Verfahren zieht sich

Asylwerberin will weg: “Bitte schiebt mich ab!”

Ausland
11.06.2017 15:05

Ghusoon Mubarak ist 53 Jahre alt, arbeitete früher als Journalistin und flüchtete aus dem Irak über Syrien nach Deutschland. Doch anders als die meisten ihrer geflüchteten Landsleute will die Irakerin auf schnellstem Wege wieder weg. Mit dem negativen Asylbescheid in der Hand wartet die Frau darauf, endlich abgeschoben zu werden - aus Enttäuschung über ihre Ablehnung und um ihren todkranken Vater ein letztes Mal sehen zu können, wie sie gegenüber dem deutschen Lokalblatt "Am Sonntag" sagte.

Eigentlich hatte die 53-jährige Journalistin große Hoffnungen auf ihren Asylantrag in Deutschland gesetzt, heißt es in dem Bericht. 2005 war Mubarak aus dem Irak nach Syrien geflohen. Über die geschiedene Mutter von drei Kindern (17, 18 und 21 Jahre alt) wurde in ihrer irakischen Heimat ein Berufsverbot verhängt, als Regierungskritikerin stehe sie eigenen Angaben zufolge auf einer roten Liste.

In Syrien führte Mubarak dann eine Zeit lang ein gutes Leben, wie sie selbst erzählt. "Ich habe dort für einen TV-Sender für Exil-Iraker gearbeitet. Ich hatte ein gutes Leben, auch die Regierung hat mich als Flüchtling finanziell unterstützt." Doch als in Syrien ebenfalls Krieg ausbrach, flog sie in die Türkei. "Dort fand ich zwar Asyl, aber ich konnte die Sprache nicht und außerdem gab es ebenfalls keine Sicherheit. Ich wusste nicht, wie es weitergehen soll."

Über Österreich nach Deutschland geflüchtet
Schließlich organisierte sich die Irakerin einen Schlepper. Über Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien gelangte sie nach Österreich, von wo aus sie 2013 über die damals offene Grenze nach Deutschland kam. "Meine erste Station war Röhrnbach, dort stellte ich meinen Asylantrag", so Mubarak über ihre Ankunft in Niederbayern.

Auf den Tag genau ein Jahr und sieben Monate später kam dann die Ablehnung. "Ich hatte in der Zwischenzeit einen Deutschkurs gemacht und als mein Antrag abgelehnt wurde, war ich so enttäuscht, dass mein einziger Wunsch war und ist, schnell wieder in den Irak zurückzukehren." Mubarak möchte auch deshalb zurück, weil ihr 83-jähriger Vater Khalil mittlerweile schwer krank ist - die Tochter hat Angst, es nicht mehr rechtzeitig nach Hause zu schaffen, um ihn noch einmal zu sehen.

Doch die deutsche Bürokratie macht ihr einen Strich durch die Rechnung: Seit zweieinhalb Monaten wartet die 53-Jährige nun in der Erstaufnahmeeinrichtung in Hauzenberg im Landkreis Passau darauf, abgeschoben zu werden. Aber das Verfahren zieht sich in die Länge. "Den Mitarbeitern der Ausländerbehörde im Passauer Landratsamt mache ich keinen Vorwurf", so Mubarak gegenüber "Am Sonntag". "Sie tun ihre Arbeit und sie bemühen sich sicher." Das Problem sei aber das System: Die behördlichen Mühlen mahlen schlichtweg zu langsam, und so bleibt der Irakerin nur das Warten.

Fall für zuständiges Amt "exotisch"
Im zuständigen Passauer Landesratsamt kommentierte man den Fall der Irakerin als "exotisch". Die lange Wartezeit Mubaraks sei laut dem Pressesprecher des Amts, Werner Windpassinger, auf die Tatsache zurückzuführen, dass sie auch auf neue Papiere warten müsse. "Ohne Papiere können wir niemanden abschieben", so Windpassinger.

Und ohne neue Papiere dürfte sich wohl auch eine freiwillige Rückkehr der Irakerin in ihre Heimat schwierig gestalten. Hinzu kommt, dass sich Länder wie Afghanistan und der Irak nicht um die Wiederaufnahme der Flüchtlinge "reißen" würden, wie es der Pressesprecher formuliert. Diese - selbstverständlich mit Kosten verbundene - Option der freiwilligen Ausreise, die mittlerweile auch in Österreich von zahlreichen enttäuschten Flüchtlingen gewählt wird, wird in dem Bericht allerdings mit keinem Wort erwähnt.

Statistisch gesehen steht der Fall der Irakerin jedenfalls im starken Gegensatz zu den aktuellen Asylentwicklungen: Die Zahl der Asylklagen ist in Deutschland heuer nämlich stark gestiegen. Bis Ende März seien bei den Verwaltungsgerichten bundesweit rund 97.000 Haupt- und Eilverfahren von Asylwerbern gegen ihre Aufenthaltsbescheide eingegangen, wie erst Ende Mai öffentlich wurde. Im gesamten Jahr 2016 waren es nur gut 181.000 Verfahren gewesen.

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