Jarablus in Syrien

Erdogan: “Haben IS-Bastion zurückerobert”

Ausland
24.08.2016 20:50

Unterstützt von einer Offensive der türkischen Armee haben syrische Rebellen die IS-Hochburg Jarablus in Nordsyrien an der Grenze zur Türkei am Mittwoch unter ihre Kontrolle gebracht. "Die Freie Syrische Armee hat die Ortschaft zurückerobert", sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in Ankara. Die Kämpfer hätten alle wichtigen Stellen eingenommen, die Stadt sei offenbar vom IS verlassen worden.

Mehr als fünf Jahre nach Beginn des syrischen Bürgerkriegs läuteten türkische Truppen nach Luftangriffen nun erstmals auch eine Bodenoffensive im Nachbarland ein. Der mit Panzern und der Hilfe syrischer Rebellen geführte Angriff auf die IS-Bastion Jarablus wurde durch die US-Luftwaffe unterstützt.

Operation "Schutzschild Euphrat"
Die Operation "Schutzschild Euphrat" sei "gegen Bedrohungen gerichtet", die für die Türkei von Terrororganisationen wie dem IS oder der syrischen Kurdenmiliz YPG ausgingen, erklärte Erdogan. Die IS-Kämpfer in Jarablus hätten sich zurückgezogen oder ergeben. Der IS und syrische Rebellen kämpfen in dem Bürgerkriegsland sowohl gegeneinander als auch gegen die Truppen von Syriens Präsident Bashar al-Assad.

Neben den Panzern hatten am Mittwochmorgen weitere Militärfahrzeuge die Grenze passiert, bei den Insassen handelte es sich laut Medienberichten um Rebellen der gemäßigten Freien Syrischen Armee, die von Ankara unterstützt werden. Jarablus war eine der letzten größeren IS-Bastionen an der Grenze zur Türkei.

Internationale Anti-IS-Koalition unterstützt Luftangriffe
Bei den in der Nacht auf Mittwoch gestarteten Luftangriffen zur Rückeroberung von Jarablus wurde die Türkei von der internationalen Anti-IS-Koalition unterstützt, sagte Erdogan in Ankara. Bereits am Dienstagabend hatte die türkische Regierung die Evakuierung des türkischen Grenzorts Karkamis angeordnet, der gegenüber von Jarablus auf der anderen Grenzseite liegt. Karkamis war zuvor von IS-Seite mit Mörsergranaten beschossen worden, die türkische Armee erwiderte das Feuer.

Ankara will zusammenhängendes Kurdengebiet verhindern
Jarablus liegt rund 35 Kilometer nördlich der Stadt Manbidsch, die erst kürzlich von einem Bündnis unter Führung der YPG zurückerobert worden war. Die Kurdenmiliz ist ein wichtiger Verbündeter der USA im Kampf gegen den IS in Syrien. Allerdings hat die Türkei mehrfach vor einem weiteren Vorrücken der Miliz gewarnt. Ankara sieht die YPG ebenso wie die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK als terroristisch an und will unter allen Umständen vermeiden, dass an seiner Südgrenze ein zusammenhängendes Herrschaftsgebiet der Kurden entsteht.

Syrische Kurden: "Die Türkei wird wie der IS besiegt werden"
Heftige Kritik an der nunmehrigen türkischen Offensive kam am Mittwoch auch postwendend vom Co-Vorsitzenden der syrischen Kurdenpartei PYD, Salih Muslim. "Die Türkei ist im syrischen Sumpf", sagte er. "Sie wird besiegt werden wie der IS." Bisher kontrollieren die Kurden im Norden Syriens ein Gebiet auf einer Länge von etwa 400 Kilometern - von der irakischen Grenze bis zum Euphrat. Zudem halten sie ein kleineres Gebiet im Nordwesten Syriens.

Türkischer Außenminister: "Werden den Sumpf trockenlegen"
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu reagierte erbost auf Muslims Aussagen. Der PYD und ihren Milizen warf er vor, den Kampf gegen den IS nur als Vorwand zu benutzen, um ein eigenes Herrschaftsgebiet in Syrien aufzubauen. "Wir werden diese geheime Agenda durchkreuzen. Unsere Absicht ist es, den Sumpf trockenzulegen", sagte er in Ankara. Cavusoglu bekräftigte die türkische Forderung, dass sich die syrischen Kurdenmilizen auf Positionen östlich des Euphrats zurückziehen müssten.

US-Vizepräsident Biden zu brisanten Gesprächen in Ankara
Inmitten dieser brenzligen Situation traf am Mittwoch US-Vizepräsident Joe Biden zu politischen Gesprächen in Ankara ein. Biden ist der erste westliche Spitzenpolitiker, der das Land seit dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli besucht. Die Beziehungen zwischen den USA und ihrem wichtigen NATO-Partner Türkei stecken derzeit nicht nur wegen dem Vorgehen in Syrien in einer tiefen Krise.

Streit um Auslieferung von Erdogan-Gegner Gülen
Ein zentrales Thema bei den Gesprächen ist auch das Auslieferungsgesuch der türkischen Regierung für den islamischen Prediger Fethullah Gülen sein, der seit 1999 im Exil in den USA lebt und lange Jahre ein enger Vertrauter Erdogans war. Ankara macht den 75-jährigen Gründer der einflussreichen Hizmet-Bewegung für den Umsturzversuch verantwortlich, obwohl er jede Verwicklung bestreitet.

Biden sagte der Türkei die sorgfältige Prüfung einer Auslieferung Gülens zu. Man habe keinerlei Interesse daran, jemanden zu schützen, der einen Verbündeten geschadet hätte, sagte er mit Blick auf die gemeinsame Mitgliedschaft im Militärbündnis NATO. Allerdings müssten die rechtlichen Standards gewahrt bleiben. Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim erklärte, die Türkei erwarte, dass das Abschiebeverfahren ohne Verzögerung fortgesetzt werde.

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