Furcht vor Verboten

“Obama-Ausverkauf” in US-Waffengeschäften

Ausland
18.02.2009 10:24
Ausgerechnet die Waffenlobby preist dieser Tage Barack Obama. Jack Murray, Waffenhändler aus Alaska, nennt den neuen US-Präsidenten sogar "den besten Verkäufer, den wir in den letzten 50 Jahren hatten". Seit den US-Wahlen am 4. November floriert der Handel mit Pistolen, Gewehren und Munition in den USA wie schon lange nicht mehr. Waffen-Fans treibt die Angst, Obama könne schon bald strengere Gesetze zum Verkauf von Schusswaffen erlassen, scharenweise in die Geschäfte. "Wir nennen es den Obama-Effekt", sagt Sam Everhart, Inhaber eines Waffenladens im Bundesstaat North Carolina. Wie viele andere hat er in den letzten drei Monaten Rekordumsätze verbucht.

Im November und Dezember sind nach neuen Angaben der Bundespolizei FBI mehr als drei Millionen Anträge auf einen zum Waffenkauf notwendigen "Criminal Background Check" eingegangen. Dieses Papier, mit einem polizeilichen Führungszeugnis vergleichbar, wurde innerhalb von nur zwei Monaten niemals vorher so oft beantragt. Für die waffenkritischen Demokraten ist das ein gespenstisches Szenario.

Das in einem Verfassungszusatz verbriefte Recht der Amerikaner, Waffen zu tragen, ist tief im Selbstverständnis weiter Teile der Bevölkerung verwurzelt. Es geht auf das Bedürfnis der Gründerväter zurück, sich in Gegenden der Gesetzlosigkeit zur Wehr setzen zu können. Vor allem nach Waffenmissbrauch, etwa bei Amokläufen in Schulen oder Universitäten, geriet die Diskussion über den privaten Waffenbesitz immer wieder in die Schlagzeilen.

US-Bürger fürchten Gesetzesnovelle
Seit sich Obama für Eric Holder als Justizminister entschieden hat, sehen Waffenfreunde ihre Furcht bestätigt, die neue Regierung würde ihre Rechte beschneiden. "Die Leute haben Angst davor, dass demnächst neue Beschränkungen erlassen werden, deshalb kaufen sie jetzt auf Vorrat", so Waffenhändler Everhart. Als stellvertretender Justizminister in der Clinton-Regierung hatte Holder sich wiederholt für stärkere Regulationen im privaten Schusswaffenbesitz eingesetzt. So sprach er sich etwa für eine dreitägige Wartezeit beim Kauf eines Revolvers aus. Jeder Kunde solle maximal eine Waffe im Monat kaufen dürfen. Waffenverkaufsshows, so etwas wie Flohmärkte für Gebrauchtwaffen, sollen verboten werden.

"Diese Regierung hat es auf unsere Freiheit abgesehen", erklärt auch Wayne LaPierre, Vizepräsident des mächtigen US-Verbandes der Waffenbesitzer "National Rifle Association" (kurz: NRA). Dabei hatte Obama im Dezember vergangenen Jahres wiederholt abgewiegelt. Er sei ein Verfechter "vernünftiger" Waffengesetze, sagte er, aber er erkenne auch das Recht auf Waffenbesitz an. "Rechtmäßige Waffenbesitzer haben nichts zu befürchten."

Doch La Pierre und auch NRA-Sprecher Andrew Arulanandam haben von Anfang an an diesem Versprechen gezweifelt. "Es sind nicht Obamas Worte, sondern es ist seine bisherige Einstellung zum Besitz von Schusswaffen", sagt Arulanandam. So habe er sich schon vor der Präsidentschaftskandidatur für Verbote von Schusswaffen und Munition sowie für eine Anhebung der Waffensteuer um bis zu 500 Prozent ausgesprochen.

Auch bei Clinton gab's Verkaufsrekord
Noch bringt die Angst vor Obama den Händlern Profit. Nach der Wahl Bill Clintons zum Präsidenten sei die Situation ähnlich gewesen, erinnert sich Rick Gray aus Las Vegas. "Clinton war der beste Verkäufer, den die Waffenindustrie je hatte, und Obama tritt gerade in seine Fußstapfen", zitiert die "New York Times" den Waffenhändler. Jack Murray aus Alaska berichtet, am Tag nach Obamas Wahl habe er mehr Pistolen und Gewehre verkauft als je zuvor seit dem 21-jährigen Bestehen seines Geschäftes. "Auf dem Weg zur Bank habe ich vor Freude fast geweint."

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