Aufruhr dauert an

Ägypten geht mit voller Härte gegen Demonstranten vor

Ausland
27.01.2011 07:20
Nach den Tunesiern begehren jetzt auch die Ägypter gegen Unfreiheit, Korruption und soziales Elend auf. Die Regierung von Präsident Hosni Mubarak brachte im ganzen Land Tausende Polizisten in Stellung. Trotz der Härte, mit der Ägyptens Führung versucht, die Proteste zu beenden, lassen sich die Demonstranten nicht unterkriegen.

Die Proteste gegen Präsident Hosni Mubarak reißen auch den dritten Tag in Folge nicht ab. In der Nacht zum Donnerstag versammelten sich kleinere Gruppen von Demonstranten in der Hauptstadt Kairo und in Suez. Polizeikräfte versuchten sie auseinanderzutreiben, doch der Protestzug riss nicht ab. In Aufrufen im Internet wurden sogar schon weitere Demonstrationen nach den Freitagsgebeten angekündigt.

Ägyptens Führung greift hart durch
Ägyptens Führung versucht mit aller Härte, die Proteste zu beenden. Drei Todesopfer sind bisher in der Hafenstadt Suez zu beklagen, in Kairo kamen ein Soldat, ein Polizist und eine Frau ums Leben. Hunderte Menschen wurden verletzt. Die ägyptischen Behörden erklärten in der Nacht auf Donnerstag aber, dass der Polizist und die Passantin nicht bei Auseinandersetzungen, sondern bei einem Unfall gestorben seien. Ein Auto habe sie in der Nähe des Zentrums von Kairo angefahren. Ein weiterer Mann sei verletzt worden. Der Unfall sei in keinem Zusammenhang mit den regierungsfeindlichen Protesten in der ägyptischen Hauptstadt gestanden, sagte ein Behördenvertreter. Eine Untersuchung sei eingeleitet worden.

Bisher sind bei den größten Protesten seit Jahren landesweit bereits 860 Demonstranten festgenommen worden, wie am Mittwoch offizielle Quellen verlautbarten. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein und feuerte mit Tränengas und Gummigeschossen. "Es wird niemandem erlaubt werden, Aufruhr zu schüren, Protestversammlungen abzuhalten oder Demonstrationen zu organisieren", sagte ein Sprecher des Innenministeriums.

Demonstranten gehen trotz Polizeigewalt auf die Straße
Doch unbeeindruckt vom brutalen Durchgreifen der Sicherheitskräfte versammelten sich in Kairo sowie in den Provinzen Manufija, Nord-Sinai und Assiut wieder Hunderte von Oppositionellen, um gegen die Regierung des 81-jährigen Mubarak zu demonstrieren. In Suez zündete die aufgebrachte Menge ein Verwaltungsgebäude an. Wieder schlugen die Sicherheitskräfte zu.

Auf Appelle der westlichen Partner reagierte die Führung um den seit 1981 regierenden Mubarak zunächst nicht. Stattdessen blockierten die Behörden den Zugang zum Kurzmitteilungsdienst Twitter. Der ägyptische Blog Bakya Masr berichtete, auch Facebook-Seiten seien nicht mehr zugänglich.

Westliche Verbündete rufen Mubarak zur Mäßigung auf
Die USA forderten die Regierung in Kairo auf, friedlich auf die Proteste zu reagieren. Das Weiße Haus erklärte, die Regierung müsse politische, wirtschaftliche und soziale Reformen fortsetzen. Die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton sagte in Brüssel: "Wir haben Tausende ägyptische Bürger gesehen, die sich in den Straßen Kairos versammelt haben, um politischen Wandel zu fordern. Wir sehen dies als ein Signal der Sehnsüchte vieler Ägypter nach den Ereignissen in Tunesien."

In Ägypten gilt seit 1981 nach dem Attentat auf Mubaraks Vorgänger Anwar al-Sadat der Ausnahmezustand. Großdemonstrationen werden von der Polizei normalerweise rasch beendet. Amnesty International beklagt Menschenrechtsverletzungen wie Folter und Haft ohne Anklage und Verfahren.

Proteste ausgerechnet am "Tag der Polizei"
Mehrere Gruppen der Opposition hatten bereits am Dienstag zu dem "Tag der Revolte gegen Folter, Armut, Korruption und Arbeitslosigkeit" aufgerufen, der mit dem "Tag der Polizei" zusammenfiel, einem Feiertag zu Ehren der Sicherheitskräfte. Die Initiative wurde auch von dem Oppositionspolitiker und früheren Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Mohamed El Baradei, unterstützt.

Touristenorte von Protesten nicht betroffen
Die meisten Orte in Ägypten, die von österreichischen Touristen besucht werden, sind von den Anti-Regierungs-Protesten im Land übrigens nicht betroffen. Wie Botschafter Thomas Nader am Mittwoch sagte, seien die Demonstrationen auf "historisch gewachsene Orte" vor allem im Großraum Kairo und im Nildelta beschränkt. Die überwiegende Mehrheit der österreichischen Touristen reise hingegen in die Badeorte Hurghada und Sharm el-Sheikh am Roten Meer, die "reine Touristenstädte" seien.

Ebenfalls keine Gefährdung sieht der Botschafter für Teilnehmer von Nilkreuzfahrten, die üblicherweise zwischen Assuan und Luxor durchgeführt werden. Die altägyptischen Anlagen, die im Rahmen dieser Touristenreisen besichtigt würden, seien "gut geschützt", und auch sonst kämen auch diese Touristen kaum an Orte, wo es Proteste geben könnte. Bisher hätten sich im Übrigen auch keine Österreicher, die entweder bereits in Ägypten waren oder dorthin reisen wollten, deswegen an die Botschaft in Kairo gewandt, sagte Nader weiter. Die österreichische Vertretung sei aber auf jeden Fall 24 Stunden erreichbar.

Auf der Homepage des Wiener Außenministeriums wurde weiterhin auf eine "erhöhte Sicherheitsgefährdung" hingewiesen. "Es muss mit Demonstrationen und Ausschreitungen vor allem in Kairo und größeren Provinzstädten gerechnet werden", hieß es am Mittwoch auf der Seite. Touristen sollten sich von größeren Menschenansammlungen und Kundgebungen sofort entfernen, da es hier "in kürzester Zeit zu Gewalttätigkeiten kommen kann".

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