"Feinde der Türkei"

Erdogan: “Die Zins-Lobby ist Gewinner der Proteste”

Ausland
23.06.2013 10:07
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat Kräfte aus dem In- und Ausland für die heftigen Proteste in den vergangenen Wochen verantwortlich gemacht. Sie hätten die Demonstrationen orchestriert, sagte Erdogan am Samstag in der Schwarzmeer-Stadt Samsun vor rund 15.000 Anhängern seiner konservativen Partei AKP. Die Gewalt geht unterdessen weiter. In der Nacht auf Sonntag hat die türkische Polizei den Istanbuler Taksim-Platz wieder geräumt.

"Wer ist der Gewinner dieser dreiwöchigen Proteste? Die Zins-Lobby, die Feinde der Türkei", sagte der Regierungschef mit Blick auf Spekulanten an den Finanzmärkten. "Wer ist der Verlierer der Proteste? Die türkische Wirtschaft, wenn auch nur zu einem kleinen Teil, der Tourismus." Die Proteste hätten dem Ansehen der Türkei geschadet.

Erdogan warf den Demonstranten zudem vor, sie würden den Islam - die Religion der Mehrheit der Türken - respektlos behandeln. "Lasst sie in ihren Schuhen in unsere Moscheen gehen, lasst sie Alkohol in unseren Moscheen trinken, lasst sie ihre Hände gegen unsere jungen Frauen in Kopftüchern erheben. Ein Gebet unserer Leute reicht aus, um ihre Pläne zu durchkreuzen."

Taksim-Platz erneut mit Wasserwerfern geräumt
Die Gewalt gegen die Demonstranten geht unterdessen weiter. Nach einer knappen Woche ohne Ausschreitungen räumte die Polizei den Istanbuler Taksim-Platz in der Nacht auf Sonntag wieder mit Tränengas und Wasserwerfern. Gegen 2 Uhr Ortszeit kontrollierten hunderte Bereitschaftspolizisten die Zugänge zu dem Platz und ließen nur noch wenige Menschen passieren, wie ein AFP-Reporter beobachtete. Die Barrikaden, die die Demonstranten zuvor auf der Hauptzugangsstraße für Fußgänger errichtet hatten, waren geräumt.

Am Samstagabend hatten sich nach Aufrufen über soziale Medien mehrere zehntausend Menschen auf dem zentralen Platz in der türkischen Metropole versammelt, um gegen die konservativ-islamische Regierung zu protestieren. Der Verkehr kam zum Erliegen. Vor der Räumung hatte die Polizei die Demonstranten vergeblich dazu aufgerufen, die durch die Menschenmassen blockierten Straßen an dem Platz zu räumen.

"Das ist nur der Anfang"
Bis zum Wasserwerfereinsatz verlief die Demonstration friedlich, wie Augenzeugen berichteten. Die Menschen skandierten Parolen wie "Taksim ist überall" und "Das ist nur der Anfang". Als die Polizei den Platz räumte, flogen vereinzelt Flaschen. Viele Demonstranten bewarfen Polizisten und Wasserwerfer mit Blumen. Über den Kurznachrichtendienst Twitter war dazu aufgerufen worden, rote Nelken mitzubringen, die das Symbol der Arbeiterbewegung sind.

Obwohl Augenzeugen am Samstagabend zunächst nicht beobachteten, dass die Polizei auf dem Taksim-Platz Tränengasgranaten verschoss, klagten Demonstranten nach dem Wasserwerfereinsatz über Reizungen der Atemwege und der Augen. Die Polizei wird verdächtigt, dem Wasser Chemikalien beizumischen. Bestätigt ist das nicht, über soziale Netzwerke verbreitete Fotos sollen aber darauf hindeuten. Diese Bilder scheinen zu zeigen, wie Polizisten Flüssigkeit aus Kanistern mit Warnhinweisen in Tanks von Wasserwerfern füllen.

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