„Krone“-Kolumne

Menschenschlangen

Kolumnen
18.05.2021 06:00

Ich hasse sie. Aus tiefster Seele. Schon als Kind habe ich sie gehasst.

In der Schule, wenn es hieß, „anstellen!“

Vor den Kinokassen, wenn ich am Sonntag Oliver Hardy und Stan Laurel sehen wollte und die Schlange sich plötzlich auflöste, weil’s keine Karten mehr gab.

Vor der Omnibushaltestelle, wenn es regnete. Und der Bus nicht und nicht kam.

Später dann die Schlange vor der Oper um Stehplätze, in der du nur in der Nacht vor der Vorstellung eine Chance hattest.

Ich hasste und hasse die Schlangen von Menschen wegen ihres Dünstens, ihres Schweißgeruchs, ihrer Nähe, ihrer Berührungen, ihrer billigen Vertrautheit, ihrer Konversation.

Du bist der Schlange ausgeliefert, machtlos gegen sie. Sie ist die Mehrheit, die Starke. Du die Minderheit, der Schwache.

Nur gefürchtet habe ich mich nie vor Menschenschlangen. Sie kümmerten mich nicht, denn ich lernte, sie zu meiden.

Aber vor den Menschenschlangen am 19. Mai habe ich Angst. Wenn sie sich vor den Wirtshäusern, Restaurants, Biergärten und Kaffeehäusern bilden. Gierig, wild, undiszipliniert.

Ich werde sie zwar auch meiden, aber das hat keine Bedeutung. Denn die Schlangen am 19. Mai sind gefährlich.

Sind Virusschlangen, Coronapythons.

Nur wenn alle sie meiden, hat der Lockdown einen Sinn gehabt.

Aber ich fürchte ...

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