Interessanter Prozess

Warum „Krankfeiern“ nach Kündigung straflos blieb

Oberösterreich
24.04.2025 09:00

Fünf Rumänen mussten sich wegen Betrugs in Linz vor Gericht verantworten. Denn nach ihrer Kündigung in einem fleischverarbeitenden Mühlviertler Großbetrieb waren sie alle „zufällig“ gleichzeitig arbeitsunfähig geworden. Wer jetzt glaubt, dieser kollektive Krankenstand sei klar kriminell gewesen, täuscht sich: Alle fünf wurden freigesprochen.

Tachinieren, Krankfeiern – oder schwerer Betrug, wie es das Gericht nennt: Aus diesem Grund mussten sich am Mittwoch fünf rumänische Arbeiter (30, 31, 32, 33, 41) vor dem Landesgericht Linz verantworten. Die Beschuldigten waren in einem Lebensmittelbetrieb im oberösterreichischen Mühlviertel beschäftigt, führten dort nachts Reinigungsarbeiten durch. Vor Schichtbeginn Ende August 2023 wurde ihnen aber mitgeteilt, dass sie gekündigt oder von einer Fremdfirma übernommen werden sollten. Einen Tag später wären nähere Details besprochen worden, wozu es aber nicht kam. Denn alle fünf Angeklagten schickten Krankenstandsbestätigungen.

Ein Arzt schrieb das Quintett krank
Was auffiel: Die Schriftstücke trudelten innerhalb von nur 20 Minuten im Unternehmen ein und wurden vom selben Linzer Hausarzt ausgestellt. Sogar die Symptome waren ähnlich: Durchfall und Kreuzschmerzen. Untersucht wurden die Rumänen in der Arztpraxis nie, die Krankenstände fußten ausschließlich auf der Beschreibung der Symptome. Nach Ablauf der Arbeitsunfähigkeit ließen sich die Rumänen erneut krankschreiben, wieder beim selben Arzt.

„Das war eine abgekartete Aktion“
Für den Staatsanwalt war klar: „Da ist es zum Greifen nah, dass das eine abgekartete Aktion war.“ Vor Gericht erschienen nur drei der fünf Angeklagten, bekannten sich nicht schuldig. Die Symptome wären schon am Arbeitsweg aufgetreten, den sie gemeinsam mit einem Kleinbus absolvierten. „Ob die Angeklagten wirklich krank waren, ist nicht widerlegbar“, meinte die Richterin. Davor hatte sie die Rumänen rechtskräftig freigesprochen.

Wie schaut die Rechtslage bei Krankenständen aus
Aber wie genau sind Krankenstände geregelt? „Eigentlich heißt es ja Arbeitsunfähigkeitsmeldung. Und diese muss der Arzt feststellen“, sagt Alexander Zocher von der Arbeiterkammer. Wann und in welcher Form die Arbeitsunfähigkeit beim Arbeitgeber gemeldet wird, ist meist in den Arbeitsverträgen geregelt, so Zocher. Was der Kranke zu tun hat, entscheidet der behandelnde Arzt. Man muss nicht zwingend den ganzen Tag daheim verbringen. Kontrollen der Gesundheitskasse gibt es dennoch.

1167 Kontrollen durch den Krankenbesuchsdienst
„In Oberösterreich gab es 2023 immerhin 1167 Kontrollen durch den Krankenbesuchsdienst. 308 Personen erhielten eine Vorladung zur medizinischen Begutachtung. 2024 waren es 876 Kontrollen und 160 Vorladungen“, heißt es dazu von der ÖGK. Übrigens: Bei Verdachtsmomenten kann der Dienstgeber diese Kontrollen anregen.

„Krone“-Kommentar
Ein schmaler Grat

Ich erinnere mich noch an einen ehemaligen Arbeitskollegen, der vor und nach jedem Urlaub immer wieder krank war. Man wollte ihm natürlich nichts Böses unterstellen, es war allerdings schon sehr auffallend. Die Geschichte zeigt aber auch eines ganz gut: Es ist ein schmaler Grat!

(Bild: Krone KREATIV, Alexander Schwarzl, Markus Wenzel)

Wer in den Krankenstand geht, gerät schnell in Verdacht, ein Tachinierer zu sein. Wer sich nicht krankschreiben lässt, obwohl er eigentlich ins Bett gehört, der gefährdet sich und womöglich auch seine Kollegen. Am Ende des Tages muss es allerdings immer jeder für sich entscheiden, wie schwer die Erkrankung nun wirklich ist.

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