„Keine Amnestie“
Schlepper-Enthaftungen: Ungarn sieht Schuld bei EU
Mit der Freilassung von Hunderten verurteilten Schleppern will die ungarische Regierung offenbar den Druck auf die EU erhöhen. In Budapest wird jene Verordnung, die für enorme Verstimmungen zwischen Österreich und seinem Nachbarland gesorgt haben, weiterhin verteidigt. Zudem wird betont, dass Brüssel hier die Verantwortung trage.
Ungarn habe diese Entscheidung treffen müssen, weil die EU keinen Beitrag zu den Kosten des Grenzschutzes leiste, Ungarn jedoch zugleich mit Überlastung seiner Gefängnisse bestrafe, erklärte Staatssekretär Bence Rétvári am Dienstag. Von der neuen Verordnung sollen 808 Gefangene betroffen sein, die zumeist aus Nachbarländern kämen, betonte Rétvári. Die Kosten des Grenzschutzes würden mehr als 1,5 Milliarden Euro betragen, die Budapest seit 2015 für dieses Ziel ausgegeben habe und die die EU dem Land schulde. Bisher sei lediglich ein Prozent dieser Summe gedeckt worden.
Jahreskosten pro Häftling betragen rund 13.300 Euro
Die nach Europa strebenden illegalen Einwanderer „halten wir an unserer Südgrenze auf, wir stoppen die Schlepper und halten sie in Haft“, betonte Rétvári. Während die EU für Ungarn keine Finanzen zur Deckung der Inhaftierungskosten der Schlepper und für den Bau neuer Gefängnisse bereitstelle, erwarte sie zugleich, dass „wir die festgenommenen ausländischen Straftäter in ungarischen Gefängnissen, finanziert mit ungarischen Steuergeldern, gefangen halten“. Die Jahreskosten für einen Inhaftierten sollen fünf Millionen Forint (rund 13.300 Euro) ausmachen.
Staatssekretär: Verurteilte Schlepper führten zu überfüllten Gefängnissen
Als Hauptgrund für die Überfüllung von Ungarns Gefängnissen wurden die rund 2600 inhaftierten Schlepper genannt, die in den letzten Jahren verurteilt worden seien. Unter Berufung auf „unmenschliche Bedingungen wegen dieser Überfüllung“ seien früher Verfahren gegen Ungarn eingeleitet worden. Der Staatssekretär erinnerte zugleich an das „Gefängnis-Business“, bei dem „Anwälte für Insassen Entschädigungsprozesse in Milliarden-Forint-Höhe anstrebten und sich dabei auf die Überfüllung der Gefängnisse und schlechte Haftbedingungen berufen haben“.
Keine „Resozialisierung“ für ungarische Häftlinge
Rétvári erklärte aber, dass es sich keinesfalls um eine Amnestie handeln würde. Denn wenn die Entlassenen das Land nicht innerhalb von 72 Stunden verließen, würden sie erneut inhaftiert und müssten ihre restlichen Strafen absitzen. Die neue Verordnung sorgt unterdessen für Ärger unter zahlreichen ungarischen Mithäftlingen. Denn ungarische Staatsbürger kommen nicht in den Genuss dieser sogenannten Resozialisierung.
Die EU-Kommission erklärte in einer Reaktion auf APA-Anfrage, sie würde diese Angelegenheit untersuchen und stehe „in engem Kontakt“ mit den ungarischen Behörden. „Die EU verfügt über einen Rechtsrahmen, aber es wäre zu früh, jetzt schon auf Konsequenzen einzugehen“, sagte eine Sprecherin am Dienstag in Brüssel. „Wir müssen genau sehen, worum es hier geht.“
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