Tod durch Stress

Abholzung und Umsiedlung machen Koalas zu schaffen

Wissenschaft
10.11.2009 12:56
Kinder mit weit aufgerissenen Augen warten im Gorge Wildlife Park darauf, "Violet" in den Arm zu nehmen und zu streicheln. "Violet" ist ein zahmes Koala-Weibchen, ein gesundes Tier. Aber ihre Artgenossen in der Wildnis sind bedroht - durch Stress. Denn Abholzung und Umsiedlung durch die Menschen machen den kuscheligen Tieren zu schaffen, und sie werden dadurch anfälliger für eine Erkrankung, die 50 bis 90 Prozent aller Tiere trifft.

"Die Koalas stecken in ernsten Schwierigkeiten", sagt der Wissenschaftler Frank Carrick, der an der Universität von Queensland arbeitet. Landesweit Beachtung fand das Problem im Sommer mit dem Tod des berühmten Koala-Weibchens "Sam". Es litt unter einer Chlamydien-Infektion und war von der Krankheit so stark gezeichnet, dass Tierärzte in einer Operation die einzig mögliche Rettung sahen. Aber "Sams" Organe waren schon so angegriffen, dass ein medizinischer Eingriff sinnlos gewesen wäre und der Koala eingeschläfert werden musste. Das Tier hatte im Februar während der verheerenden Buschbrände für weltweite Schlagzeilen gesorgt, als es beim Trinken aus einer Wasserflasche eines Feuerwehrmannes in einem glühenden Wald fotografiert wurde.

Vor allem unter Stress erkranken Koalas an einer Chlamydien-Infektion – bis ähnlich wie beim Menschen dann eine Erkältung ausbricht. Das Virus führt zu Infektionen unter anderem der Augen, der Atemwege und der Geschlechtsorgane, kann Unfruchtbarkeit, Erblindung und den Tod der Tiere zur Folge haben. Deborah Tabart von der Australian Koala Foundation drängt die Regierung daher, nach dem Tod von "Sam" aktiv zu werden und die Koalas auf die Rote Liste der bedrohten Tierarten zu setzen.

Massive Abnahme der Koala-Population
Schätzungen der Tierschutzorganisation zufolge leben heute weniger als 100.000 Koalas in Australien. Zählungen durch die Landesregierung belegen eine gewaltige Abnahme, und es gibt klare Hinweise, dass bereits viele Populationen wegen einer Chlamydien-Infektion ausgelöscht wurden, wie der Wissenschaftler Carrik erklärt.

Größere Populationen sind entlang der Ostküste in den Staaten Queensland und New South Wales zu finden. An der "Koala-Küste" im Südosten von Queenslands gibt es eine der bedeutendsten Koala-Populationen des Landes. Allerdings ist laut einer Studie der Regierung von Queensland aus dem Jahr 2008 die Zahl der Koalas um 64 Prozent gesunken, von mehr als 6.200 Tieren im Jahr 1999 auf 2.800 im vergangenen Jahr.

Auch Verkehrsunfälle und Angriffe durch Hunde kosten viele Koalas das Leben. 60 Prozent der Tiere starben dem Bericht zufolge jedoch an einer Chlamydien-Erkrankung. "Wir müssen lernen, mit unseren heimischen Arten zusammenzuleben, stattdessen greifen wir in ihren natürlichen Lebensraum ein", sagte Tracy Goodman während eines Besuches im Gorge Wildlife Park. "Der Schutz der Koalas muss gesetzlich festgeschrieben werden."

Ein Regierungsausschuss für bedrohte Tierarten kam zwar 2006 zu dem Schluss, dass der Populationsrückgang der Koalas nicht unbedingt das ganze Land treffe. Die Beuteltiere seien außerdem belastbar genug, um in kleinen, nicht zusammenhängenden Gebieten zu leben. Umweltminister Peter Garrett ordnete inzwischen aber eine Überprüfung der staatlichen Schutzmaßnahmen an. Die Situation habe sich offenbar geändert, sagte er. Die Zahlen seien "nicht so, wie ich sie gerne hätte".

Artenschutz wie bei Pandabären gefordert
Sowohl New South Wales als auch Queensland haben daraufhin verstärkt Schutzmaßnahmen ergriffen. Carrick appelliert dennoch an die Regierung in Canberra, sich endlich mit der Angelegenheit zu befassen. "Wenn die Koalas nicht von nationaler Wichtigkeit sind, was um Himmels willen ist dann von Bedeutung?", sagt er. "Koalas sollten genauso wie die Pandabären in China unter Artenschutz stehen."

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