Mensch vs Maschine

“NieR Automata”: Halbgares Japano-RPG mit Längen

Spiele
26.03.2017 09:00

Es gibt Spiele, aus denen wird man auf Anhieb nicht schlau. Und dann gibt es Spiele wie Square Enix' Action-RPG "NieR Automata", bei denen sich auch nach Stunden nichts an diesem Zustand ändert. Doch gerade das macht es ja so spannend - zumindest anfänglich.

Spielte man nur den Prolog des jüngsten Action-Rollenspiels aus dem Hause Platinum Games ("Bayonetta"), man würde meinen, es handle sich um einen Mix in 3D- bzw. 2,5D-Perspektive aus Shoot'em Up und Hack'n'Slay in postapokalyptischer Industriekulisse. Doch nach der ersten Stunde präsentiert sich der Titel in einem völlig neuem Gewand: Offene, mehr oder minder blühende Landschaften voller Quests und versteckter Schätze laden zu Erkundungstouren ein; es wird viel parliert, gehandelt und auf Wunsch auch geangelt oder auf Wildschweinen und Elchen geritten - zwei Dinge, die eigentlich so gar nicht ins Konzept dieses außergewöhnlichen Rollenspiels passen.

Denn eigentlich dreht sich alles um den Konflikt zwischen Mensch und Maschinen. Letztere wurden vor langer Zeit von Aliens auf die Erde geschickt, um die Menschheit zu vernichten, die sich daraufhin auf den Mond flüchtet, um von dort mittels Androiden einen Stellvertreterkrieg auf Erden zu führen. Wie das mit über den Existenzialismus philosophierenden, sich schminkenden oder in einem Vergnügungspark ausgelassen feiernden Robotern sowie den beiden von Maschinen geborenen Androiden Adam und Eva zusammenpasst? Eine gute Frage, die zu beantworten etliche Stunden Spielzeit in Anspruch nimmt.

Schon leichter fällt es, das Gameplay zu umreißen. Ähnlichkeiten zu "Bayonetta" sind dabei durchaus gegeben: Die starke weibliche Protagonistin namens 2B kämpft und ballert sich im kurzen Dress gegen teils geradezu gigantische Gegner, wobei ihr Unterstützung durch einen ebenfalls androiden Jüngling, der immer im Weg steht, und einem um ihren Kopf schwirrenden Pod-Droiden, der de facto als Fernkampfwaffe fungiert, zuteilwird.

Die Handelsweisen beider - aggressiv, ausgeglichen oder verteidigend? - lassen sich definieren, zudem können beim Händler des Vertrauens durch Upgrades die Fertigkeiten des Pods verbessert werden. Auch 2B kann durch die Investition in neue Waffen und Plugins optimiert werden. Die rein textbasierte Aufmachung und umständliche Beschreibung der Charakterattribute trägt allerdings nicht gerade zum besseren Verständnis des Prozedere bei und kann als für japanische Rollenspiele typisch altbacken bezeichnet werden.

Sehen lassen können sich indes die diversen Schauplätze, ihre Bewohner und vor allem die selbst im größten Tumult flüssig ablaufenden, effektreichen und farbenprächtigen Kämpfe. Das Setting an sich überzeugt durch seine ebenso kuriosen wie atmosphärisch in Szene gesetzten Kulissen, die zumindest anfangs jedoch einiges an Laufarbeit abverlangen. Denn: Die Schnellreise wird erst später im Spielverlauf eingeführt - warum, das wissen nur die Entwickler. Das sorgt auch deshalb für Unverständnis, weil die Karte alles andere als exakt ist und die Wegfindung aufgrund so mancher unsichtbarer Grenze schwerfällt.

Dass man die meisten Örtlichkeiten im Spielverlauf mehrfach aufsuchen muss, trübt den Genuss zusätzlich, zumal sich spätestens nach dem zweiten oder dritten Besuch die Schwächen sowohl narrativer Natur als auch in Sachen Gameplay offenbaren: Es gibt zwischendurch einfach viel zu wenig zu erleben und zu bestaunen. Auch die Gegner wiederholen sich gerne und oft, und die vergleichsweise spärlich vorhandenen Nebenquests beschränken sich zumeist auf Aufträge der Sorte "Finde Item X bei Ort A" oder "Bringe Item Y von B nach C". Originell ist das leider nicht und so dienen die Nebenmissionen lediglich der zeitlichen Überbrückung, bis die Hauptstory wieder vorangetrieben wird.

Fazit: "NieR Automata" ist ein in vielerlei Hinsicht faszinierendes, spannendes und auch erfrischendes, aber leider nicht ausgereiftes Spiel. Viele an sich gute Ideen wurden in den Topf geworfen, aber nur halbgar serviert. So stellt sich nach der ersten Begeisterung über Charaktere, Story und Setting gegenüber diesen bald eine gewisse Gleichgültigkeit ein. Was nützt denn schon die schöne, offene Spielwelt, wenn sie leer ist und wenig Entdeckenswertes zu bieten hat?

Plattform: PS4 (getestet), PC
Publisher: Square Enix
krone.at-Wertung: 7/10

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