"Richter-Diktatur"

Berlusconi schimpft vor Obama über Justiz – Mikro ist an

Ausland
27.05.2011 16:42
Silvio Berlusconi ist am Rande des G-8-Gipfels im französischen Deauville ganz schön ins Fettnäpfchen getreten. Der italienische Premier hat in einem Gespräch mit US-Präsident Barack Obama das Justizsystem in seinem Land scharf kritisiert und von einer "Diktatur der Richter" gesprochen. Was Berlusconi nicht wusste: Die Mikrofone am Rednerpult waren noch eingeschaltet...

"Wir haben eine Justizreform verabschiedet, die für uns von wesentlicher Bedeutung ist, weil in Italien fast eine Diktatur linksorientierter Richter herrscht", ließ der italienische Premier via Übersetzerin Obama wissen (siehe Video in der Infobox). "Gegen mich wurden bisher 31 Prozesse geführt, doch ich bin stets freigesprochen worden", brüstete sich Berlusconi, während Obama perplex um sich schaute. Außerdem versicherte er dem US-Präsidenten, dass die Mitte-rechts-Koalition in Rom solide sei und Italien weiterregieren werde.

Opposition auf den Barrikaden
Berlusconis Worte sorgten in Italien für helle Empörung. "Es ist unannehmbar, dass die italienische Justiz, ein Eckpfeiler des demokratischen Systems, im Ausland verleumdet wird", schimpfte der Präsident des italienischen Richterverband ANM, Luca Palamara. Kritisch äußerte sich auch Oppositionschef Pierluigi Bersani. "Vielleicht wird Berlusconi Obama um einen NATO-Angriff gegen die Staatsanwälte bitten, die gegen ihn ermitteln", erklärte Bersani.

Berlusconi beschuldigt Medien
Berlusconi selbst ist sich keiner Schuld bewusst. "Die Zeitungen haben nur Bruchteile meines Gesprächs mit Obama veröffentlicht, die aus einem größeren Zusammenhang gerissen worden sind. Es ist meine Pflicht, in einem internationalen Kontext die Lage in Italien zu erklären, auch Situationen, die die Glaubwürdigkeit des Landes belasten könnten", kommentierte der Staatschef bei einer Pressekonferenz nach Ende des G-8-Gipfels in Deauville den Vorfall.

Der italienische Regierungschef bekräftigte außerdem seine Vorwürfe gegen die Staatsanwälte, die gegen ihn ermitteln. "In Italien sind die Einmischung der Staatsanwälte in die Politik und ihre Kampagne gegen vom Volk gewählte Politiker unerträglich geworden", sagte Berlusconi. Er klagte über Verfolgung seitens der Staatsanwälte, die ihm seiner Ansicht nach politisch schaden wollen. "Die Staatsanwälte werden in Italien nie für ihre Fehler bestraft, auch wenn ihre Verantwortung eklatant ist", kommentierte der Premier.

Berlusconi: "Justiz ein Krebsgeschwür der Demokratie"
Silvio Berlusconi sorgt immer wieder mit seinen Angriffen auf Richter und Staatsanwälte für einen Eklat. Zuletzt hatte der Premier die Justiz als "Krebsgeschwür der Demokratie" bezeichnet. Am kommenden Dienstag wird der Prozess gegen Berlusconi wegen Sex mit einer minderjährigen Prostituierten fortgesetzt, doch der Premier wird laut seinen Rechtsanwälten nicht vor Gericht erscheinen.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele