Elysee-Palast.(Bild: Ida Metzger)

Ein weiteres zentrales Thema waren die möglichen neuen US-Zölle und deren Folgen für die europäische Wirtschaft. „Das trifft auch Österreichs Wettbewerbsfähigkeit direkt. Wir müssen auf EU-Ebene selbstbewusster und geeinter auftreten“, so der ÖVP-Kanzler. Er sprach sich klar für den Schutz der europäischen Industrie aus – etwa durch eine stärkere Einbindung europäischer Produzenten bei Verteidigungsbeschaffungen. Österreich habe zuletzt etwa Leonardo-Hubschrauber aus Italien geordert – ein Signal für europäische Kooperation trotz österreichischer Neutralität.

„Wir waren Vorreiter bei Asylpolitik“
Auch die Migrationspolitik spielte in allen Gesprächen eine Schlüsselrolle. Stocker betonte, dass viele Vorschläge Österreichs – etwa Rückführungszentren oder konsequentere Asylverfahren – inzwischen europäische Linie seien. „Wir waren Vorreiter. Jetzt werden unsere Impulse umgesetzt – aber es braucht noch mehr Einigkeit und Tempo.“

Gegenüber Macron sprach Stocker sich erneut für eine stärkere Einbindung der Westbalkanstaaten in EU-Strukturen aus – etwa durch die sogenannte „graduelle Integration“. Die EU müsse diesen Staaten nicht nur Versprechen machen, sondern konkrete Beteiligung ermöglichen.

Macron und Stocker treffen sich zum Arbeitsmittagsessen.
Macron und Stocker treffen sich zum Arbeitsmittagsessen.(Bild: AFP/Ludovic MARIN)

Ansage zu Mercosur
Überraschend äußerte sich der Kanzler zu den laufenden Verhandlungen über das Freihandelsabkommen Mercosur, insbesondere mit Blick auf die Landwirtschaft: „Wir brauchen faire Bedingungen für beide Partner, da braucht es noch Verhandlungen. Aber Fakt ist, dass wir uns auch neue Handelspartner suchen müssen.“ Nicht zufrieden ist Stocker mit den EU-Plänen im Zuge des neuen Finanzrahmens. Hier steht auf der Seite der Landwirtschaft: „Unsere kleinteilige Landwirtschaft ist für Österreichs Versorgungssicherheit, Landschaft und Tourismus essenziell – die darf nicht unter die Räder kommen.“ Frankreich teile hier viele Vorbehalte. Ziel sei eine Lösung, die Handel ermöglicht, aber faire Standards sichert.

Will Zurückhaltung bei Lohnverhandlungen
Auch das Thema Inflation ließ der Kanzler nicht aus. Österreich habe mit Sozialtarifen für Strom und einem neuen Krisenmechanismus für Betriebe Maßnahmen gesetzt, die nun Wirkung zeigen müssten. Dennoch sei klar: „Wir dürfen unsere Wettbewerbsfähigkeit nicht aus den Augen verlieren.“ Besonders die Lohnverhandlungen würden eine Rolle spielen. Der Kanzler betonte, dass er „Signale erhält, dass die rollierende Inflation nicht mehr das Maß aller Dinge ist“. Das gibt Hoffnung, dass nach den sehr hohen Abschlüssen der letzten Jahre, es mehr Zurückhaltung gibt, damit sich die Teuerung nicht dauerhaft festsetze.

„Verhindern, dass alles blockiert wird“
Stockers Vision für Europa: ein starker Binnenmarkt, weniger Hürden, schnellere Verfahren – und ein geeinter Auftritt nach außen. „Wenn wir verhindern, dass alles blockiert wird, können wir viel erreichen – auch als kleines Land.“

Auf die Frage nach einer möglichen Reise nach Moskau sagte der Kanzler: Derzeit sei nichts geplant – „aber wenn die russische Seite erkennt, dass Verhandlungen bessere Ergebnisse bringen als Krieg, dann stehen wir als neutrales Land bereit. Wien kann wieder Verhandlungsort sein – wie in der Vergangenheit.“

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