Chaos in Zypern

Zwangsabgabe von 40%? Bankenchef wirft das Handtuch

Wirtschaft
26.03.2013 21:07
Zypern kommt auch am Tag nach der Einigung auf das EU-Rettungspaket nicht zur Ruhe. Das Chaos erreichte Dienstagmittag einen neuen Höhepunkt, als Andreas Artemis, der Chef der Bank of Cyprus, seinen Rücktritt verkündete. Die Bank wies die Meldung am Abend jedoch zurück, der Rückzug sei noch nicht gültig. Zuvor hatte der zypriotische Finanzminister Michalis Sarris gesagt, die Abgabe auf Einlagen über 100.000 Euro könnte bis zu 40 Prozent betragen. Bisher war von 30 Prozent die Rede gewesen.

Laut dem Hilfspaket wird Zyperns zweitgrößte Bank, die Popular Bank, geschlossen. Kunden mit über 100.000 Euro Guthaben müssen mit einem Totalverlust rechnen. Auch bei der größten Bank des Landes, der Bank of Cyprus, wird es bei Guthaben von über 100.000 Euro herbe Verluste geben. Die genaue Höhe der umstrittenen Zwangsabgabe stehe noch nicht fest, es könnten aber rund 40 Prozent werden, erklärte Sarris gegenüber der BBC.

Bank-of-Cyprus-Chef Artemis zeigte sich laut zypriotischem Rundfunk damit nicht einverstanden und warf aus Protest das Handtuch. Wie die zypriotische Nachrichtenagentur CNA am Dienstagabend berichtete, ist der Rücktritt jedoch noch keine ausgemachte Sache: Der Aufsichtsrat der Bank habe die Rücktrittserklärung "nicht akzeptiert". Gemäß Satzung werde der Rücktritt erst gültig, wenn er nicht innerhalb einer Woche zurückgezogen wird.

Land traut sich noch nicht, die Banken zu öffnen
Dem nicht genug, traut sich Zypern zudem noch keine Wiedereröffnung seiner Banken vor Donnerstag zu. Eigentlich hatte die Regierung in Nikosia die Öffnung für Dienstag vorgesehen. Doch die Notenbank des Inselstaates ließ eine Öffnung der Geldhäuser, die schon mehr als eine Woche geschlossen sind, nicht zu. Zu groß waren offenbar die Befürchtungen, dass die Kunden die Filialen stürmen und ihre Ersparnisse abziehen.

Sarris zeigte sich optimistisch, dass die Banken ihre Pforten am Donnerstag wieder öffnen. Er sprach allerdings davon, dass die Beschränkungen beibehalten werden könnten: "Ich denke, wir reden hier über Wochen." Die Zentralbank unterstrich die Notwendigkeit, "reibungslose Abläufe im ganzen Bankensystem" sicherzustellen.

Bankomat-Limits und EZB-Millionen
Nach wie vor ist allerdings unklar, wie die geplanten Einschränkungen aussehen werden, die verhindern sollen, dass alle Sparer bei einer Wiedereröffnung der Banken ihr gesamtes Geld abziehen. Es wird erwartet, dass Bankkunden künftig nur bestimmte Höchstbeträge pro Tag und Monat abheben dürfen. Das Limit für Bankomaten war am Sonntag je nach Bank auf 100 bis 120 Euro gesetzt worden.

Um die Banken bei der Wiedereröffnung mit frischem Geld zu versorgen, soll die Europäische Zentralbank bereits Bargeld in dreistelliger Millionenhöhe an Zyperns Notenbank verschickt haben. Diese verteilt sie nach dpa-Informationen bereits an alle Institute des Landes.

Zyperns Polizei entwarf angesichts der bevorstehenden Bankenöffnung bereits Pläne für den Schutz der Geldinstitute. Wie bei den Sicherheitskräften der Mittelmeerinsel zu erfahren war, sollen alle Bankfilialen am Tag der Öffnung Polizeischutz bekommen - um "potenzielle Gewalttäter" abzuschrecken.

Gelder rechtzeitig ins Ausland geschafft?
In den Wochen und Tagen vor der Schließung soll es ungewöhnlich hohe Geldüberweisungen ins Ausland und Bargeld-Abhebungen gegeben haben. Diesen Informationen will Parlamentspräsident Giannakis Omirou nachgehen, wie er am Dienstag erklärte. Er forderte dazu die Liste mit den Überweisungen der vergangenen Wochen an. Zudem gehe die Regierung in Nikosia Informationen nach, wonach auch nach der Schließung der Banken und der Sperrung des Online-Bankings hohe Summen ins Ausland transferiert worden seien.

Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem erklärte dazu am Dienstag, dass es derzeit keine Hinweise auf vermehrte Abzüge von Sparguthaben in der Euro-Zone gebe. Auch gebe es keine Anzeichen für einen Anstieg von Geldtransfers aus den Peripherie-Ländern in Kernländer der Euro-Zone, so Dijsselbloem.

Schüler und Studenten in Nikosia: "Troika raus"
Mit Sprechchören wie "Ihr habt unsere Zukunft zerstört" protestierten indessen am Dienstag Hunderte Schüler und Studenten in Nikosia gegen die Sparmaßnahmen und die seit dem 16. März andauernde Schließung der Banken. "Troika raus aus Zypern", skandierten die Schüler. "Wir können es auch alleine schaffen", sagte eine Schülerin der Nachrichtenagentur dpa. Zu den Demonstrationen hatten linke Jugendorganisationen aufgerufen.

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