Paukenschlag in Wien

Zu viele Skandale: KAV-Chef musste gehen

Österreich
20.03.2017 09:43

Paukenschlag im Wiener Gesundheitswesen: Wie die "Krone" bereits vor der offiziellen Bekanntgabe erfahren hatte, hat Udo Janßen am Montag seinen Hut als Chef des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV) nehmen müssen! Ganz so überraschend kommt das allerdings nicht: Rund um Janßen gab es in der jüngsten Vergangenheit einen Skandal nach dem anderen. So wurde etwa bekannt, dass er monatlich ein Gehalt von 24.000 Euro brutto einstreift, Krankenpfleger dagegen ihren Lohn um Monate verspätet ausbezahlt bekommen.

Janßen, der sein Amt im November 2014 angetreten hatte, verlasse mit dem heutigen Tag den KAV, teilte Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz Montagvormittag mit. Die interimistische Leitung übernehmen seine beiden bisherigen Stellvertreter Thomas Balazs und Evelyn Kölldorfer-Leitgeb. Die Position des Generaldirektors werde ausgeschrieben, sobald die künftige Organisationsform des Krankenanstaltenverbundes feststeht, sagte Frauenberger.

Janßen ab sofort freigestellt
Janßen sei ab sofort vom Dienst freigestellt, nun gehe es darum, die Auflösung des Vertrags, der noch bis 2019 gelaufen wäre, zu verhandeln. Die ärztlichen Agenden in der Generaldirektion des Krankenanstaltenverbundes wird in dieser Zeit Michael Binder, Leiter des Health Care Managements im KAV, übernehmen.

Frauenberger: "Vertrauen ist verloren gegangen"
Als Grund für die Trennung von Janßen nannte Frauenberger fehlendes Vertrauen. Der KAV befinde sich an einem entscheidenden Punkt, da das Spitalskonzept 2030 nun umgesetzt werde. "In dieser sensiblen Phase ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Führung, das Management bzw. das Personal in den Häusern und die politischen Entscheidungsträger an einem Strang ziehen", sagte sie. "Dafür braucht es gegenseitiges Vertrauen - und dieses Vertrauen ist verloren gegangen."

Über offene Ansprüche von Janßen könne sie zu diesem Zeitpunkt nichts sagen, so Frauenberger. Die Vorgangsweise sei selbstverständlich in Übereinstimmung mit Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) getroffen worden, versicherte sie.

Schwere Verfehlungen in Wiens Gesundheitswesen
Nach dem Rücktritt von Wiens Ex-Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) Mitte Jänner waren die Verfehlungen in Wiens Gesundheitswesen so richtig ans Tageslicht gekommen. Wehsely hinterließ eine Reihe von Baustellen. Die Kosten des Krankenhauses Nord explodierten und die Gangbetten ließen Patienten verzweifeln. Auseinandersetzungen gab es auch mit der Ärzteschaft, deren Proteste gegen neue Dienstzeitmodelle im Vorjahr in einem Warnstreik gipfelten. An Udo Janßen als Chef des Krankenanstaltenverbundes wurde aber dennoch stets festgehalten.

Die Baustellen von Janßen & Co. im Überblick:

  • Krankenhaus Nord: Die Klinik sollte bereits Patienten versorgen, ist aber noch immer nicht annähernd so weit. Die Opposition glaubt bereits an Kosten von mehr als 1,3 Milliarden Euro. Eröffnet wird, nun ja, vielleicht so 2018/2019.
  • Gangbetten: 87 Patienten mussten im Jänner auf den Fluren der Spitäler des Krankenanstaltenverbundes liegen.
  • Krankenanstaltenverbund: Dauerproblem Udo Janßen, die Ausgliederung usw.
  • Notärzte-Mangel: Konkret geht es um die Pläne, die Notärzte ab April nicht mehr in den Rettungszentralen, sondern in den Krankenhäusern zu stationieren. Was sie dort genau zu tun haben - etwa Patienten in der Ambulanz mitzuversorgen -, ist noch nicht ganz geklärt. Letzte Details werden gerade verhandelt.

Sogar FSG probte den Aufstand gegen Janßen
Sogar die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG), probte in der Vergangenheit den offenen Aufstand gegen Janßen. Auslöser waren jene Zulagen, die den 25.000 Pflegern bereits seit Juli 2016 versprochen waren. Das Geld hätte seit Dezember auf den Konten sein sollen. Inoffiziell kritisierte die FSG auch die mangelnde Unterstützung von Frauenberger oder anderer bedeutender Stadtregierungsmitglieder. Unter Druck gab der KAV schließlich nach: Im April wird ausbezahlt.

ÖVP-Wien-Klubchef Manfred Juraczka zeigte Verständnis für die schlechte Stimmung unter den 25.000 Pflegekräften: "Verständlich: Denn während Skandal-Direktor Udo Janßen monatlich 24.000 Euro brutto einstreift, bekommen die fleißigen Krankenpfleger ihren Lohn um Monate verspätet ausbezahlt." Der Druck von FSG, Medien und von der Wiener ÖVP wurde Stadträtin Frauenberger nun offenbar zu groß - der Rücktritt Janßens war die logische Folge.

Blümel: "Frauenberger muss Reformmaßnahmen endlich einleiten"
Nach der Trennung der Stadt von Janßen richtete die Wiener ÖVP mahnende Worte an Frauenberger. "Sie muss ihre Verantwortung wahrnehmen und die notwendigen und längst überfälligen Reformmaßnahmen in der Wiener Gesundheitspolitik einleiten", so Landesparteiobmann Gernot Blümel. Ihm zufolge seien die Probleme und Verfehlungen der Wehsely-Ära mit dem Austausch einer Person längst nicht erledigt: "Diese Personalentscheidung darf nicht dazu führen, dass die politische Verantwortung weiterhin abgewälzt wird und dies lediglich als Manöver benutzt wird, um von eigenen Versäumnissen abzulenken."

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