Trotz Regens hatten sich am Mittwoch bereits in den Morgenstunden Hunderte Besucher bei den offiziellen Feierlichkeiten am Heldenplatz eingefunden. Der Festakt begann mit Kranzniederlegungen in der Krypta durch Bundespräsident Fischer, dem wenig später die Bundesregierung folgte. Danach gab es einen Sonderministerrat mit Ansprachen von Bundespräsident, Kanzler, Verteidigungsminister und Bürgermeister.
Zu Mittag öffneten Hofburg, Parlament und diverse Regierungsgebäude ihre Pforten zu einem Tag der offenen Tür. Am Heldenplatz wurden laut dem Wiener Militärkommando seit der Landung der Hubschrauber am vergangenen Donnerstag bis Mittwochabend rund 650.000 Besucher erwartet und damit um 100.000 weniger als im Vorjahr. Auch der Andrang bei der Angelobung der rund 1.400 Rekruten am Heldenplatz war geringer als in früheren Jahren, was wohl auf das ungemütliche Wetter zurückzuführen ist.
Beim Thema Wehrpflicht scheiden sich die Geister
Die Ansprachen drehten sich wie schon im Jahr davor zum Teil um die Wehrpflicht. Die Erwähnung der Wehrpflicht durch Bundespräsident Fischer wurde im Publikum mit Applaus goutiert. Eine Weiterentwicklung sei natürlich notwendig, so Fischer. Wenn wir aber auf das Bundesheer stolz seien, dann sei es ein Bundesheer, in dem die "verfassungsmäßig verankerte Wehrpflicht eine zentrale Rolle spielt". Das zu unterstreichen erscheine ihm wichtig, sagte der Bundespräsident. Die angelobten Soldaten "stellen einen erfreulichen Schnitt der Bevölkerung dar".
Verteidigungsminister Darabos verwies hingegen einmal mehr auf die politischen Veränderungen in der Welt. Die Rekruten würden in eine Armee eintreten, "die im Umbruch begriffen ist". Im Umbruch deshalb, weil sich die Welt und damit auch die sicherheitspolitische Lage verändert hätte. Die jüngsten Einsätze - Evakuierung von Staatsbürgern aus den Krisenregionen in Ägypten und Libyen - hätten gezeigt, dass die Bedrohungen heute anders seien als etwa zu Zeiten des Kalten Krieges. Sie seien komplexer geworden und träten kurzfristig ein. Daher benötige man rasch einsetzbare und flexible Soldaten, die das militärische Handwerkszeug zu 100 Prozent beherrschten.
Das Bundesheer müsse auf neue Herausforderungen vorbereitet werden. "Wir müssen uns bewusst werden, dass wir grundlegende Reformen brauchen, um das Heer auch für die kommenden Jahre und Jahrzehnte fit zu machen", so Darabos. Der Verteidigungsminister kündigte gleichzeitig an, die von ihm geplanten Pilotprojekte zur Abschaffung der Wehrpflicht voranzutreiben - unter anderem durch das Aufstellen eines Musterverbandes ausschließlich mit Berufs- und Zeitsoldaten. Der Minister meinte, dass ihm die Präsenzdiener genauso wichtig seien wie jeder andere Soldat. Er sei stolz auf die rund 1,6 Millionen Rekruten, die seit der Einführung der Wehrpflicht im Oktober 1955 Dienst beim Militär geleistet haben.
Faymann beleuchtet gesellschaftspolitischen Zusammenhalt
Bundeskanzler Faymann äußerte sich zur Wehrpflicht-Debatte nicht, er lobte die Soldaten des Bundesheeres aber dafür, dass sie immer zur Stelle seien, wenn "Menschen, Tiere und Gebäude" in Gefahr seien. Im Zentrum seiner Ansprache stand der gesellschaftspolitische Zusammenhalt. Österreich sei Vorbild darin, bei Konflikten das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen. Es sei besser, Probleme in nächtelangen Verhandlungen zu lösen als auf der Straße. Die Kompromissbereitschaft, das Mehr an gesellschaftspolitischem Zusammenhalt, das wir hätten, sei eine Besonderheit Österreichs. Österreich sei ein Land, "in dem man nicht fragt, woher jemand kommt, sondern wohin jemand gemeinsam mit anderen gelangen will".
Opposition appelliert am Nationalfeiertag an Regierung
Auch die Oppositionsparteien ließen das Thema Wehrpflicht weitgehend außer Acht. Vielmehr nutzten sie den Nationalfeiertag, um ihren Anliegen Gehör zu verschaffen. "Österreich muss sich gegen Zentralismus-Bestrebungen in der EU zur Wehr setzen", verkündete etwa FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache. Die österreichische Souveränität sei ein hohes Gut, die es auch in der Union zu bewahren gelte. Da Österreich Stück für Stück seine Unabhängigkeit und Selbstbestimmung genommen werde, müsse die direkte Demokratie dringend gestärkt werden. Der permanente Verkauf österreichischer Interessen am EU-Verhandlungstisch sei den Menschen nicht mehr zumutbar, erklärte Strache.
In dieselbe Kerbe schlug BZÖ-Chef Josef Bucher. Es sei bezeichnend, dass genau am österreichischen Nationalfeiertag Österreichs Zukunft am EU-Gipfel von Bundeskanzler Faymann "verraten und verkauft" werde. Dieser Nationalfeiertag sei ein trauriger Tag für Österreich: "Unsere Kinder und Kindeskinder werden noch schwer an der finanziellen Last zu tragen haben, die ihnen heute aufgebürdet wird." Nebenbei fordert das BZÖ über Verteidigungssprecher Kurt List noch die Abschaffung der Wehrpflicht.
Auf eine grundlegende Reform des Bildungssystems legen die Grünen den Fokus bei ihrer Botschaft zum 26. Oktober. Wer bessere Bildung nicht zulasse, enthalte seiner Bevölkerung und damit der Demokratie das Wichtigste vor, beklagte Bundessprecherin Eva Glawischnig. Es brauche mehr Investitionen in Kindergärten, Schulen und Universitäten im Budget 2012. Zusätzlich verlangen die Grünen eine Demokratie-Offensive, etwa über die Aufwertung von Volksbegehren.
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