Vor großer Demo

Kreml-Kritiker Nawalny in Moskau festgenommen

Ausland
12.06.2017 23:02

Kreml-Kritiker Alexej Nawalny ist am Montag vor Beginn einer Demonstration in Moskau festgenommen worden. Das teilte seine Ehefrau über den Kurzbotschaftendienst Twitter mit. Nawalny, der bereits Ende März für 15 Tage inhaftiert wurde, hatte für Montag zu landesweiten Protesten gegen die Korruption in Russland aufgerufen. Mehr als 1000 weitere Demonstranten wurden festgenommen, auch Kinder waren unter ihnen.

"Sie haben Alexej im Hauseingang festgenommen", schrieb seine Frau Julia am Montag auf Twitter. Ende März hatte Nawalny bereits die größten Proteste seit Jahren organisiert, bei denen Hunderte Menschen festgenommen wurden.

In ganz Russland sind am Montag Nawalny-Anhänger auf die Straße gegangen. Allein im sibirischen Nowosibirsk protestierten nach Angaben örtlicher Medien rund 3000 Menschen gegen Korruption, rund 100 von ihnen wurden abgeführt. Weitere Demonstrationen am Unabhängigkeitstag gab es in zahlreichen anderen Städten. In Moskau wurden mindestens 770 Menschen festgenommen, wie die der Opposition nahestehende Nichtregierungsorganisation OVD Info berichtete. In St. Petersburg, wo zum Großteil Teenager und junge Menschen auf die Straße gingen, kam es ebenfalls zu Massenfestnahmen. Mindestens 200 Demonstranten wurden abgeführt. Die Polizei ging mit Schlagstöcken gegen die Protestierenden vor.

In Ermangelung einer eigenen Demonstrationserlaubnis hatten Nawalnys Anhänger in St. Petersburg geplant, eine für den gesamten Tag bewilligte militärisch-patriotische Folkloreveranstaltung am Marsfeld zu kapern und derart Massenfestnahmen unwahrscheinlicher zu machen. Doch die Polizei machte den Protestierenden einen Strich durch die Rechnung.

Polizei versucht, Demonstranten auszutricksen
Nachdem die lokalen Organisatoren der Nawalny-Demo "Wir fordern Antworten" bereits am Vormittag von der Polizei festgesetzt wurden, verkündete die Polizei am frühen Nachmittag überraschend, dass die Folkloreveranstaltung früher als geplant zu Ende gehen werde. Gleichzeitig wurden die Demonstrationswilligen eingeladen, mit eigens bereitgestellten Bussen zu einem Park am Stadtrand zu fahren, um dort ihre Kundgebung abzuhalten. Hunderte Versammelte quittierten dieses Angebot mit Gelächter. "Die Busse werden nicht zu diesem Park fahren, sondern zum nächsten Polizeiposten", sagte ein junger Demonstrant. Er sollte recht behalten: Die angeblich für den Transfer zum legalen Demonstrationsort vorgesehen Busse der städtischen Verkehrsbetriebe wurden kurze Zeit später ausschließlich für den Abtransport von Festgenommen verwendet.

"Die Festnahmen sind nicht motiviert, illegal und grob", sagte der Petersburger Lokalparlamentarier Maksim Resnik. Er war selbst von Polizisten kurzfristig zu einem Bus gebracht worden, musste jedoch aufgrund seines parlamentarischen Status sofort freigelassen werden.

Empörung auf der ganzen Welt über Umgang mit Demonstranten
Das Weiße Haus reagierte auf die Massenfestnahmen mit scharfer Kritik. Der Sprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, rief die russischen Behörden auf, "alle friedlichen Demonstranten unverzüglich freizulassen". Die Bürger Russlands verdienten eine Regierung, "die ihnen die Möglichkeit gibt, ihre Rechte ohne Furcht oder Zwang auszuüben", so Spicer. Auch das EU-Parlament und Amnesty International zeigten sich besorgt.

Nawalny will bei Präsidentschaftswahl antreten
Nawalny will im kommenden Jahr als Präsidentschaftskandidat antreten. Mit einer Online-Kampagne ist es dem 41-Jährigen gelungen, eine neue Generation auf die Straße zu bringen. Er rief zu Protesten gegen die Korruption auf, nachdem er einen Film veröffentlicht hatte, in dem Ministerpräsident Dmitri Medwedew vorgeworfen wird, ein riesiges Vermögen durch ein Netzwerk an Stiftungen zu kontrollieren.

Zu Demonstrationen in 200 Städten aufgerufen
Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch teilte mit, im Büro ihrer Stiftung zum Kampf gegen Korruption sei der Strom abgeschaltet worden. Der 41-jährige Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin hatte zu Demonstrationen in rund 200 Städten aufgerufen. In Moskau wollte er trotz eines Verbots in der Nähe des Kreml protestieren.

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