Klage abgewiesen

Niederlande für Srebrenica-Massaker nicht haftbar

Ausland
10.09.2008 15:46
Die Niederlande können für das Versagen ihrer UN-Blauhelmsoldaten während des Massakers an etwa 8.000 bosnischen Muslimen vor 13 Jahren in Srebrenica nicht haftbar gemacht werden. Forderungen von zwei bosnischen Familien nach staatlicher Wiedergutmachung für den Tod ihrer Angehörigen während des inzwischen offiziell als Völkermord eingestuften Massakers durch bosnisch-serbische Milizen wies das Landgericht in Den Haag am Mittwoch ab.

Die Kläger kündigten unmittelbar nach dem Urteil an, in Berufung zu gehen. Sie wollen alle Möglichkeiten bis zur höchsten Instanz des Landes ausschöpfen, um Wiedergutmachung für das mutmaßliche Fehlverhalten der niederländischen UN-Kommandanten angesichts des schwersten Kriegsverbrechens in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges durchzusetzen.

"Wurde schon so oft betrogen"
Vor dem Landgericht in Den Haag hatten Hasan Nuhanovic (im Bild) - der frühere Dolmetscher des "Dutchbat" genannten niederländischen Blauhelm-Battailons - sowie die Familie des ebenfalls bei den Niederländern beschäftigten Elektrikers Rizo Mustafic geklagt. Der Dolmetscher hatte in dem Verfahren geschildert, wie er damals die Weisung zum Verlassen des Stützpunkts für seine Familie übersetzen musste. Seine Mutter und sein Vater hätten geweint. Aber sein damals 22-jähriger Bruder habe gesagt: "Hasan, bettele sie nicht weiter um unser Leben an". Zum von Richter Hans Hofhuis verkündeten Urteil sagte der 40-Jährige: "Ich wurde in meinem Leben schon so oft betrogen. Der Alptraum geht weiter". Er werde in die Berufung gehen.

"Staat kann nicht zur Verantwortung gezogen werden"
"Der Staat kann nicht für Aktionen von Dutchbat zur Verantwortung gezogen werden", erklärte der Vorsitzende Richter Hofhuis. Zur Begründung führte er an, dass die niederländischen Militärs in Bosnien auf Weisung und mit Mandat der Vereinten Nationen und nicht unter direktem Befehl ihrer Regierung agierten. Im Juli hatte dasselbe Gericht bereits eine Klage gegen die UN zurückgewiesen und erklärt, die Weltorganisation sei durch die UN-Charta vor juristischer Verfolgung geschützt.

Anwälte der Regierung hatten während des Verfahrens geltend gemacht, dass die niederländischen Blauhelm-Soldaten kein ausreichendes Mandat des UN-Sicherheitsrates für Angriffe auf die Mörderbanden hatten. Zudem hätten sie nur über leichte Waffen verfügt und seien den schwer bewaffneten bosnisch-serbischen Milizen auch zahlenmäßig unterlegen gewesen.

Ungeachtet dessen seien die holländischen Soldaten damals nicht ihrem Auftrag nachgekommen, das Leben bedrohter Menschen zu schützen, erklärte die Hinterbliebenen-Anwältin Liesbeth Zegveld. Hunderte Angehöriger von Massaker-Opfern hatten gehofft, durch eine Urteil im Sinne der Kläger nun Forderungen nach Schadenersatz bei der niederländische Regierung geltend machen zu können.

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