Bergung gestartet

Suche nach Vermissten rund um AKW Fukushima

Ausland
14.04.2011 09:17
In Japan haben Einsatzkräfte mehr als einen Monat nach der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe mit der Suche nach Vermissten und Toten im nahen Umfeld des zerstörten Atomkraftwerks Fukushima 1 begonnen. Rund 300 Mann begannen am Donnerstag ihren Einsatz, um das Gebiet im Umkreis von zehn Kilometern um das AKW abzusuchen. Neben einem Suchtrupp sei auch ein Team zur Messung radioaktiver Strahlung sowie ein weiteres Team zur Bergung und zum Abtransport von Leichen eingesetzt.

Sobald eine radioaktiv verseuchte Leiche in dem seit den ersten AKW-Störfällen völlig verlassenen Gebiet gefunden werde, werde sie mit Wasser abgewaschen und dann abtransportiert, hieß es vonseiten der Behörden.

Einen Monat nach der schwersten Naturkatastrophe in der Geschichte Japans sind über 13.300 Tote in Folge des Bebens und Tsunamis geborgen und identifiziert worden. Über 15.000 Menschen werden noch vermisst. Die Angehörigen der Vermissten aus der Evakuierungszone in Fukushima haben in den letzten Wochen wiederholt gefordert, die Regierung solle Truppen entsenden, um Nachschau zu halten bzw. die Leichen ihrer Verwandten endlich zu bergen, um den Hinterbliebenen einen menschenwürdigen Abschied von ihren Verstorbenen zu ermöglichen.

Arbeiten im AKW gehen weiter
Unterdessen versuchen die Arbeiter im japanischen Atomkraftwerk Fukushima weiter verzweifelt, die havarierten Reaktoren unter Kontrolle zu bringen. Sie pumpten auch am Donnerstag wieder Wasser in die Reaktoren 1 bis 3. Um eine mögliche Wasserstoffexplosion in Reaktor 1 zu verhindern, füllten die Arbeiter zudem weiter Stickstoff ein. Wie auch in den letzten Tagen sorgen Nachbeben in der Region für zusätzliche Probleme.

Die Wasser-Aktion kann aber weiterhin nur vorübergehend bestehen. Über kurz oder lang müssen die Arbeiter wieder den Kühlkreislauf für die Unglücksreaktoren wie auch für die Abklingbecken für abgebrannte Brennstäbe in Gang zu bringen. Dafür ist es notwendig, verseuchtes Wasser aus dem Tiefgeschoss des Turbinengebäudes herauszuholen. Die Arbeiter in dem havarierten AKW beeilten sich daher mit Überprüfungen der Auffanganlagen, in denen etwa 30.000 Tonnen gelagert werden können, hieß es vom AKW-Betreiber Tepco.

Japanische Landwirte fordern Geld von Tepco
Der japanische Energieriese soll die betroffenen Landwirte im Umfeld von Fukushima schnell finanziell entschädigen. Mamoru Moteki, Vorsitzender des Zentralverbands der landwirtschaftlichen Genossenschaften, übergab Tepco-Chef Masataka Shimizu am Donnerstag einen Protestbrief, meldete die Nachrichtenagentur Kyodo. In dem Schreiben kritisieren die Bauern, Tepco habe sie bisher nicht über die negativen Folgen der radioaktiven Stoffen aufgeklärt und sich nicht bei ihnen entschuldigt. Auch gebe es fast fünf Wochen nach dem Unglück noch immer keine Reaktion zu möglichen Entschädigungszahlungen. "Das ist völlig inakzeptabel", sagte Moteki.

Wegen der radioaktiven Strahlung und den Handelsbeschränkungen für Waren aus der Region müssten Bauern sogar über die endgültige Aufgabe ihrer Höfe nachdenken. Shimizu zeigte sich von den Problemen der Bauern sichtlich betroffen. "Wir entschuldigen uns für die entstandenen Probleme und nehmen den Protest sehr ernst", sagte der Tepco-Manager.

Plan für Entschädigungszahlungen wird ausgearbeitet
Allzu lange könnten die Bauern nicht auf Geld warten müssen. Wie es am Mittwoch hieß, würde bereits ein Plan für die Zahlung von Schadenersatz an die Betroffenen ausgearbeitet. Anrainer des havarierten Atomkraftwerks könnten möglicherweise bereits im Voraus entschädigt werden. Eine konkrete Entscheidung zu den geplanten Auszahlungen sei aber noch nicht gefallen, sagte Shimizu am Mittwoch.

Einem Zeitungsbericht zufolge könnten die Belastungen für den größten Versorger Japans auf 24 bis 45 Milliarden Dollar (16,6 bis 31,1 Mrd. Euro) begrenzt und die Kosten auch auf andere Energiekonzerne abgewälzt werden. Analysten schätzen die Schadenersatzansprüche auf über 130 Milliarden Dollar (89,8 Mrd. Euro). Um Japans größten Versorger Tepco vor dem Ruin zu retten, könnte die Regierung auch andere heimische Energieunternehmen heranziehen, um die Ausgleichszahlungen zu stemmen, berichtete die Zeitung "Yomiuri" und bezieht sich auf einen Entwurf für den Entschädigungsplan. Das Programm solle die Investoren beruhigen.

Druck auf Regierungschef Kan wächst
Da die Situation noch immer nicht unter Kontrolle ist, gerät neben Tepco auch der japanische Regierungschef Naoto Kan immer mehr in Kritik. Zusätzlich erregte seine Aussage, dass die 20 Kilometer große Evakuierungszone rund um die Atomruine für die nächsten 20 Jahre unbewohnbar bleibe, die Gemüter. Sowohl Kan als auch Außenminister Takeaki Matsumoto dementierten dies später jedoch wieder. Man nehme es dennoch ernst, dass dadurch Verunsicherung entstanden sei, sagte Regierungschef Yukio Edano am Donnerstag.

Kans größter innerparteilicher Rivale, der einflussreiche Ichiro Ozawa, warf dem Premier Unfähigkeit im Umgang mit der Krise vor. Kans Mangel an Führungskraft könne zu "weiteren Katastrophen" führen, schrieb Ozawa laut Medienberichten an seine innerparteilichen Anhänger. Manche in der regierenden Demokratischen Partei fordern seit Längerem den Rücktritt des Partei- und Regierungschefs.

102-Jähriger nahm sich wegen Evakuierung das Leben
Weil er nach der Nuklearkatastrophe sein Dorf verlassen sollte, hat sich ein 102 Jahre alter Mann offenbar das Leben genommen. Der älteste Bewohner des 40 Kilometer von dem Unglücks-AKW Fukushima entfernt gelegenen Dorfes Iitate sei kurz vorher von seiner Familie über die anstehende Evakuierung unterrichtet worden, berichtete die Nachrichtenagentur Jiji am Donnerstag unter Berufung auf Behördenvertreter. Diese vermuteten, dass er aus Verzweiflung darüber, aus seinem Haus zu müssen, Selbstmord beging. Ein Behördenmitarbeiter bestätigte den Tod des Mannes. Es sei aber nicht sicher, ob er sich tatsächlich das Leben genommen habe.

Iitate ist eine von fünf Ortschaften außerhalb der bereits geltenden 20-Kilometer-Evakuierungszone, deren Räumung die japanische Regierung am Montag angeordnet hatte. Die Regierung hält diesen Schritt angesichts der möglichen gesundheitlichen Folgen einer langfristigen Strahlenbelastung für notwendig.

Kaiserpaar spendet Evakuierten Trost
Der japanische Kaiser Akihito und seine Gemahlin Michiko haben indes am Donnerstag erstmals gemeinsam das von dem schweren Erdbeben und dem Tsunami verwüstete Katastrophengebiet besucht. Nach ihrem Eintreffen in der Stadt Asahi in der Tokioter Nachbarprovinz Chiba wurden sie zunächst vom Bürgermeister über das Ausmaß der Schäden unterrichtet. Anschließend fuhren sie in zwei Notunterkünfte, um den betroffenen Menschen Trost zu spenden. Asahi liegt im Nordosten an der Pazifikküste.

Das Kaiserpaar hatte bereits zuvor Menschen in Notunterkünften besucht. Allerdings lagen die in Tokio sowie im benachbarten Saitama und damit nicht im eigentlichen Katastrophengebiet. Nach Angaben des kaiserlichen Haushofamts will das beim Volk sehr beliebte Monarchenpaar auch in der nächste Woche und im Mai weitere Gebiete, darunter die am schwersten verwüsteten Provinzen Fukushima, Miyagi und Iwate, besuchen.

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