Wegen Untätigkeit

Fall Polen: Europaparlament verklagt EU-Kommission

Ausland
29.10.2021 15:31

Im Justizstreit mit Polen verklagt das Europaparlament die EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Untätigkeit. Parlamentspräsident David Sassoli erklärte am Freitag auf Twitter, die Klage solle die Kommission zum „Handeln“ bringen. Das Parlament wirft der Brüsseler Behörde von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor, nicht alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft zu haben, um Polen zur Änderung seiner umstrittenen Justizreform zu zwingen.

Das Vorgehen ist fast einmalig: Bislang hat das Europaparlament die EU-Kommission erst einmal vor dem EuGH verklagt.

Man erwarte, dass die EU-Kommission konsequent handle und das umsetze, was Ursula von der Leyen in der jüngsten Plenardebatte zum Thema Rechtsstaat gesagt habe, sagte Sassoli. „Den Worten müssen Taten folgen.“

Konkret bemängelt das Parlament, dass die EU-Kommission bisher nicht von dem sogenannten EU-Rechtsstaatsmechanismus Gebrauch gemacht hat. Mit diesem Mittel können milliardenschwere EU-Zahlungen an einen Mitgliedstaat gekürzt werden, wenn dieser gegen die Rechtsstaatlichkeit verstößt. Polen und auch Ungarn haben gegen diesen Mechanismus allerdings geklagt. Von der Leyen deutete zuletzt an, sie wolle das Urteil im Frühjahr abwarten.

Die EU-Kommission wollte eigentlich erst tätig werden, wenn der EuGH über die Klagen von Ungarn und Polen entschieden hat. So sieht es auch eine Einigung der Staats- und Regierungschefs vor. Mit ihr waren die Regierungen in Budapest und Warschau im vergangenen Jahr dazu gebracht worden, ihre Blockade wichtiger EU-Haushaltsentscheidungen aufzugeben.

Das Europaparlament hatte bereits im Juni beschlossen, das Verfahren für die sogenannte Untätigkeitsklage gegen die EU-Kommission zu beginnen und so Druck auf von der Leyens Behörde auszuüben. Mitte Oktober stimmte der zuständige Rechtsausschuss dann dafür, die Klage tatsächlich einzureichen. Und wenig später beauftragte Sassoli den juristischen Dienst, die Klage vorzubereiten. Die EU-Kommission betonte stets, die Vorbereitungen für Verfahren nach dem Mechanismus liefen und kein Fall werde verloren gehen.

Kritiker werfen sowohl der ungarischen als auch der polnischen Regierung vor, die Justiz entgegen den EU-Standards zu beeinflussen. Sie sehen deswegen auch eine Gefahr für den EU-Haushalt, weil in der Regel nationale Strafverfolgungsbehörden und Gerichte für die Aufklärung eines möglichen Missbrauchs von EU-Geldern zuständig sind.

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