"Querschüsse"

Darabos fehlt Geld für seine Prestige-Projekte

Österreich
01.01.2012 13:39
Mit den von Verteidigungsminister Norbert Darabos geplanten Pilotprojekten zur Erprobung eines Berufsheeres gibt es anscheinend gravierende Schwierigkeiten. Wie kürzlich aus dem Ministerium zu erfahren war, sollen sie nicht wie geplant am Jahresbeginn 2012, sondern erst zu Jahresmitte starten. Grund dafür dürften finanzielle und rechtliche Probleme sein. Darabos spricht indes von "Querschüssen" und einer "Desinformationspolitik" von Berufsheer-Gegnern und meint: "Die Pilotprojekte ziehe ich auf jeden Fall durch." Mehrkosten seien "verantwortbar".

Bereits im Oktober wurden Bedenken über die Finanzierbarkeit der Projekte in einem Papier der Sektion I festgehalten. In einem weiteren internen Papier werden nun erstmals konkrete Zahlen genannt, wie die APA berichtet.

Nur 75 Milizsoldaten finanzierbar
Demnach braucht Darabos alleine für die Aufstellung einer Milizkompanie mit 115 Soldaten mindestens 730.000 Euro pro Jahr. Alleine die von Darabos vorgesehene Jahresprämie von 5.000 Euro pro Soldat würde 575.000 Euro kosten. Im Budget für 2012 hat das Ministerium für diesen Posten allerdings nur 379.000 Euro zu Verfügung. Dieses Geld reicht nur für ca. 75 Milizsoldaten, heißt es in dem Papier.

Dabei ist diese Milizkompanie nur eine von mehreren Komponenten der Pilotprojekte. Daneben soll auch noch ein Musterverband, der ausschließlich aus Berufs- und Zeitsoldaten besteht, aufgestellt werden. Auch dafür müsste Geld in die Hand genommen werden, denn die Grundwehrdiener, die derzeit Systemerhalter-Aufgaben erfüllen, müssten durch Berufssoldaten ersetzt werden. Und diese kosten deutlich mehr.

Umschichtungen möglich, aber schwierig
Um sein Prämien-Modell zu erproben, könnte der Minister freilich umschichten. Das würde allerdings bedeuten, dass das Geld woanders weggenommen werden müsste. Dabei ist das Bundesheer im Zuge der anstehenden Budgetkonsolidierung jetzt schon mit Einsparungen von 600 Millionen Euro bis 2015 konfrontiert, und das könnte mit dem neuen Sparpaket noch mehr werden, wie Generalstabschef Edmund Entacher diese Woche sagte.

In dem Papier heißt es wörtlich, dass das Projekt unter den gegebenen finanziellen Bedingungen "ohne gravierende nachteilige Auswirkungen für die übrigen Milizverbände (...) nicht durchführbar ist, da ohne zusätzliche Mittel für Anerkennungsprämien nicht einmal eine PiKp (Pionierkompanie, Anm.) (...) darstellbar wäre!".

Rechtliche Probleme bei Truppenübungen
Das fehlende Geld ist allerdings nicht das einzige Problem, das sich bei der Miliz auftut. Nach dem Darabos-Modell müssten die Milizsoldaten viel öfter üben, als es derzeit für niedrigere Ränge (sogenannte Mannschaftsfunktionen) gesetzlich möglich ist. Gegenwärtig sind im Wehrgesetz höchstens 30 Übungstage ohne Zustimmung des Arbeitgebers innerhalb von zwei Jahren zulässig. Das Pilotprojekt sieht allerdings 20 Tage pro Jahr vor. Diese Mannschaftsfunktionen stellen zwei Drittel der Kompanie.

Ein noch größeres rechtliches Problem ergibt sich jedoch bei der Einberufung dieser Soldaten, wie aus dem Papier weiters hervorgeht. Um das Projekt wie vorgesehen zu erproben, müssten die Soldaten zu einem Einsatz einberufen werden. Eine solche Einberufung zum Einsatzpräsenzdienst - besser bekannt als "Mobilmachung" - erfordert allerdings mehrere legistische Schritte.

Eine Mobilmachung sieht einen Vortrag des Ministers an den Nationalen Sicherheitsrat, eine Empfehlung des Sicherheitsrats an die Bundesregierung sowie einen Ministerratsvortrag mit Ministerratsbeschluss vor. Da die ÖVP gegen ein Berufsheer und folglich auch gegen Darabos' Berufsheerversuche ist, ist es kaum vorstellbar, dass der Ministerrat einer solchen "Mobilmachung" zustimmt.

Darabos will Projekt durchziehen
Verteidigungsminister Darabos will allerdings trotz der sich auftuenden Probleme weiter an seinem Pilotprojekt festhalten. Mehrkosten seien bei einem Gesamtbudget seines Ministeriums von 2,1 Milliarden Euro verantwortbar, erklärte der Politiker. Die Gegner des Berufsheeres hätten offenbar Angst vor einem Erfolg der Projekte und würden versuchen, das Vorhaben bereits im Vorfeld mittels "Desinformationspolitik" zu diskreditieren.

Er werde sich durch "von Reformverweigerern gesetzte Querschüsse" nicht beirren lassen, betonte der Minister. Darabos verwies darauf, dass der Generalstab bis Mitte Jänner Zeit habe, seinen Auftrag zur Vorbereitung der Pilotprojekte zu erfüllen. Danach werde die politische Bewertung erfolgen. Das am Sonntag veröffentlichte Papier sei "nicht politisch akkordiert und ist somit für die politische Diskussion nicht relevant".

Stabschef: Pilotprojekte laufen plangemäß
Auch nach Angaben des Stabschefs des Verteidigungsministeriums, Karl Schmidseder, laufen die Arbeiten an den Pilotprojekten "plangemäß". Dies gehe auch unmissverständlich aus einer schriftlichen Ministerinformation des Generalstabs vom Dezember hervor. Anfang des Jahres werde es eine "politische Entscheidung durch den Minister mit klaren Aussagen zu den Kosten, die mit dem Generalstab akkordiert sind, geben". Danach könne man mit den Projekten starten, so Schmidseder in einer Aussendung.

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