Jungstar im Gespräch

Tate McRae: Während Corona zum Popstar geworden

Musik
03.06.2022 06:00

Über Nacht zum großen Popstar - dieses Märchen trotzt allen Veränderungen und wird immer wieder neu geschrieben. Unlängst passierte es der erst 18-jährigen Tate McRae, die von ihrem Kinderzimmer in Calgary aus während der Pandemie viral ging und kurz vor der A-Liga der weiblichen Popstars steht. Ein Gespräch über frühen Ruhm, persönliche Unsicherheiten und die Kraft der Frauen in der Welt des Pop.

(Bild: kmm)

2020 war das Jahr von Billie Eilish, 2021 das von Olivia Rodrigo und 2022 könnte das Jahr von Tate McRae werden. An weiblichen und jungen Popstars mangelt es aktuell wirklich nicht und das Gute daran: die Qualität bleibt auch weiterhin konstant hoch. McRae feiert am 1. Juli ihren 19. Geburtstag und feierte erst unlängst vor restlos ausverkauftem Haus in der Wiener Simm City eine Pop-Show der Superlative. Das Erfolgsgeheimnis der kecken Sängerin unterscheidet sich dabei natürlich nicht von allen anderen, die im Teenageralter den großen Durchbruch schafften. Coming-Of-Age-Texte, die sich um das harte Aufwachsen, Beziehungsprobleme und Stress in der Familie drehen. So schnell sich die Welt in allen Bereichen auch drehen und verändern mag, damit kann man beim Zielpublikum genauso wenig falsch machen wie etwa 1987.

Veränderter Ruhm
Der Hauptunterschied zwischen McRae und so gut wie allen anderen jungen Popstars ist, dass die Kanadierin den Rummel um ihre Person schon länger gewohnt ist. Von der ebenfalls tanzenden deutschen Mutter animiert, begeisterte McRae schon als Sechsjährige beim Ballett, gewann über die Jahre zahlreiche Wettbewerbe und landete 2016 bei der in Nordamerika populären Castingshow „So You Think You Can Dance: The Next Generation“ auf dem hervorragenden dritten Platz. Da war sie gerade einmal 13 Jahre jung, aber schon mehr als ein halbes Jahrzehnt im Rampenlicht. „Als Tänzerin ist man berühmt, aber das beschränkt sich eher aufs Persönliche“, reflektiert sie im Gespräch mit der „Krone“, „heute sind die Menschen nicht mehr an meinem Tanz interessiert, sondern an persönlichen Geschichten.“

Einen Tag vor ihrem Wien-Gig schlenderte McRae noch durch die engen Gassen Venedigs und musste permanent für Selfies posieren. Dass sie innerhalb von gut zwei Jahren zu einem auch in Europa anerkannten Superstar wurde, hat die 18-Jährige noch immer nicht ganz realisiert. Die Musik kam nach den großen Tanzerfolgen, weil McRae ihre Tagebucheinträge, Gedanken und Gedichte mit der Öffentlichkeit teilen wollte. Nicht zuletzt deshalb, um ein Kommunikationsventil zu finden. „Ich bin eine furchtbare Gesprächspartnerin“, lacht sie laut auf, „wenn ich über meine Gefühle reden muss, dann wird mir alles schnell peinlich und ich verliere den Faden. In der Musik ist das ganz anders. Dort habe ich die Möglichkeit, mein Innerstes mit den Leuten da draußen zu teilen.“ Schon 2017 gelang McRae mit „One Day“ ein Achtungserfolg, doch ausgerechnet zu Beginn der Pandemie startete sie voll durch. Ihre im April 2020 ausgekoppelte Single „You Broke Me First“ war ein globaler Hit und kratzt auf Spotify bei den Streaming-Zahlen bereits an der Milliardengrenze.

Harte Erleuchtung
McRae wurde quasi im Kinderzimmer zur Person der Öffentlichkeit, die alle Radiostationen eroberte und im Netz viral ging. Zwei erfolgreiche EPs und eine Handvoll gefeierte Singles später erschien dieser Tage ihr Debütalbum „I Used To Think I Could Fly“, das nicht nur im Titel, sondern auch auf dem Cover-Artwork recht unmissverständlich klar macht, dass sich McRae in den letzten Jahren von so manchem „Teenage Dream“ verabschieden musste. „Wenn du jung bist, ist absolut alles möglich. Du vertraust den Menschen und hast noch keine Ahnung, wie hart die Welt da draußen sein kann. Ich wollte lange nicht wahrhaben, dass nicht alles toll ist. Letzten Sommer saß ich mit 18 das erste Mal allein in meiner eigenen Wohnung und habe erstmals ein Tief erlebt. Ich wusste plötzlich, dass all die Ratschläge der Älteren wahr waren. Ich habe aber schnell wieder von dort rausgefunden.“

Dass ihr Debütalbum im Großen und Ganzen relativ düster und nachdenklich ausgefallen ist, zeugt auch von der Offenheit und Ehrlichkeit der Sängerin. Songtitel wie „Feel Like Shit“, „Hate Myself“ oder „She’s All I Wanna Be“ sind relativ eindeutig geraten und handeln von mangelndem Selbstwertgefühl, gefühlten Unzulänglichkeiten und den vor allem von Social-Media-Portalen angestoßenen Zwang, sich permanent vergleichen zu müssen. „Das Internet ist ein Platz, wo du die besten, schönsten und tollsten Momente mit allen teilst. Ich kann mich da nicht rausnehmen. Wenn ich meinen Instagram-Feed ansehe, muss ich zugeben, dass ich nichts teile, wo es mir schlecht geht. Das ist eine Art von Zwang. Wichtig ist nur, dass dieses Verhalten für einen nicht zu toxisch wird.“ So wie McRae sich von den Texten ihrer Idole Eilish, Taylor Swift oder Dua Lipa leiten lässt, möchte auch sie eine Vorbildrolle für die nächste Generation einnehmen. „Wenn ich in ihrem Alter bin, hoffe ich auch, so souverän und vorbildlich auf andere einwirken zu können.“

Female Power
Mit dem Album - absolut kein übliches Produkt mehr für einen 18-jährigen Star der Zukunft - hat sich Tate McRae ihr eigenes kleines Universum geschaffen. „Mir war es wichtig, meine Gedanken visuell und erzählerisch zu gestalten. Manche Songs sind so persönlich geworden, dass ich mir selbst nicht sicher bin, ob das gut ist. Aber jetzt sind sie raus und es ist okay so. Für mich ist eine Phase meines Lebens damit abgehakt und ich kann in die Zukunft schauen und neue Ufer ansteuern.“ Schon jetzt hat sie Songs mit Billie Eilish, deren Bruder Finneas O’Connell oder Charlie Puth geschrieben. Demnächst geht sie im Vorprogramm auf Tour mit Landsmann und Chartbreaker Shawn Mendes. Nach oben hinten scheint es für die bienenfleißige Künstlerin aus Calgary keine Grenzen zu geben. Gegenwart und Zukunft des Pop sind ganz klar weiblich. „Wir Frauen haben viel zu sagen und es ist Zeit, dass uns zugehört wird. Und ich habe das große Glück in einem Alter zu sein, wo es so viele tolle Musikerinnen gibt, zu denen ich aufschauen kann.“

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