Dialog mit dem Westen
Taliban für offizielle Gespräche in Oslo gelandet
Abgesandte der Taliban sind derzeit in Oslo, um die prekäre Lage in Afghanistan mit westlichen Vertretern zu besprechen. Außenminister Amir Khan Muttaqi und seine Delegation sollten sich zum Auftakt mit Vertretern der afghanischen Zivilgesellschaft am Sonntag treffen. Am Montag und Dienstag sind Treffen mit westlichen Diplomaten geplant.
Im Laufe des Tages sollte die Taliban-Delegation unter anderem mit afghanischen Frauenrechtlerinnen und Journalisten zusammenkommen. Die Gespräche finden hinter verschlossenen Türen statt. An den politischen Gesprächen am Montag und Dienstag nehmen nach Angaben der norwegischen Regierung dann auch Vertreter aus den USA und mehreren europäischen Ländern teil. Es sind die ersten offiziellen Gespräche zwischen Vertretern des Westens und der international nicht anerkannten Taliban-Regierung auf europäischem Boden.
Im Mittelpunkt stehen die Menschenrechtslage sowie die humanitäre Krise in Afghanistan. Seit der Machtübernahme der Taliban hat sich die Notlage in Afghanistan massiv zugespitzt. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind in dem Land Millionen Menschen von Hunger bedroht. Der Umgang mit der humanitären Lage ist wegen der Menschenrechtsverletzungen der radikalislamischen Taliban umstritten. Der UN-Sicherheitsrat hatte im Dezember einstimmig die Ermöglichung humanitärer Hilfen für Afghanistan beschlossen. Allerdings soll die Hilfe nicht direkt in die Hände der Islamisten geraten. Bisher hat kein Land die Taliban-Regierung offiziell anerkannt.
Afghanische Ex-Ministerin lehnt Gespräche ab
UN-Generalsekretär António Guterres bekräftigte am Freitag, dass die Bevölkerung Afghanistans nicht als Ganzes für das Fehlverhalten der „De-facto-Behörden“ bestraft werden dürfe. „Wir können nicht weiter Hilfe unter Umgehung der Taliban auszahlen“, sagte der frühere UN-Gesandte am Hindukusch, Kai Eide, der Nachrichtenagentur AFP. Das sehen nicht alle so. Die ehemalige afghanische Ministerin für Bergbau und Erdöl, Nargis Nehan, die jetzt in Norwegen lebt, lehnte die Teilnahme an den Gesprächen in Oslo ab. Sie befürchte, dass die Taliban dadurch „normalisiert“ und „gestärkt“ würden. „Welche Garantie gibt es dieses Mal, dass sie ihre Versprechen einhalten werden?“
Experte: „Taliban haben Geschlechter-Apartheid eingeführt“
Während der ersten Herrschaft der Islamisten in den 90er-Jahren waren Frauen in Afghanistan aus dem öffentlichen Leben nahezu verbannt worden. Nun haben die Taliban unter anderem angekündigt, die Rechte von Frauen auf Arbeit und Bildung zu achten. Berichte über festgenommene Aktivistinnen, die Unterdrückung von Protesten und diskriminierende Regeln für Frauen lassen daran jedoch Zweifel aufkommen. „Die Taliban haben faktisch eine Geschlechter-Apartheid eingeführt“, sagte Davood Moradian, Leiter des Afghanischen Instituts für Strategische Studien, das jetzt außerhalb Afghanistans ansässig ist. Norwegen setze mit seiner Gesprächsinitiative seinen Ruf als Verteidiger der Frauenrechte aufs Spiel.
Lesen Sie auch:
Norwegens Außenministerin befürchtet „noch schlimmere Katastrophe“
Die Gespräche in Oslo bedeuteten „keine Legitimation oder Anerkennung der Taliban“, betonte Norwegens Außenministerin Anniken Huitfeldt vor Beginn des Treffens. „Aber wir müssen mit den Behörden sprechen, die de facto das Land regieren. Wir dürfen nicht zulassen, dass die politische Situation in eine noch schlimmere humanitäre Katastrophe mündet.“ Die Taliban ihrerseits hatten vor Beginn der Gespräche die Hoffnung auf verbesserte Beziehungen zum Westen bekundet.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.