50-Prozent-Verzicht?
Griechenland-Krise: EU nimmt nun die Banken in die Pflicht
Am Freitagabend hatten die Euro-Finanzminister trotz aller Zweifel an der langfristigen Gesundung der griechischen Staatsfinanzen grünes Licht für die Auszahlung von weiteren acht Milliarden Euro aus dem ersten 110-Milliarden-Euro-Rettungspaket für Athen gegeben. Gleichzeitig nahmen die Minister einen Bericht der Experten-Troika aus EU, IWF und EZB zur Kenntnis, demzufolge Griechenland womöglich noch mindestens weitere zehn Jahre internationale Finanzhilfen braucht (siehe Story in der Infobox).
Haircut von mindestens 50 Prozent?
Um es nicht so weit kommen zu lassen, soll ein erst im Juli vereinbartes zweites Hilfspaket für Griechenland neu geschnürt werden. Bisher sieht es öffentliche Finanzhilfen von 109 Milliarden Euro und einen Haircut, also einen Schuldenverzicht der Privatgläubiger, von 21 Prozent vor. Nun soll es eine angemessene "Kombination von zusätzlicher öffentlicher Finanzierung und der Beteiligung des Privatsektors" geben, erklärten die Euro-Finanzminister.
Die privaten Banken sollen dabei nach Angaben von EU-Diplomaten mindestens 50, eventuell auch 60 Prozent ihrer Darlehen an Griechenland abschreiben. Die Euro-Länder müssten dann mit 114 Milliarden Euro fünf Milliarden Euro mehr bereitstellen als bisher geplant. Dann wäre bis 2020 eine Verringerung der Staatsschulden von über 160 Prozent auf 110 Prozent des Bruttoinlandsprodukts möglich. Scheitert dieses Szenario, müssten nach Einschätzung der Troika bis 2020 möglicherweise sogar 252 Milliarden Euro nach Athen überwiesen werden.
Banken müssen Eigenkapital erhöhen
Die Finanzminister bereiten seit Freitag in Brüssel den Euro-Gipfel am Sonntag sowie dessen Fortsetzung am Mittwoch vor. Dabei geht es nicht nur um Griechenland, sondern auch um Europas Banken. Diese sollen krisenfest gemacht werden, indem sie verpflichtet werden sollen, mehr Eigenkapital aufzunehmen - letzten Meldungen von Sonntag zufolge rund 100 Milliarden Euro.
Die Geldhäuser sind zunächst aufgerufen, Kapital von privaten Investoren zu beschaffen. Erst in zweiter Linie sollen die Regierungen einspringen. Falls diese dazu nicht in der Lage sind, würde der Euro-Rettungsfonds EFSF den betroffenen Euro-Ländern Kredit zur Bankenhilfe gewähren.
EFSF-Streit: Frankreich könnte einlenken
Darüber hinaus geht es beim Gipfel-Marathon um die Hebel-Wirkung beim EFSF, also eine bessere und effizientere Nutzung der 440 Milliarden Euro an Hilfen für schuldengeplagte Euro-Staaten. Die Franzosen dürften dabei ihre strikte Forderung nach einer Einbeziehung der EZB nicht mehr aufrechterhalten, sondern einlenken.
Deutschland hatte im Vorfeld jegliche Lösung ausgeschlossen, bei der die EZB eingebunden wird. Es könne nicht sein, den EFSF als allgemeinen europäischen Bankenunterstützungsfonds einzurichten. Laut Österreichs Finanzministerin Maria Fekter blieben zuletzt zwei Optionen übrig, wobei die mit der EZB nicht mehr dabei ist.
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