Mordfall Stefanie P.

Lebenslange Haft und Einweisung für Philipp K.

Wien
11.05.2011 00:20
Lebenslange Haft in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher - so lautet die in der Nacht auf Mittwoch festgelegte Strafe für den 23 Jahre alten Philipp K. Er wurde von den Geschworenen im Wiener Straflandesgericht für schuldig erkannt, in der Nacht auf den 2. Juli 2010 seine Ex-Freundin Stefanie P. in seiner Wohnung in Wien-Hietzing erstochen und zerstückelt zu haben. Bis zuletzt beteuerte der Angeklagte seine Unschuld. Den Geschworenen sagte er, es sei sein größter Wunsch, dass der wahre Mörder geschnappt werde. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der Schuldspruch der acht Laienrichter wegen Mordes und Störung der Totenruhe fiel einstimmig aus. Gemeinsam mit den drei Berufsrichtern setzten sie danach das Strafmaß auf lebenslange Haft bei Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher fest. Der mögliche Strafrahmen betrug zehn bis zwanzig Jahre Haft oder lebenslänglich.

Richterin Sonja Weis begründete die Höchststrafe mit der "besonders grausamen, rücksichtlosen und für das Opfer qualvollen Vorgangsweise". Stefanie P. sei nach einem "minutenlangen Todeskampf" gestorben. Dem Gericht sei "in den letzten Jahren und Jahrzehnten kaum ein vergleichbares abscheuliches Verbrechen untergekommen". Dem Opfer sind einige der grausamen Verletzungen zugefügt worden, als es noch lebte.

Dass nach der Tat die Leiche zerteilt und in mehrere Müllcontainer geworfen wurde, bezeichnete Weis als "nahezu perfide". Die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher begründete die Richterin mit der per Gutachten bescheinigten Persönlichkeitsstörung, die "mit kausal für das fürchterliche Verbrechen" gewesen sei.

Vom Schlusswort des Angeklagten und dem Beginn der Geschworenen-Beratungen bis zur Urteilsverkündung vergingen exakt drei Stunden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Verteidiger Ernst Schillhammer meldete umgehend Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Philipp K. bewahrte bei der Urteilsverkündung Ruhe und blieb nach außen hin emotional unbewegt. Auf die Frage, ob er das Urteil verstanden habe, antwortete er mit einem knappen "Ja".

Auch letzter Prozesstag spektakulär
Der finale Prozesstag am Dienstag hatte sich einmal mehr spektakulär und von Wendungen gezeichnet präsentiert. Zunächst vernichtete die Aussage eines Privatdetektivs per Polizei-Protokoll - der Detektiv war nicht zur Verhandlung erschienen, das Protokoll wurde deshalb von Richterin Weis verlesen - endgültig die Ankündigung der Mutter des Angeklagten, einen "Kronenzeugen" zur Entlastung zu liefern. "Es gibt keinen Zeugen, der beweist, dass jemand anderer als Philipp diese furchtbare Tat begangen hat", hieß es in dem Polizei-Protokoll, das am vergangenen Freitag entstanden war.

Dafür wollte die Mutter, dass der Detektiv mit Oliver D. spricht "und ich ihn dazu bringe, dass er die Tat gesteht", verriet der private Ermittler der Polizei. Die Frau greife nach jedem Strohhalm. Die Mutter hatte bei ihrer Aussage am vergangenen Donnerstag einen "Kronzeugen" angekündigt, der "den Fall klären" würde. Dieser sollte Oliver D. - den Bekannten von Philipp K., der zum Zeitpunkt der Festnahme des 23-Jährigen in dessen Wohnung anwesend war – belasten. Der Mutter zufolge habe D. dem Mann gestanden, dass er der wahre Mörder sei - was D. aber am Montag klar zurückgewiesen hat. Er habe mit niemandem gesprochen, "ich bin doch nicht blöd".

Psychiater: K. brauchte Minuten, um Träne zu vergießen
Danach wurde ein Schreiben eines in der Justizanstalt Sonnberg einsitzenden Häftlings verlesen, der in seinem Brief versichert, Philipp K. sei nicht der Mörder, bevor Gerichtspsychiater Karl Dantendorfer mit einer ausführlichen Berichterstattung über sein Gutachten begann. Darin spricht er sich - sollte Philipp K. schuldig erkannt werden - für die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher aus, da er den Angeklagten für derart gefährlich hält, dass vom 23-Jährigen ohne entsprechende Therapie neuerliche Straftaten mit schweren Folgen zu erwarten seien. K. leide an einer Persönlichkeitsstörung.

Der Sachverständige stützte seine Angaben im Wesentlichen auf seine eigene Begutachtung des Angeklagten, die Auswertung psychologischer Fragebögen sowie eine sogenannte Verhaltensbeobachtung bei der Tatrekonstruktion. Da sei ihm aufgefallen, dass Philipp K. sich zu weinen bemühte, aber Minuten benötigt hätte, um eine oder zwei Tränen zu vergießen.

"K. hätte 4,5 Promille intus haben müssen"
Was die von Philipp K. geltend gemachte Alkoholisierung zum Tatzeitpunkt betrifft, kam der Psychiater zum Ergebnis, dass bei Richtigkeit der vom Angeklagten angegebenen Trinkmengen dieser 4,5 Promille intus gehabt haben müsste, als Stefanie P. starb. Dieser Wert sei "sehr unwahrscheinlich", selbst wenn man K. glaube, der bekanntlich den Mord "verschlafen" haben will.

Der 23-Jährige könne sich an Details unmittelbar vor dem behaupteten "Wegtrickern" erinnern, und auch unmittelbar nach dem Aufwachen gebe es keine Erinnerungslücken. Auf die ergänzende Frage, ob man mit 4,5 Promille eine Bluttat wie die gegenständliche begehen könne, erwiderte Dantendorfer, dies sei "hochgradig unwahrscheinlich", da bei einer derartigen Alkoholisierung die Dispositions- und Diskretionsfähigkeit wesentlich eingeschränkt sei.

Laienrichter mussten Sexvideo ansehen

Vor den Schlussplädoyers am späten Abend mussten sich die Laienrichter dann noch ein 2010 von einem Nachbarn K.s gedrehtes Sexvideo ansehen. Neben dem - unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgeführten - Video, das Stefanie P., Philipp K. und den Nachbarn 45 Minuten lang bei geschlechtlichen Handlungen zeigt, bekamen die Geschworenen auch Auszüge aus einem über dreistündigen Video von der Tatrekonstruktion zu sehen. Dies nahm K. zum Anlass, um einmal mehr zu betonen, er sei nicht der Mörder seiner Ex-Freundin: "Ich kämpfe doch nur für die Gerechtigkeit, weil ich weiß, dass ich das nicht gemacht habe. Ich hätte ihr nie, aber wirklich nie etwas angetan! Ich schwöre, dass es nicht so war."

"Denken Sie an Stefanie P."
In ihren Schlussplädoyers wandten sich Staatsanwalt und Verteidiger am späten Abend ein letztes Mal direkt an die Geschworenen. "Denken Sie an Stefanie P., wie sie nackt und gefesselt am Bett liegt und dem Mörder hilflos ausgeliefert ist, Stiche ins Gesicht und in den Oberkörper bekommt und nach einem Stich in den Hals langsam verblutet", gab Staatsanwalt Hannes Wandl den Geschworenen mit in ihre Beratung.

"Der ganze Akt ist voll mit Zweifeln und Widersprüchen", hielt Verteidiger Ernst Schillhammer entgegen. Es sei "völlig falsch, dass es nur Philipp K. gewesen sein kann - außer dass er dort gewesen ist, gibt es keinen Beweis". Die Polizei habe in diesem Fall engagiert, aber einseitig ermittelt: Sie habe sich "auf die erste Hypothese, die einem einfällt, fixiert". Nur sein Mandant sei verdächtigt worden.

Auch der Angeklagte nützte die Gelegenheit, letzte Worte an die Geschworenen zu richten. Sein größter Wunsch sei es, zu erfahren, "wer die Steffi wirklich umgebracht hat", sagte er den Geschworenen. Er versicherte ein letztes Mal, mit dem Mord nichts zu tun zu haben, sondern geschlafen zu haben, während seine Ex-Freundin von fremder Hand getötet wurde. Um 21.10 Uhr zogen sich die Geschworenen dann zur Beratung über die Schuldfrage zurück.

Verbrechen mit unglaublicher Brutalität
Die zum Tatzeitpunkt 21 Jahre alte Studentin war der Obduktion zufolge an einer tiefen Stich- bzw. Schnittwunde in den Hals gestorben, nachdem der Täter der Gefesselten zunächst nicht unmittelbar lebensbedrohliche Verletzungen im Brust- und Bauchbereich zugefügt hatte. Der Tod dürfte zwei bis drei Minuten nach Eröffnung der Halsschlagader erfolgt sein.

Möglicherweise war Stefanie P. noch am Leben, als ihr zweimal tief in die Nase geschnitten wurde. Demgegenüber war sie laut Gerichtsmediziner "eher in der agonalen Phase, wo das Leben ausgehaucht wird", als ihr ein Ohr abgeschnitten wurde. Jedenfalls postmortal wurde dem Opfer eine Tätowierung mit dem Schriftzug "Philipp" aus dem Bauch geschnitten. Dasselbe traf auf Verunstaltungen der primären Geschlechtsmerkmale zu. Der Torso wies 200 Schnitt- und Stichverletzungen auf.

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