Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat Freitagmittag seine Rede „zur Zukunft der Nation“ gehalten (siehe Video oben). „Ich bin seit 15 Monaten Bundeskanzler. Ich hatte seither die Möglichkeit, die Systeme kennenzulernen. Österreich ist ein gutes Land, ein sicheres Land, leistungsstark und voller Kreativität. Es wird getragen von den Menschen, die in unserem Land leben“, betonte der Kanzler. In Sachen Pandemie-Bewältigung setzt er auf Versöhnung und Dialog. Im Bereich der Bildung will er den Fokus auf die Förderung von Talenten legen: „Das Wichtigste sind unsere Kinder. Mittelmaß ist nicht unser Ziel, stolpern wir nicht in die Durchschnittsfalle.“
Die Rede hielt Nehammer in der Wiener Eventlocation „Thirty Five“ im 35. Stock der Twin Towers am Wienerberg.
In den fast eineinhalb Stunden gab Nehammer viele ÖVP-Klassiker zum Besten, von einer Reform des Arbeitslosengeldes bis zur Streichung der Grundsteuer fürs erste Eigenheim. Auch will Nehammer Ausländern die Sozialleistungen kürzen. Details will er nun in einem „Zukunftsplan ‘Österreich 2030‘“ ausarbeiten lassen.
„Notwendig, über Dialog und Versöhnung nachzudenken“
Zu Beginn sprach er Krisen wie Pandemie und Ukraine-Krieg an. „Die Pandemie hat uns tiefgreifend betroffen. Aus diesem Grund ist es notwendig, über Dialog und Versöhnung nachzudenken. Es ist wichtig, aufeinander zuzugehen und zuzuhören. Gräben sind niemals gut.“ Er sei der Wissenschaft dankbar, was sie in der Zeit der Pandemie geleistet hat.
„Das Unmögliche möglich machen“
Der Krieg in der Ukraine ist für Nehammer „unerträglich“. Und fügte hinzu: „Vor allem für die Menschen in dem kriegsgebeutelten Land. Es wird zivile Infrastruktur angegriffen. Es werden Städte, Kraftwerke, Krankenhäuser bombardiert.“
Was das Füllen der Gasspeicher in Zeiten des Kriegs und der angespannten Situation mit Russland betrifft, so sei er der Ansicht, dass Österreich in der Lage ist, „das Unmögliche möglich zu machen“. Nehammer: „Wir haben mittlerweile, obwohl wir ausspeichern, genau zu diesem Zeitpunkt ein Jahr später 68% Gas in unseren Speichern.“
Die Krisen wiederum seien „gnadenlos“ und würden „schonungslos“ die Schwächen im System aufzeigen. So müsse sich die Bevölkerung in Sachen staatlicher Hilfen auf einen „Entwöhnungsprozess“ einstellen: „Wir müssen wieder den Weg zurückfinden.“
Kritik übte Nehammer am derzeitigen Umgang miteinander. „Da läuft zum Teil was falsch in unserem Staate, die Demokratie ist immer wieder bedroht. Ängste werden geschürt, es gibt Desinformationskampagnen, es gibt Unsicherheit. Demokratie muss wehrhaft und widerstandsfähig sein. Wehrhaftigkeit entsteht in uns selbst, Sicherheit ist ein hohes Gut.“
Man erlebe einen „ungeahnten Hass“ in der Sprache, der „völlig zügellos“ sei. „Wir müssen Politik für die Vielen machen, nicht für die Wenigen an den Rändern.“
Zukunftsplan „Österreich 2030“: „Leistung muss sich lohnen“
Die Rede war gleichzeitig der Startschuss für einen Zukunftsplan „Österreich 2030“.
Nehammers fünf entscheidende Fragen:
„Es braucht ein neues Arbeitslosengeld“
Nehammer sprach auch das Thema Sozialleistungen an: „Die einen arbeiten fürs Geld, die anderen bekommen das Geld. Es braucht ein neues Arbeitslosengeld“, forderte der Kanzler. Dies sei eine Gerechtigkeitsfrage. Jene, die etwa mit 50 ihre Arbeit verlieren, sollen nicht benachteiligt sein. „Aber jene, die 25 oder 35 Jahre alt sind und zwei gesunde Hände haben, müssen auch tatsächlich arbeiten gehen“, betonte Nehammer. „Es kann nicht sein, dass in Zukunft die einen nur Work und die anderen nur noch Life haben.“ Unzählige Studien würden zeigen, dass arbeitslose Menschen öfter krank und unglücklich seien.
2030 soll Österreich ein Land sein, das unabhängiger, sicherer und auch voller Energie und Möglichkeiten ist. Ein Land, wo Leistung etwas zählt.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP)
Die Kanzler-Rede enthielt auch das Thema Wohnen. „Mein Ziel ist, dass alle Österreicher zur besitzenden Klasse gehören statt zur nicht besitzenden“, sagte der ÖVP-Chef. Der Fokus müsse wieder stärker darauf gerichtet werden, dass Menschen zu Eigentum kommen. „Bis 2030 soll Österreich ein Land der Eigentümer werden.“
Migranten: Mehr Sachleistungen als Geldleistungen
Auch das Thema Migration fand seine Erwähnung. „Der Kampf gegen die irreguläre Migration ist auch ein Kampf der organisierten Kriminalität, die das Leid der Menschen brutal ausnützt.“ Es sei auch eine Zukunftsfrage, „dass wir gezielte, kontrollierte und geordnete Zuwanderung haben“. Den vollen Anspruch auf Sozialleistungen sollen nur jene Menschen erhalten, die mindestens fünf Jahre in Österreich leben. Migranten sollen in Zukunft mehr Sachleistungen statt Geldleistungen erhalten. Nehammer: „Österreich darf kein Magnet für Wirtschaftsflüchtlinge sein.“
Österreich darf kein Magnet für Wirtschaftsflüchtlinge sein.
Karl Nehammer
Aufstockung der Kassenärzte in allen Regionen
Ein weiteres Ziel sei es, dass 2030 die Altersarmut in der Pension kein Thema mehr sei. Es seien Anreize für längeres Arbeiten notwendig, ebenso ein leistungsfähiges Gesundheitssystem. Bis 2023 sollen in allen Regionen ausreichend Kassenärzte zur Verfügung stehen, das seien 800 zusätzliche. Um die zu bekommen, will Nehammer für Medizinstudierende eine Berufspflicht in Österreich. Beim Pflegefachkräftemangel machte er unterschiedliche Anerkennungsverfahren als „Hemmnis“ aus.
Nehammers klare Botschaft an Klimaaktivisten
Bekannte Positionen gab es auch zum Klimaschutz: Fleischkonsum und Auto zu verbieten seien keine Antworten, sondern Rückschritte, befand Nehammer. „Manchmal hat man das Gefühl, dass man sich entschuldigen muss, dass man überhaupt auf der Welt ist“, meinte er in Richtung der Klimaaktivisten. Er wolle die Sorgen der Jungen nicht kleinreden, aber man müsse mit Kreativität und Innovation in der Technologie gegen den Klimawandel vorgehen, und „dieser Untergangsapokalypse“ der Aktivisten entgegen treten. „Österreich ist das Autoland schlechthin“, meinte er mit Blick auf die Branche, und „auch ich werde mich dagegen aussprechen, den Verbrennungsmotor zu verbannen“.
Manchmal hat man das Gefühl, dass man sich entschuldigen muss, dass man überhaupt auf der Welt ist.
Karl Nehammer
Österreich solle seienn Vorstellungen zufolge 2030 „unabhängiger, sicherer und auch im wahrsten Sinne des Wortes voller Energie ist“, fasste Nehammer zusammen. „Packen wir es an.“
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