Eklat in Finnland

Wahrer Finne regt mit “Neger”- und Schwulensagern auf

Ausland
09.05.2011 16:21
"Neger" und "Doppelt-Schwule": Mit solchen Aussagen sorgt in Finnland derzeit ein Abgeordneter der nationalistischen Partei Die wahren Finnen für Aufregung. Während das Parlament für Mittwoch eine Entscheidung über die weitere Vorgehensweise in Zusammenhang mit Finanzhilfen für Portugal angekündigt hat, ist Teuvo Hakkarainen (Bilder) seit seiner Ankunft in Helsinki damit beschäftigt, sich mit radikalen Äußerungen zu Themen wie Zuwanderung, Islam und Adoptionsrecht für Homosexuelle hervorzutun. Die Staatsanwaltschaft wurde eingeschaltet, Parteichef Timo Soini spricht von einer "schlechten Wortwahl".

In Finnland finden derzeit Koalitionsverhandlungen statt. Bei der Wahl im April waren die euroskeptischen Wahren Finnen zur drittstärksten Kraft aufgestiegen. Noch ist unklar, ob sie den Hilfskrediten in Höhe von 78 Milliarden Euro für Portugal zustimmen werden. Das finnische Parlament soll am Mittwoch entscheiden, wie weit der geschäftsführende Finanzminister und designierte Regierungschef Jyrki Katainen beim Treffen der EU-Finanzminister am 16. und 17. Mai in dieser Frage gehen darf. Das Parlament kann Hilfszahlungen des nordischen Euro-Landes blockieren.

Von Journalisten am ersten Arbeitstag begleitet
Auch in Österreich sahen sich die EU-Gegner ob des Sensationserfolges der Wahren Finnen im EU-Musterland Finnland zu Jubelmeldungen veranlasst. Ihr Sieg wurde auch als Sieg über Befürworter der Europäischen Union, die EU-Gegner als "grenzdebile Hinterwäldler" darstellen wollen, gedeutet. Doch kaum ins Helsinkier Parlament eingezogen, setzt nun einer von 39 ins Parlament eingezogenen Wahre-Finnen-Mandataren, Teuvo Hakkarainen, alles daran, dieses Bild des Hinterwäldlers zu bestätigten, verwendet dieses gar selbst als Entschuldigung für seine verbalen Ausrutscher.

Angefangen hat alles mit einem Video: Journalisten der Tageszeitung "Helsingin Sanomat" begleiteten den Neo-Abgeordneten bei seinem ersten Arbeitstag im Parlament. Mit locker sitzender Krawatte lächelt er dabei in die Kamera und erklärt dem Reporter, während er sich ein Zuckerl in den Mund steckt: "Wir müssen diese Sache mit der Einwanderung unter Kontrolle bringen", eine sofortige Abweisung von Asylanten an Finnlands Grenzen sei notwendig. Er habe einen Bekannten, dessen Sohn an der Grenze arbeite und "dann kommt so ein 'Neger' und sagt 'Asyl', kann nichts anderes auf Finnisch sagen und gleich ist man drinnen", so der Abgeordnete.

Muezzin-Ruf nachgeäfft: Remix auf YouTube gelandet
Mit dem "Neger"-Sager noch nicht genug, erläutert der Politiker in dem Video auch gleich, was er von Muslimen hält: Allerlei Muslime würden in Finnland herumhängen, hocken und schreien, man brauche nur auf das Minarett schauen, wo ein alter Mann rausschreit, erzählt Hakkarainen. An dieser Stelle geht er sogar so weit, den Ruf des Muezzins nachzuäffen. Das besagte Video zählt mittlerweile zu den meistgesehenen Clips auf der Website von "Helsingin Sanomat" und eine Version mit englischen Untertiteln hat ihren Weg auf die Internetplattform Youtube gefunden. Hakkarainens "Muezzin-Ruf" inspirierte zudem schon zu einem "Remix",der ebenfalls auf YouTube zu "bewundern" ist.

Als daraufhin Erklärungsbedarf notwendig wurde, rechtfertigte sich Hakkarainen, der Besitzer eines Sägewerks ist, damit, dass er vom Land komme, wo man direkter spreche. Es sei ihm ein "kleiner Fehler" bei seiner Wortwahl unterlaufen.

Parteichef Soini: "Sprache säubern"
Die Minderheitenbeauftragte des Parlaments, Eva Biaudet, sah die Sache anders. Sie schaltete die Staatsanwaltschaft ein, die nun prüfen soll, ob die Aussagen des Wahren Finnen eine strafbare Handlung darstellen. Timo Soini, Parteichef der Wahren Finnen, forderte seinen Abgeordneten hingegen lediglich dazu auf, seine "Sprache zu säubern". Gegenüber dem finnischen Staatssender YLE sagte Soini, er habe mit Hakkarainen gesprochen und hoffe, dass sich eine solche Wahl der Wörter nicht wiederholen werde.

Diese Hoffnung sollte sich nicht erfüllen, denn bereits am vergangenen Donnerstag folgte der nächste Eklat. Eine Schulgruppe stattete dem Parlament einen Besuch ab, und die Schüler im Alter von 13 bis 15 Jahren stellten dem Neo-Abgeordneten dabei Fragen, unter anderem zum Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare. Wenn zwei Schwule ein Kind "bekommen", dann werde dieses "doppelt-schwul", so die Antwort Hakkarainens, der aber danach von einem Witz sprach. Er würde absichtlich solche Fragen gestellt bekommen, begründete der Politiker seinen letzten verbalen Ausrutscher, wolle aber eigentlich über Regierungsbildung sprechen.

Portugal-Hilfe "keine Ja/Nein-Entscheidung"
Doch damit muss er noch warten. Die Verhandlungen über ein Koalitionsabkommen wurden nämlich erst für den 18. Mai fixiert. Der mit den Sondierungsgesprächen beauftragte Konservative Jyrki Katainen, vermutlich der nächste Premier, will sich derzeit nicht zu einer möglichen Zusammensetzung der Regierung äußern. Wahre-Finnen-Chef Soini kündigte indessen für Mittwoch eine ausführliche Begründung an, warum seine Partei gegen ein Rettungspaket für Portugal eintritt. Er sagte am vergangenen Samstag gegenüber der Tageszeitung Helsingin Sanomat, dass es sich dabei nicht um eine Ja/Nein-Entscheidung handle, sondern auch begründet werden müsse, warum man für oder gegen Hilfszahlungen sei. Nicht äußern wollte sich Soini am Wochenende darüber, ob seine Wahren Finnen überhaupt mit Parteien in eine Regierung gehen würden, die ein Portugal-Rettungspaket befürworten.

Abgeordneter wegen Internet-Kommentar vor Gericht
Was extreme Aussagen und Ansichten betrifft, ist Teuvo Hakkarainen aber nicht der erste Wahre Finne, der von sich reden macht. Schon zuvor hatte der Abgeordnete Jussi Halla-aho mit wiederholten Ausländer- und Islam-feindlichen Aussagen für Wirbel gesorgt. Der umstrittene Politiker war wegen "Störung religiöser Andacht" im Jahr 2009 von einem Helsinkier Gericht zu einer geringfügigen Geldstrafe verurteilt worden.

Anlass für die Klage war ein Kommentar Halla-ahos im Internet, in dem er den Propheten Mohammed in direkten Zusammenhang mit Pädophilie brachte sowie somalischen Einwanderern pauschal eine "kulturelle und möglicherweise genetische Neigung" zu Taschendiebstahl und Steuerschmarotzertum unterstellte. Das damals gleichzeitig angestrengte Verfahren aufgrund des gravierenderen Paragrafen über "Störung des Religionsfriedens" ist auf Betreiben der Staatsanwaltschaft noch beim Höchstgericht anhängig.

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