'Go' für Ausweisung

Nazi-Scherge Demjanjuk scheitert vor US-Gericht

Ausland
01.05.2009 17:52
Im Kampf gegen seine Ausweisung aus den USA nach Deutschland hat der frühere KZ-Aufseher John Demjanjuk (im Bild bei seiner Verhaftung vor rund zwei Wochen) vor Gericht eine Niederlage erlitten. Ein Berufungsgericht in Cincinnati im Bundesstaat Ohio wies am Freitag seinen Antrag ab, das Ausweisungsverfahren zu stoppen, und machte damit den Weg für eine Überstellung Demjanjuks nach Deutschland frei. Dessen Verteidiger erwogen den Weg zum Obersten Gericht in Washington.

Demjanjuks Anwälte hatten geltend gemacht, dass der Transport des 89-Jährigen nach Deutschland und ein Strafprozess angesichts des Gesundheitszustands ihres Mandanten der Folter gleich käme und deswegen illegal wäre. In ihrem Urteil wiesen die Richter dies nun ohne Einschränkung zurück. Demjanjuk und seine Anwälte seien den Beweis schuldig geblieben, dass ihm durch die Überstellung nach Deutschland Folter drohe. "Er hat allenfalls Spekulationen vorgelegt, dass sich die deutschen Behörden möglicherweise nicht angemessen um seine medizinischen Bedürfnisse kümmern", heißt es in dem Urteil.

Ex-KZ-Aufseher nicht zu krank für Flug
Auch das Argument, dass Demjanjuk den langen Flug nach Deutschland nicht überstehen könne, wiesen die Richter zurück. Auf Grundlage eines medizinischen Gutachtens zu Demjanjuks Gesundheitszustand seien sie zu dem Schluss gekommen, dass Demjanjuk der Flug in einer Maschine mit medizinischer Einrichtung und ärztlichem Personal zugemutet werden könne. Das Risiko "irreversibler Schäden" sei nicht groß genug, um einen Stopp der Abschiebung zu rechtfertigen.

Sohn kritisiert Richterspruch als "unmenschlich"
Demjanjuks Sohn John Demjanjuk Jr kritisierte den jüngsten Richterspruch als "unmenschlich". Er kündigte an, einen Gang vor das Supreme Court in Washington zu prüfen. Außerdem habe ein deutscher Anwalt seines Vaters vor dem Verwaltungsgericht Berlin Klage gegen die deutsche Bundesregierung eingereicht, um die Auslieferung zu verhindern. Bereits im vergangenen Jahr hatte sich Demjanjuk an das Oberste US-Gericht gewandt, dieses nahm seinen Fall aber nicht zur Verhandlung an.

Das Berufungsgericht in Cincinnati hatte dem 89-Jährigen eine Frist bis Ende April für eine gründliche ärztliche Untersuchung eingeräumt. Damit hatte es die Überstellung Demjanjuks fast in letzter Minute verhindert; die Einwanderungsbehörden hatten den Rentner bereits daheim abgeholt, um ihn zum Flughafen zu bringen.

Anwalt klagt Bundesrepublik Deutschland
Demjanjuks deutscher Rechtsanwalt Ulrich Busch klagte am Donnerstag beim Verwaltungsgericht Berlin auf eine Rücknahme der Aufnahmeerklärung, welche die Bundesrepublik für Demjanjuk abgegeben hat. Der 89-Jährige sei "schwer krank" und leide unter "schwerem Schmerz", heißt es in der Klage, die AFP vorliegt. "Der Mandant ist daher, allein gelassen, überhaupt nicht lebensfähig und überlebensfähig." Der Anwalt wirft den deutschen Behörden vor, mit ihrer Zustimmung zu einer Überstellung Demjanjuks nach Deutschland das Gesetz umgangen zu haben. Die deutsche Bundesregierung hätte stattdessen einen Antrag auf Auslieferung stellen müssen.

Beihilfe zum Mord in 29.000 Fällen
Dem gebürtigen Ukrainer wird Beihilfe zum Mord in 29.000 Fällen zur Last gelegt. Er soll 1943 für ein halbes Jahr zu den Wachmannschaften des NS-Vernichtungslagers Sobibor im damals von Deutschland besetzten Polen gehört haben. Demjanjuk muss sich in München vor Gericht verantworten, da er vor seiner Auswanderung in die USA in der Nähe der bayerischen Landeshauptstadt lebte.

Bei einer Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord droht Demjanjuk eine Haftstrafe von drei bis 15 Jahren in jedem einzelnen Fall. Wegen einer Verwechslung mit einem als "Iwan der Schreckliche" berüchtigten KZ-Aufseher in Treblinka hatte er in Israel bis 1993 sechs Jahre lang in der Todeszelle gesessen. Einem Dienstausweis und Zeugenaussagen zufolge soll Demjanjuk tatsächlich in Sobibor gewesen sein. Er behauptet dagegen, er sei nur Kriegsgefangener gewesen.

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