Kultband STS

STS: 3 Jahrzehnte im Dreiklang

Musik
14.11.2006 10:24
Der Erfolg von STS lässt sich an vielem festmachen. An ihren Auszeichnungen, an den Chart-Positionierungen oder an der Bekanntheit ihrer Lieder, denn es gibt hierzulande nur wenige, die nicht mindestens einen Refrain von Fürstenfeld, Irgendwann bleib i dann dort oder Gö, du bleibst heit Nacht bei mir auswendig können. Ganz egal, wie man es betrachtet – man kommt nicht umhin, den drei Steirern mit ihrem magischen Harmoniegesang den Kultstatus anzuerkennen. Mit ihrer ersten DVD ziehen Steinbäcker, Timischl und Schiffkowitz nun musikalische Bilanz über die letzten drei Jahrzehnte. Für Krone.at tat es Günter Timischl im Interview.
(Bild: kmm)

Der Start von STS war allerdings ein holpriger. Als Gert Steinbäcker, Günter Timischl und Schiffkowitz erstmals musikalisch zusammenfanden, hatte noch der Herrgott seine Finger mit im Spiel, wenn man’s so will. „Da war ein Pater aus dem Minoritenkloster, der damals sehr viel für Jugendkultur übrig gehabt hat und der hat g’sagt: ‚Ich geb euch 9.000 Schilling, ihr setzt’s euch z’samm und macht’s was draus.’“, erinnert sich Timischl. Das war die erste STS-Tournee Anfang der 70er.

„Wir waren schon knapp dran, wieder aufzuhören“
„Nach der kleinen Tour ist das aber irgendwie wieder eingeschlafen. Erst 1978 haben wir uns wieder zusammengesetzt und dann hat’s geheißen: ‚So, jetzt machen wir’s aber richtig.’ Das hat dann noch einmal von ’78 bis 1984 gedauert, bis wir’s dann zu nennenswerten Erfolgen gebracht haben. Während dieser sechs Jahre, waren wir ja schon knapp dran, wieder aufzuhören. Aber es ist besser, dass es sich dann doch so ergeben hat, wie es jetzt der Fall ist“, sagt er lachend.

Der erhobene Zeigefinger
Fast 30 Jahre später nach dieser „göttlichen Fügung“ sind STS zu einem fixen Bestandteil der österreichischen Musiklandschaft geworden. Nicht nur mit Zeltfesthadern wie „Fürstenfeld“, dessen Erfolg sie damals selbst überrannt hat. Mit kritisch-ironischen Texten schaffen sie es seit dem ersten Album mit unermüdlichem Fleiß Ungerechtigkeiten aufzuzeigen, ihre Botschaften zu verkünden und die unbequemen Schattenseiten des Alltags auszuleuchten – aber immer ohne Rückgriff auf den erhobenen Zeigefinger, worauf speziell Schiffkowitz besteht.

Trotzdem bleibt „I bin aus Österreich“ die demografische Ur-Wahrheit, die gerade jetzt die Händefuchtler und Schreihälse mit Plakaten und Parolen unwahr machen wollen. Oder „Sie wissen all’s besser“ und „Die ganze Welt“, die Grantlieder gegen die Macht der Mächtigen, denen am Ende dann doch das Gewissen und die Ehrlichkeit fehlt. Oder „Auf a Wort“ das einfachste, dennoch wirksamste Credo zum Miteinander.

Kultstatus und „Psycho-Gefechte“
Dass ihnen durch ihre Art zu singen und mit dem, was sie singen ein gewisser Kultstatus auferlegt wurde, wissen STS. „Es ist mir schon bewusst […]Man tut sich halt schwer damit. Aber du freust dich natürlich drüber, dass die Sachen, die wir gemacht haben, so eine große Breite gefunden haben. Du hast ja auch dafür gearbeitet und verschiedene Entbehrungen hingenommen“, erläutert Timischl.

Für die drei Steirer, die - bis auf den Heimatmenschen Timischl - ihre Inspirationen immer wieder in Griechenland suchen, war das aber nie ein Grund, auf den Lorbeeren zu rasten. „Wenn einer jetzt glaubt, er kummt da mit Irgendetwas durch – das geht bei uns net. Da muss er schon mit Qualität antanzen“, sagt Timischl. Und wenn sie die Songs bearbeiten, traktieren sie sich bis aufs Blut: „Vor allem in der Endphase, wenn wir im Studio sind und singen. Da geht’s dann teilweise um jeden Satz und da gibt’s dann richtig klasse Psycho-Gefechte!“

Neues Album kommt 2007
Genau das passiert jetzt wieder. Das Projekt DVD ist abgeschlossen und jetzt geht’s ans neue STS-Album, das im Frühjahr 2007 kommen wird. Erstes Songmaterial haben sich Steinbäcker, Timischl und Schiffkowitz schon bei einem Gipfeltreffen auf Korfu vorgespielt. Bis Weihnachten ziehen sie sich in ein kleines Hotel in Slowenien zurück, wo sie mit ihren langjährigen Musikern die Songs „austesten“ werden und worauf schließlich der Gang ins Studio folgt. Danach steht eine ausgedehnte Tour auf dem Plan, so wie es seit jeher in den Gezeiten von Flucht und Wiederkehr der STS der Fall war. Und damit halten sie nicht nur sich selbst sondern auch ihre treuen Fans über Wasser, für die ein neues STS-Album eine Art Nerven- und Seelennahrung ist, die man immer wieder braucht, um vom Einheitsbrei herunterzukommen.

Starmania und „Wachturm“Xavier Naidoo
Die österreichische Musikszene beobachten sie dabei nur „peripher“, sagt Timischl. Man schaut beziehungsweise hört sich schon an, was da passiert. Viel ist es ja ohnehin nicht. Manche Dinge beobachtet der 58-Jährige (Kollege Schiffkowitz ist mit dem heurigen Erreichen der Zahl 60 übrigens der Älteste, Gert Steinbäcker mit Baujahr 1952 der Jüngste) aber mit Argwohn, zum Beispiel Starmania: „Damals, als diese erste Starmania-G’schichte begonnen hat, war ich sehr interessiert. Ich hab’s net akribisch verfolgt, aber zumindest ang’schaut, was da so passiert. Inzwischen interessiert mich das eigentlich überhaupt nicht mehr. Das is ja nur mehr a Unterhaltungsformat.“

Aber für gewöhnlich kann sich Timischl mit der Musik der anderen Newcomer sehr gut arrangieren, auch wenn ihm nicht alles daran gefällt: „Beim Xavier Naidoo denk i mir oft, da Wachturm spricht zu mir, aber auf der anderen Seite ist es musikalisch hochinteressant, was der macht.“ Eins steht für ihn aber fest und deswegen ist er den hehren Motiven von Starmania auch nicht ganz so böse: „Man muss sich abbeuteln, den alten Austropop loswerden und junge, neue Künstler finden.“ Und lachend fügt er hinzu: „Wollt’s uns in zwanzig Jahr’ a no als ‚radioführend’ spielen, in Ö3 oder sonst wo? Das geht doch net!“

„Dann kriegst auch einmal Lust auf a richtige E-Gitarr’n!“
Durchgegangen wäre das Konzept von STS beim quotenbringenden ORF-Casting wohl nie im Leben und genau daran lässt sich festmachen, wie sich die „Gerade STS“ wie ein unverrückbar geradeaus strebender Pfeil durch die letzten drei Jahrzehnte zieht, obwohl sich rundherum alles irgendwie im Zick-Zack bewegt. Selbst ihre Zeitgenossen aus Wien sattelten – vielleicht mit Ausnahme von Georg Danzer – zwischenzeitlich andere Pferde oder setzten sich ganz zur Ruhe.

Was jetzt aber wie Kontinuität klingt, ist in Wahrheit ständige Weiterentwicklung: Textlich im Sinne des Qualitätsanspruches, mit dem sich die Drei selbst fordern und musikalisch, denn auch im Studio gehen die Tüfteleien weiter. „Wenns’d immer nur akustische Gitarren spielst, kriegst auch einmal Lust auf a richtige E-Gitarr’n […] Wir haben eigentlich alle Soundmöglichkeiten durchprobiert und die Feinspitz’, die merken das auch.“, beschreibt Timischl, der von sich aus überzeugt ist, dass er - auch wenn man mit STS keinen Erfolg gehabt hätte  - „auf jeden Fall Musiker geblieben“ wäre. „I wär halt in irgendeinem Ensemble tätig oder auf einer Schihütt’n mit irgendeiner Profi-Band, die dort Monat für Monat spielt; sechs Monat Schnee, sechs Monat Meer. Irgendwie wär’s schon gegangen.“.

Drei Jahrzehnte auf zwei DVDs
Die kürzlich erschienene Doppel-DVD zur „Herzverbunden“-Tour wurde nicht, wie man ad hoc annehmen würde, in Wien oder Graz aufgezeichnet. Der Bayrische Rundfunk, der mit seiner (übrigens sehr empfehlenswerten) „Alpenrock“-Doku schon einmal die heimische Musikszene inklusive Spider Murphy Gang und Co. porträtierte, trat an das Trio heran. Aus der Bitte, das Konzert aufzeichnen zu dürfen, wurde schlussendlich mit Begeisterung ein ganzes Konzept für ein audiovisuelles Resümee der STS-Geschichte geschmiedet.

Das Konzert selbst umfasst insgesamt 29 Songs und fand in der Münchner Olympiahalle statt, wobei sich die Herkunft der anwesenden STS-Fans für die Ausprägung von Applaus und Mitsingchören als durchaus unerheblich erweist. Neben vielen Liedern der letzten Platte, finden sich auch echte Perlen aus der STS-Urzeit. „Fahr auf’s Land mit mir“ oder ihrer erster Hit „Da kummt die Sunn“, wobei besonders das zu dritt gespielte „Immer weiter fort“ für diese unbeschreibliche Gänsehaut sorgt, die man beim Zusammenspiel der drei Stimmen bekommt.

Die zweite DVD bietet ein 45-minütiges Porträt der Band mit äußerst unterhaltsamen Interviews und acht Musikvideos, die schwer Nostalgie-Charakter haben und unter anderem einen Timischl zeigen, der von Hinterkopf bis Kinn die gleiche Frisur trägt. Herausragend ist besonders die Ton-Qualität des Konzertmitschnitts in 5.1-Surround. Speziell die 5.1-DTS-Spur ist derartig sauber produziert und ein Hörgenuss, bei dem selbst DVDs von internationalen Künstlern hinten anstehen – nur umie Gedanken kommen jetzt natürlich unweigerlich mit den Zeiten, wo wir in ein gewisses Alter kommen und du manche Sachen auch mit’m Rock’n’Roll nimma richtig begreifen kannst.“ Vom Zahn der Zeit wird aber nicht geredet, und „Pension“ ist sowieso ein Unwort. Also kein Grund zur „Tourschlusspanik“, wenn STS ihre Konzertreise kurz vor Weihnachten 2007 abschließen werden.

Fünf Jahre gehen garantiert noch und wenn man gesund bleibe, so Timischl, werde man weitere fünf Jahre dranhängen. Aber: „I setz mi sicher net mit 80 auf die Bühne!“ Und nach einer kurzen Denkpause sagt er dann: „Aber mit 70 noch so einen Gala-Abend oder so was, das könnt i mir schon vorstellen.“. Um es mit einem STS-Song zu sagen: Und des Feuer brennt immer no!

10 von 10 Dreiklängen

Das komplette Interview mit G. Timischl gibt's in der Infobox!


Christoph Andert

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