Ärztin in Afrika:

„Bei Dialekt verspüre ich ein Zuhause-Gefühl“

Ausland
21.02.2022 18:00

Als Präsidentin und Ärztin der Hilfsorganisation Africa Amini Alama in Tansania lebt Cornelia Wallner-Frisee bereits seit Jahren gemeinsam mit ihren Kindern bei den Maasai in Momella. Deutsch, Englisch und Swahili begleiten sie in ihrem Alltag.

„Krone“: Sie sind zweisprachig aufgewachsen. Was bedeutet Muttersprache für Sie?
Dr. Cornelia Wallner-Frisee: Im weiteren Sinne ist es für mich die Sprache des Herzens, die alle Menschen vereint und von jedem verstanden wird. Muttersprache ist mit der Liebe der Eltern verbunden. Es sind jene Worte, die wir in den ersten Stunden, Tagen, Jahren unseres Lebens gehört haben. Wenn man in der Ferne lebt und die Muttersprache zur Seltenheit wird, berührt es mich zutiefst, wenn mich Menschen in meiner Muttersprache anreden. Vor allem bei Dialekt verspüre ich ein Zuhause-Gefühl. Das gibt mir in Zeiten großer Herausforderungen, die in der Ferne inmitten anderer Kulturen vorkommen, Vertrauen und Halt.

Welchen Stellenwert hat Muttersprache in der Erziehung ihrer Kinder in der Ferne?
Trotz Weltoffenheit und Mehrsprachigkeit, die ich meinen Kindern weitergeben möchte, ist es mir besonders wichtig, mit ihnen in Deutsch, in unserer ganz speziellen Aussprache, zu kommunizieren. Ich spreche mit ihnen Deutsch, denn das verbindet sie zu einem wichtigen Teil ihren Wurzeln. Ihr Vater lebt in Österreich, wo sie viele Ferien verbringen, und diese Heimat ist ihnen genauso wichtig, wie ihre zweite Heimat in der Ferne.

Sind Ihre Teenager-Kinder mit der deutschen Sprache genauso verbunden wie Sie?
Chiara (15) und Fabio (17) sprechen mit ihren Freunden, in der Schule und auch mit meinem Partner ausschließlich Englisch. Somit haben sie in prägenden Jahren ihrer Kindheit viele positive Verbindungen zur englischen Sprache bekommen, die den Stellenwert der deutschen Sprache relativiert. Doch kommen sie regelmäßig nach Österreich und haben auch deswegen ihren Bezug zum deutschen Sprachraum nicht verloren. Wenn man in der Ferne lebt, so kann man die Vertrautheit einer Muttersprache vielleicht sogar noch mehr schätzen.

Was haben Ihre Kinder für Erfahrungen in Bezug auf Sprachen in Afrika gemacht?
Da auch ich zweisprachig aufgewachsen bin, weiß ich, dass ein Mehr einer oder mehrerer anderer Sprachen, die Muttersprache nicht ersetzt. Wenn man in der Ferne lebt, so kann man die Vertrautheit einer Muttersprache vielleicht sogar noch mehr schätzen. Doch haben sie durch die vielen Erfahrungen hier in Afrika sicher gelernt, dass nicht die Sprache selbst, sondern der Inhalt des Gesprochenen, die Art und Weise, wie man kommuniziert, ausschlaggebend ist. Und das relativiert sicherlich den Stellenwert einer jeden Sprache und macht meine Kinder zu offenen Weltenbürgern.

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