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KW 22 – die wichtigsten Neuerscheinungen der Woche

Musik
05.06.2021 08:00

Musik als Lebenselixier - besonders für das Wochenende, wo man hoffentlich auch Zeit dafür hat. Wir haben für euch wieder die besten Alben und Veröffentlichungen der Woche zusammengesammelt. Quer durch alle Genres ist hier garantiert für jeden was dabei. Viel Spaß dabei!

(Bild: kmm)

Marina Allen - Candlepower
Aus den naturbelassenen Hippie-Zirkeln Kaliforniens kommen immer wieder richtig gute und spannende Künstler ins Rampenlicht. Die Lagerfeuerromantik der 70er-Jahre mit Psychedelic-Touch und einer gewissen Joni-Mitchell-Ehrerbietung hat auch Marina Allen schon ganz gut drauf. „Candlepower“ lässt schon im Titel wenig Missverständnisse aufkommen und wer etwa von Birdys letztem Selbstfindungsalbum inspiriert und motiviert war, der wird auch bei Marina Allen sein Glück finden. Was der jungen Dame auf ihrem Debütalbum fehlt, ist aber die Dringlichkeit und das nötige songwriterische Spannungsmoment, um wirklich langfristig im Kopf hängen zu bleiben. Was nicht ist, kann aber noch werden. That’s just the beginning. Und der Beginn ist ganz gut. 6,5/10 Kronen

Atreyu - Baptize
Ach, die gibt’s ja auch noch! Atreyu sind mittlerweile tatsächlich schon mehr als 20 Jahre unterwegs und haben mit Alben wie „The Curse“ oder „Lead Sails Paper Anchor“ die für den traditionellen Metalcore sehr fruchtbaren 00er-Jahre entscheidend mitgeprägt. Zumindest in den USA hat die Truppe noch immer genügend Anhänger, auch wenn der Veröffentlichungsrhythmus ausgedehnt und der Hype schwer zurückgefahren wurde. Wie viele andere Kollegen sind die Kalifornier mit Fortdauer des Bestehens immer weicher und beliebiger geworden und „Baptize“ macht da keine Ausnahme. Dass man Gäste wie Jacoby Shaddix (Papa Roach), Travis Barker (Blink-182) oder Matt Heafy (Trivium) an Bord hat hilft halt auch nix, dass man mit dem Sound knapp 20 Jahre über dem Zenit ist. Nur etwas für die Puristen unter euch. 5/10 Kronen

Black River Delta - Shakin‘
Na endlich wieder neues Material von den grandiosen Black River Delta. Die Schweden gehören schon seit einigen Jahren zu den am meisten unterbewerteten Blues-Garage-Rockern und kamen hierzulande leider noch nicht über den Status des Wiener Chelsea hinaus. Gut für das tolle Chelsea, weniger gut für ihren Bekanntheitsgrad. Auch das Drittwerk „Shakin‘“ beinhaltet alles, was man an diesem Genre so mag und bei vielen anderen Bands vermisst. Der ursprüngliche Dreck eines Robert Johnson, die anarchische Attitüde von den White Stripes oder den Black Keys und das untrügliche Talent, Gegenwart und Vergangenheit so gut verknüpfen zu können wie sonst vielleicht nur Gary Clark Jr. Black River Delta haben zudem den nötigen Dreck, der vielen anderen verlustig ging. Das macht „Shakin‘“ zu einem weiteren Ereignis, das nur die Balladen nicht brauchen würde. 7,5/10 Kronen

Cleopatrick - Bummer
Hinter dem eher unscheinbaren Bandnamen Cleopatrick stecken die zwei Jugendfreunde Luke Gruntz und Ian Fraser aus dem kanadischen Ontario, die mit millionenschweren Streaming-Zahlen und einigen begeisternden Gigs zwischen Kanada und England vor der Pandemie einen gewaltigen Underground-Hype entfachten. Gerade in der Rockmusik braucht es dringend Vorbilder, wodurch das nun endlich vorliegende Debütalbum „Bummer“ zum perfekten Zeitpunkt erscheint. Ganz im Royal-Blood-Stil reichen ein paar Fuzz-Pedale, Schlagzeug, Gitarre und Coming-Of-Age-Texte zur Post-Teenager-Glückseligkeit der hippen Truppe. Interessant ist dabei, dass man Idole wie AC/DC mit der Stringenz erdiger Garage-Rock-Bands und der Liebe zum Hip-Hop kreuzt, was Cleopatrick auch für die Klientel außerhalb der Stromgitarren zumindest interessant macht. In einer halben Stunde ist man auch schon wieder durch und weiß selbst - da kommt doch einiges auf uns zu. 7,5/10 Kronen

Code - Flyblown Prince
Habt ihr genug Zeit, Geduld und Aufmerksamkeit? All das sei nämlich dringend angeraten, will man in die tiefen Soundwelten der britischen Avantgarde-Metaller von Code eintauchen, die mit ihrem ersten Album nach sechs Jahren Wartezeit die Schraube des Komplexen und Allumfassenden noch einmal kräftig anziehen. „Flyblown Prince“ ist ein wuchtiges Monumentalwerk, das zwischen Progressive Rock, Nile-artigen Death-Metal-Zitaten und einer ungemeinen breit konstruierten Kompositionsvielfalt watet und - wenn überhaupt - noch am ehesten mit Easy-Listening-Verweigerern wie Ved Buens Ende oder Secrets Of The Moon verglichen werden kann. Wer sich einmal so richtig derbe überrollen lassen will, der hört hier rein. Spannend. 7,5/10 Kronen

Crowded House - Dreamers Are Waiting
Crowded House, das wissen Rock-Aficionados natürlich, sind absolute Legenden am fünften Kontinent. Zwischen 1986 und 1996 zählte die Truppe um Neil Finn zu einer der spannendsten und kompositionsstärksten Truppen Australiens, seit der Reunion 2007 beschränken sich Aufmerksamkeit und Erfolge aber verstärkt auf die Heimat. Mehr als zehn Jahre nach dem letzten Werk ist das Trio zu einem Quintett angewachsen und beweist auf dem fein gesponnenen, sehr entspannten „Dreamers Are Waiting“, dass man sich ohne Trendanbiederung gut in die Gegenwart einfügen kann. Die mal orchestral, mal akustisch ausstaffierten Tracks mäandern zwischen den Beatles und David Bowie, erschaffen per se eine angenehme Vintage-Atmosphäre. Wer sich von atmosphärischem Pop-Rock umarmen lassen möchte, sollte hier hineinträumen. Es lohnt sich! 7,5/10 Kronen

Decapitated - The First Damned
Die Schicksalsschläge, die das polnische Death-Metal-Kommando Decapitated über die letzten Jahrzehnte hinnehmen musste, lässt sich an einer Hand schon gar nicht mehr abzählen. Doch auch den tragischen Busunfall samt Todesfall 2007 hat die Band rund um Mastermind Vogg durchstanden - und in bester Working-Class-Hero-Manier immer weitergemacht. Auf das erste Studioalbum seit 2017 müssen wir zwar noch warten, „The First Damned“ greift aber ganz in die Frühzeiten des wilden Geschwaders zurück. Die beiden Demos „Cemeterial Gardens“ (1997) und „The Eye Of Horus“ (1998) werden hier noch einmal frisch eingespielt und produziert aufbereitet und zeigen, wie technisch beschlagen, durchdringend und leidenschaftlich die Songs im Teenager-Alter aufgenommen wurden. Aus den einstigen Wunderkindern wurde zwar nie die A-Liga-Genreband, die man prophezeite, aber eine sentimental-nostalgische Rückschau auf die wilden Sturm-und-Drang-Jahre macht schon Sinn. Ohne Bewertung

Desaster - Churches Without Saints
Deutschlands dreckigste und kompromissloseste Black/Thrash-Rabauken sind wieder zurück. Dass die letzte Scheibe von Desaster, das urige „The Oath Of An Iron Ritual“ schon wieder fünf Jahre her ist, mag man fast nicht glauben, aber Zeit ist relativ. „Churches Without Saints“ ist freilich keine große Revolution im Tun der Koblenzer, den markanten Old-School-Sound variieren die Burschen nur minimal. Zwischen aggressiv treibend und derbe grabend holzt sich das Kollektiv durch allerlei Motörhead-, Bathory- und Venom-Referenzen. Eben alles, was man von damals kennt und schätzt. Das im Gothic-Style aufgenommene und auf Deutsch vorgetragene „Aus Asche“ ganz am Ende ist mutig, aber auch ein bisschen verwirrend. Neue Besen kehren nicht immer gut. Ansonsten: value for money für all jene, die asseligen Black/Thrash mit deutschem Odeur schätzen. 7,5/10 Kronen

Easy Life - Life’s A Beach
Brandneuer Stoff für die Seemannshauben-, Wuschelfrisuren- und Strickpulli-Hipster-Fraktion kommt aus der britischen Industrie- und Fußballwundermetropole Leicester. Easy Life zeigen auf dem Cover von „Life’s A Beach“ ein Auto im Ozean versinken und exakt so klingt das Werk. Sonnige und leichtfüßige Pop-Rhythmen vermengen sich mit tiefgründigen, manchmal schwermütigen Texten von Frontmann Murray Matravers, der ganz ordentlich mit seiner mentalen Gesundheit zu kämpfen hat. Die rasant an Popularität gewinnende Truppe, die schon renommierte „NME“-Nominierungen und Kooperationen mit Arlo Parks in der Vita stehen hat, vermengt die Liebe zur britischen Küstenlandschaft mit ernsten und gesellschaftlich omnipräsenten Themen. Die Melancholie lässt sich nie ganz aus dem Gesamtkontext lösen, aber gerade das macht „Life’s A Beach“ so besonders. Für Fans der Twenty One Pilots, aber in nachdenklicheren Momenten. 7/10 Kronen

Flotsam & Jetsam - Blood In The Water
Zugegeben - es gab in der Musikhistorie schon schlechtere Bands aus dem Thrash-Metal-Segment, die es nie in die erste Genreliga schafften. Bei Flotsam & Jetsam wundert man sich auf „Blood In The Water“ mittlerweile schon zum 14. Mal, warum man nach fast 40 Jahren Existenz noch immer in dunklen Kellerlöchern konzertiert den Schritt nach oben nie so richtig schaffte. Während Testament ihre Alben seit Längerem überproduzieren, Death Angel sich nur mehr selbst zitieren und man über Metallica eh kein Wort verlieren braucht, versuchen Sänger Eric A.K. und Co. zumindest immer neue Facetten aus ihrem Subgenre herauszukitzeln. Hier zum Beispiel der verstärkte Fokus, den schnittigen Riffkanonaden eine epische Power-/Heavy-Metal-Stimme á la Bruce Dickinson entgegenzustellen. Für Slayer-Fanaten ist das Ergebnis wohl zu melodisch, aber Flotsam & Jetsam begeistern ungebrochen mit Spielfreude und hoher Qualität. Man höre etwa „A Place To Die“ oder „Burn The Sky“. 7,5/10 Kronen

Hildegard - Hildegard
Im Pop geht es um die Suche nach dem Unbekannten. Nach einer frischen Zugangsweise und einer Form, wie man sich oder Teile des Genres am besten neu erfinden kann. Ob das gelingt, beurteilt die Zeit, aber das neu formierte Duo Hildegard aus Montreal versucht es auf dem Debüt nach Kräften. Helena Deland und Ourielle Auvé vermischen Techno-Beats mit zeitgemäßem, flottem Pop und flechten unterschiedliche Arten der elektronischen Instrumentierung in den Sound. So klingen die schlicht „Jour“ eins bis acht betitelten Songs zuweilen experimentell, träumerisch, zugänglich oder extensiv. So wie es die Situation verlangt und wie das Leben manchmal spielt. Grenzen oder bestimmte Stilrichtungen sind dem Duo fremd. Das verspricht viel für die Zukunft. 7/10 Kronen

James - All The Colours Of You
Was wären die 90er-Jahre und die gesamte Madchester-Szene und die grandiosen James gewesen? Eine Kultband, die Alternative Rock und Post-Punk so geschickt zusammenbaue, dass dabei auch die Tanzleiber zuckten. Nach der Reunion 2007 haben Tim Booth und Co. relativ problemlos wieder die oberen Chartsphären erobert, aber mit „All The Colours Of You“ gelingt ihnen das absolute Masterpiece seit der gefeierten Wiedergeburt. Die Mischung aus den typischen Genre-Hymnen („Wherever It Takes Us“) und abgedrehten Indie-Spielereien ist ebenso gegeben wie eine genau richtig akzentuierte Gemengelage aus Pathos und jovialer Neugierde. Nur wenige Bands reifen im Alter noch so gut wie James - schon gar nicht nach 40 Jahren brutto. Ein großes Bravo! 8/10 Kronen

Japanese Breakfast - Jubilee
Wahrlich lange genug mussten ihre Fans auf das heiß ersehnte dritte Studioalbum warten, doch Michelle Zauner aka Japanese Breakfast überzeugt auf „Jubilee“ fast schon erwartungsgemäß auf allen Linien. Die nach Amerika emigrierte Südkoreanerin ist und bleibt die Blaupause für mitreißenden, luziden und paralysierenden Dream-Indie-Pop und singt/musiziert sich in Tracks wie „Paprika“, „Be Sweet“ oder dem emotionalen „Sit“ in lichte Klanghöhen. Anstatt sich wie bei den Vorgängern der Trauer zu widmen, setzt sie auf Uplifting-Klänge, fröhliche Songstrukturen und das tröstende Gefühl, dass die Welt gar nicht so schlimm ist, wie wir oft glauben. 80s-Art-Pop á la Prefab Sprout trifft auf Synthie-Chic und eine zeitgemäße Produktion. Eine echte Perle, die Japanese Breakfast nochmal eine Liga weiter nach oben katapultiert. 8/10 Kronen

June In October - My Feet On Solid Ground
Chuffdrone, Merve, Soap & Skin oder die Orwa Saleh Band - nur ein paar der unterschiedlichen musikalischen Spielwiesen auf denen sich die österreichische Kontrabassistin Judith Ferstl bislang durchaus geschickt bewegte. June In October nennt sich nun ihr neues Projekt, das war absolut gar nichts mit Death In June, aber umso mehr mit gut durchdachter, frischer und hochwertig arrangierter Kunst zu tun hat. Kammermusik mit Pop-Appeal und einer kleinen Prise Jazz ist das klangliche Mantra der Band rund um die Wiener Neustädterin, die sich mit den Erfahrungen und Erlebnissen der letzten Jahre auseinandersetzt und dabei genauer analysiert, dass man mit den Füßen immer am Boden bleiben sollte in guten wie in weniger guten Zeiten. Nur vielleicht nicht unbedingt beim Hören des Albums. Da sollte man sich einfach überraschen und abholen lassen. 7/10 Kronen

Killing Addiction - Mind Of A New God
In Zeiten wie diesen wird ohnehin alles und jedem ein „Kult“-Markerl umgehängt, was bedeutet, man muss genau schauen, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Die Florida-Death-Metaller von Killing Addiction existierten erstmals zwischen 1989 und 1998 und kamen 2006 wieder zurück. Dementsprechend ist „Mind Of A New God“ erst das zweite Studioalbum des Underground-Kollektivs, das Debüt datiert aus dem Jahr 1993. Dazwischen gab es unzählige EPs und diverse Liveshows. Wunderdinge darf man sich im Killing-Addiction-Camp dementsprechend nicht erwarten, denn der technisch und hochbrutale Metall erinnert am ehesten an Incantation, ober an deren kompositorische Finten ranzukommen. Wenn es stumpfer wird, blitzt auch Immolation durch, aber im Großen und Ganzen bleibt das Ganze ein eher durchschnittlicher Erguss. 5,5/10 Kronen

King Buffalo - The Burden Of Restlessness
Das US-Stoner-Kollektiv King Buffalo hat die Corona-Pandemie auf ganz besondere Weise genützt. Sean McVay, Dan Reynolds und Scott Donaldson wollen ihre Fans heuer mit gleich drei Alben beglücken, das hier vorliegende „The Burden Of Restlessness“ rollt den bunten Kreativreigen schon einmal würdig ein. Große Überraschungen oder kompositorische Finten braucht man freilich nicht suchen, denn King Buffalo wissen mit ihrer reichhaltigen Erfahrung schon gut genug, wie man die Genre-Kuh am Besten melkt. Dass das Album aber doch sehr düster und vergleichsweise destruktiv ausgefallen ist, fällt dann im Vergleich mit vergangenen Liedern doch deutlicher auf. Fans trockener Wüsten-Sounds und cool gestimmter Gitarren geht das sowieso runter wie Öl. 6,5/10 Kronen

Liz Phair - Soberish
Liz Phair kann man durchaus als amerikanische Aufklärungslegende bezeichnen. Die heute 54-Jährige aus New Haven in Connecticut begeistert vor allem in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre mit bekömmlichen Rocksongs, deren Inhalte sich um Liebe, Sex, Geschlechterrollen und Zwischenmenschlichkeit drehten. In einer Zeit vor Social Media war das nicht nur für die Generation „Dawson’s Creek“ wichtig und bahnbrechend. 28 Jahre nach ihrem sensationellen Debütwerk schließt sie mit „Soberish“ fast an die alten Stärken an und liefert ein sommerlich-luftiges, aber inhaltlich durchaus kantiges Pop-Rock-Werk á la Alanis Morissette, nur noch viel zugänglicher und beschwingter. Sound und Attitüde sind eine Zeitreise zurück in die seligen 90er. Gibt Schlimmeres. 7/10 Kronen

Gary Louris - Jump For Joy
Musikalische Feinschmecker und Liebhaber pyschedelisch-rockiger Klänge kennen Gary Louris vornehmlich von den Jayhawks, Corona sei Dank hatte aber auch Zeit und zeigt sich erstmals seit 2008 wieder im kompletten Sologewand. Wobei, so ganz stimmt das nicht, denn die ältesten Aufnahmen auf „Jump For Joy“ datieren laut der charismatischen Düsterstimme zurück auf die 00er-Jahre, aber jetzt war Zeit, um diese alten Relikte wieder auszugraben. Solo hat Louris mehr Möglichkeiten, aus seinem üblichen Kanon auszubrechen und düstere Emotionen mit leichtfüßigen Momenten zu vermischen. „Jump For Joy“ könnte auch von Matt Berninger stammen, würde der ein bisschen weniger Rotwein süffeln. Macht sich gut im Plattenschrank! 7/10 Kronen

Mndsgn - Rare Pleasure
Hinter dem Pseudonym Mndsgn (ja, Vokale sind im hippen Musikgeschäft noch immer out) befindet sich Vollblutmusiker und Klangtüftler Ringgo Ancheta, der bereits vor drei Jahren an diesem Album zu arbeiten begann. Eine waidwunde, wilde Mischung aus Jazz, R&B, Psychedelic, Soul, sanftem Pop und Soundtrack-Kulissen, die Melodielastigkeit und kompositorische Wärme bewusst in den Vordergrund stellen. Mit einer ganzen Wagenladung an profunden und famosen Musikern bewegt sich in meist sehr kurzen Songs durch die wiederkehrenden Momente des Lebens, die seltenen Vergnügen der guten Stimmung, die man speichern und möglichst lange festhalten sollte. Die Erforschung des Zustands eines Menschen steht bei Ancheta stets im Mittelpunkt. Das tut er zeitlos und konziliant, manchmal aber doch ein bisschen langatmig. 6,5/10 Kronen

Modern Modern Life - Hard Copy EP
Frank Colucci stammt aus London, ist Künstler, Produzent und ein großer Freund von knackigen Beats. Während der Pandemie hatte auch er ausreichend Zeit für neue Musik und bastelte eifrig an seiner rein digital erhältlichen EP „Hard Copy“ (welch Oxymoron), die er als Modern Modern Life nun der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. Dance-Tracks wie „How Ya Been?“, „London Wants You There“ oder „Get Out Of Love“ zeigen Modern Modern Life in bester Tradition von erfolgreichen Kapazundern wie Bonobo oder Caribou, nur dass Colucci versucht, durch die melancholische Side-Note eine eigene Farbe in das Klangbild zu bringen. Clubs, öffnet endlich! Ohne Bewertung

Tina Naderer - Ohne Filter
Mehrals zwei Jahre lang hat die junge Niederösterreicherin Tina Naderer an ihrem Debütalbum „Ohne Filter“ gearbeitet und die immer mehr werdenden Fans mit fünf verschiedenen Singles darauf vorbereitet. Der Albumtitel ist Programm, zeigt das Werk die Künstlerin in Songs wie „Bleibst du bei mir“, „Richtig falsch“ oder „Was ich will“ von einer familiären, ungeschminkten und ehrlichen Seite. Etwas, dass der Generation TikTok und Instagram in ihrem Selbstinszenierungswahn zunehmend verlustig geht. Naderer bildet das große Überthema „Liebe“ in all seinen Facetten ab und vermischt dabei ihren noch jungen Erfahrungsschatz mit einer sympathischen Unbeschwertheit, die sich gut ins Formatradio-Popkorsett quetscht. 7/10 Kronen

Oslo Tapes - Ør
Manchmal sind Vergleiche in Presseinfos wirklich hanebüchen, andere Male treffen sie aber komplett ins Schwarze. Die Oslo Tapes kommen nicht aus dem hohen Norden, sondern aus Italien, huldigen der kühlen Europahälfte mit dem neuen Werk „Ør“ aber in adäquater Art und Weise. Wobei - der Sound ist vornehmlich britisch, denn zwischen den traumwandlerischen, fast schon extraterrestrischen Songstrukturen wandelt die Band zwischen My Bloody Valentine, Portishead und Massive Attack. Jawohl, alles sehr zutreffend. Vor allem dann, wenn wie in „Bodø Dakar“ oder „Exotic Dreams“ der Experimentierfreude und dem Jam-Session-Charakter keine Grenzen gesetzt sind. Den Nine-Inch-Nails-Touch kann ich auf der norwegischen Vertonung zwar nicht herausfiltern, aber das tut der Qualität auch keinen Abbruch. Wirklich sehr gelungen! 7/10 Kronen

Red Fang - Arrows
Das versiffte Krachkollektiv aus Portland, Oregon hat sich während der Pandemie nicht unbedingt mit guter Laune zugedeckt. Red Fang gab es jedenfalls schon mal etwas lebensbejahender und fröhlicher als auf „Arrows“, dem ersten Album nach fünf Jahren Wartezeit. Den dreckigen Sludge-Anteil hat man zugunsten einer 70s-Rock-näheren Ausrichtung und dem Versuch von etwas mehr Schwermut in bester Drone-Manier (ohne aber an Drone zu streifen, wenn ihr versteht) zu verwässern. Mit Songs wie „Unreal Estate“, dem groovende „Anodyne“ oder dem zerrütteten, schweren Stampfer „Dr. Owl“ hat man ein paar richtige Highlights an Bord, so richtig in Fahrt kommen Red Fang aber im Laufe der gesamten Spielzeit nicht. Irgendwie schade, denn die Ansätze wären grundsätzlich da. 6/10 Kronen

Rise Against - Nowhere Generation
Bei der hochpolitischen US-Truppe Rise Against scheiden sich die Geister. Es gibt die Fraktion, die die ungestümen und wilden Punkrock-Alben der frühen Jahre bis heute feiern und danach ausstiegen und jene Fraktion, die ihren Weg zur großen Hallenband mit zugänglicheren Pop-Punkrock-Klängen bevorzugen. Aus dieser Schiene kriegt man Tim McIlrath und Co. heute nicht mehr raus, das zeigt uns auch die brandneue Scheibe „Nowhere Generation“, aber wo sich andere Bands gerne aus allem raushalten ist die Wut über die politischen Verhältnisse in den USA hier noch immer so hoch wie in den Frühtagen - auch wenn man das nicht mehr so gut hört. Die Hymnenlastigkeit ist hoch, überraschen oder hinterm Baum hervorholen tut man mit den Songs aber niemanden mehr. Schade, denn der kompositorische Stillstand wird langsam wirklich anstrengend. 5,5/10 Kronen

Rostam - Changephobia
Wenn man sich schon einen Namen im Musikbusiness erschaffen hat, dann kann man auch groß damit in den Vordergrund rücken. Vampire Weekends Rostam macht das etwa im Video zum Song „From The Back Of A Cab“, wo sich u.a. Haim oder Charli XCX, grandiose Künstlerinnen, mit denen er arbeitete, tummelten. „Changephobia“ ist Rostam Batmanglijs zweites Soloalbum und kommt den Ursprüngen seiner Hauptband näher, als deren hochpolitisch interessierter Frontmann Ezra Koenig das heute für gut hält. Der Sprung von hippen Electro-Indie zu sanften Piano-Passagen ist dabei ebenso kurz, wie die Themenpalette zwischen Homophobie, Reiselust und Zukunftsveränderungsangst breit ist. Macht Sinn und Lust auf mehr. 7/10 Kronen

Squarepusher - Feed Me Weird Things
Unglaubliche 25 Jahre sind ins Land gezogen, seit Klangästhet Tom Jenkinson mit seiner Squarepusher-Debütplatte „Feed Me Weird Things“ die alternative Musikwelt für immer veränderte. Die Mischung aus Acid-Licks, abgedrehter Elektronik, Jenkinsons abgefahrenem Bassspiel und einem wahren Rausch zwischen futuristisch-industrieller Elektronik, Jazz und Ambient-Atmosphäre hat damals verstört und begeistert zugleich und auch zweieinhalb Dekaden später nichts von seiner Dringlichkeit verloren. Songs wie „Tundra“ oder „Theme From Ernest Borgnine“ haben nichts von ihrer wirren Magie verloren. Jetzt ist das bahnbrechende Squarepusher-Werk erstmals auch auf den gängigen Streamingplattformen hörbar. Gut so! Ohne Bewertung

Van Canto - To The Power Of Eight
Acht Musiker und achtes Album - es macht durchaus Sinn, das hier vorliegende Werk schlicht „To The Power Of Eight“ zu tauchen. Mehr als 20 Jahre ist die Metal-A-Capella-Band Van Canto mittlerweile sehr erfolgreich unterwegs und vertraut außerhalb der Stimmkraft nur auf ein Schlagzeug, ansonsten sind die Hilfsmittel nicht erlaubt. Was sich noch heute etwas kurios anhört, ist seinen Exotenfaktor auch nie ganz losgeworden. Geschickt covert sich die Band durch Songs von AC/DC, Amon Amarth oder Iron Maiden und gibt Tracks wie „Raise Your Horns“ oder „Run To The Hills“ eine ganz eigene Note, die vor allem bei großen Spaßfestivals ungebrochen überzeugen. Mir persönlich ist das zu viel Zirkus, aller fraglosen hohen Stimmfähigkeiten zum Trotz. 5/10 Kronen

Wolf Alice - Blue Weekend
Das Zweitwerk „Visions Of A Life“, das vor drei Jahren auch mit dem renommierten „Mercury Prize“ prämiert wurde, klingelt noch immer wohlig in den Ohren. Wolf Alice vermischten Grunge, Alternative Rock und kratzbürstigen Pop darauf so geschickt wie kaum wer zuvor. Gekrönt von der zarten Stimme Ellie Rowsells entstand daraus eine wundervolle Mischung aus den 90ern, 00ern und der Gegenwart. „Blue Weekend“ ist nun das schwere „Make it or break it“-Drittwerk, der an Aggression deutlich abgenommen hat. Grungige Ausritte á la „Play The Greatest Hits“ kommen nur äußert selten vor und die Kompositionen waren in den Arrangements schon mal spannender. Sobald aber Roswell singt und sich die Gitarren doch schön an ihr Timbre schmiegen weiß man wieder, warum der Hype real ist. Wolf Alice sind ein bisschen wie die jungen Garbage - spannend und dringlich. Das macht Hoffnung für weitere Glanztaten in der Zukunft. 7,5/10 Kronen

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