Fühlt sich beleidigt

„Kanalratte“-Sager: Erdogan zeigt FDP-Politiker an

Ausland
30.09.2022 18:03

Der deutsche Botschafter wurde bereits ins türkische Außenministerium zitiert. Nun hat Präsident Recep Tayyip Erdogan den FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki wegen dessen „Kanalratte“-Sager angezeigt. Der Kölner Anwalt Mustafa Kaplan hat im Namen Erdogans bei der Staatsanwaltschaft in Hildesheim Strafanzeige wegen Beleidigung und Verleumdung eingebracht. Kubicki, der auch Bundestagsvizepräsident ist, gab sich darüber gelassen.

Laut einem „Spiegel“-Bericht heißt es in dem Schreiben Kaplans an die Staatsanwaltschaft, die Äußerung Kubickis sei geeignet, die betroffene Person „verächtlich zu machen“. Es handle sich um einen „rechtswidrigen Angriff auf die Ehre einer anderen Person“. Der Bericht des Magazins treffe zu, bestätigte Kaplan. Kubicki hatte im Zusammenhang mit Erdogans Flüchtlingspolitik den Staatschef als „kleine Kanalratte“ bezeichnet. Erdogan habe einen für die Türkei vorteilhaften Deal mit der Europäischen Union zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen abgeschlossen. „Gleichwohl müssen wir sehen, dass die Flüchtlingswelle über die Balkanroute wieder zunimmt, was erneut Herausforderungen für die deutsche Außen- und Innenpolitik mit sich bringt“, sagte Kubicki bei einer Wahlkampfveranstaltung am Mittwoch.

Kubicki: „Kanalratte ist ein kleines, niedliches, kluges Wesen“
Später ergänzte er mit Verweis auf Trickfilme: „Eine Kanalratte ist ein kleines, niedliches, gleichwohl kluges und verschlagenes Wesen, weshalb sie auch in Kindergeschichten als Protagonistin auftritt (“Kalle Kanalratte„, “Ratatouille„).“ Ein Prestigeprojekt Erdogans ist ein geplanter künstlicher Seeweg, also Kanal, der durch die Metropole Istanbul gegraben werden soll, um das Marmarameer und das Schwarze Meer zu verbinden. Das wirtschaftliche Großprojekt ist umstritten.

Die jüngste Entwicklung verfolgt Kubicki nach außen hin äußerst entspannt. Der liberale Politiker sagte am Freitag: „Die Tatsache, dass Herr Erdogan seit Beginn seiner Amtszeit im Jahr 2014 rund 200.000 solcher Verfahren hat einleiten lassen, sagt eigentlich schon alles. Ich sehe jedenfalls einer möglichen juristischen Auseinandersetzung mit Gelassenheit entgegen.“ Im Gegensatz zur Türkei sei Deutschland ein Rechtsstaat, in dem die Meinungs- und Äußerungsfreiheit zentralen Verfassungsrang habe. In der Türkei gibt es einen eigenen Straftatbestand der Präsidentenbeleidigung. Erfolgreich waren Verfahren aber nicht immer: Wie die Zeitung „Cumhuriyet“ berichtete, mündeten rund 45.000 dieser Anzeigen in Prozesse und in rund 4900 Haftstrafen.

Der Fall erinnert an die „Affäre Böhmermann“ aus dem Jahr 2016. Damals hatte der TV-Satiriker Jan Böhmermann ein Schmähgedicht über Erdogan verfasst und den Präsidenten dabei unter anderem mit Sex mit Tieren in Verbindung gebracht. Das löste einen diplomatischen Eklat aus, Erdogan zeigte den Satiriker an - und erlangte einen Teilerfolg. Einige Passagen des Gedichts wurden verboten.

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