Kunde (45) erstickt

Tödlicher Sex-Unfall: 2 Jahre bedingt für Domina

Österreich
26.09.2016 13:22

Zwei Jahre bedingte Haft lautet das Urteil gegen eine 29-jährige Prostituierte aus Wien. Die Frau stand am Montag nach einem tödlichen Sex-Unfall wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung mit Todesfolge vor Gericht. Ihr Freier, ein 45-jähriger Mann, war im September 2015 in einem Wiener Hotel leblos in einer Schlinge hängend vorgefunden worden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Martin Mahrer, der Verteidiger der 29 Jahre alten Frau, wollte beweisen, dass seine Mandantin keinen Vorsatz hatte, ihren Freier in Lebensgefahr zu bringen. "Sie hat durch ihre Handlungen keine absichtliche schwere Körperverletzung verwirklicht", hatte der Anwalt bereits am Freitag betont.

Die Frau - eine gelernte Friseurin, die im März 2015 wieder als Domina zu arbeiten begonnen hatte, weil das Geld knapp wurde, und im Internet auf SM-Foren ihre Dienste bei Atemreduktion und "Sklavenerziehung" anbot - habe dem Freier lediglich bei Vorbereitungshandlungen geholfen. "Das Opfer hat sich dann selbst in die Schlinge fallen lassen und dadurch erst die Bewusstlosigkeit verursacht, die den Tod bewirkt hat", sagte Mahrer.

Der Freier war Anfang September 2015 an die Domina herangetreten und hatte mit ihr bei mehreren Treffen seine Wünsche besprochen. Wie die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklageschrift festhält, kam es ihm darauf an, eine Atemreduktion - in der SM-Szene wird dafür der Begriff "Breath Control" verwendet - erstmals bis zur Bewusstlosigkeit zu erleben.

(Bild: APA/HERBERT NEUBAUER)

Opfer übernahm "die volle Verantwortung"
In der Nacht auf den 12. September führte die Domina in einem vom Freier angemieteten Hotelzimmer erstmals nach dessen Anweisungen eine Atemkontrolle durch. An einer Kleiderstange und einem Wandhalter hatte er ein Kletterseil befestigt und eine Schlinge vorbereitet. Er erklärte ihr, er werde sich diese Schlinge um den Hals legen und zuziehen, während sie ihm von hinten ein Schuhband um den Hals legen und ebenfalls zuziehen sollte. Zuvor hatte er ihr ein Schreiben übergeben, in dem er festhielt, er übernehme "die volle Verantwortung für jedes Risiko und gesundheitliche Schäden", wobei ihm bewusst sei, dass sein Fetisch zum Tod führen könne.

(Bild: APA/HERBERT NEUBAUER)

Schwarzes Schuhband verknotet
In der ersten Nacht bewirkte die Domina keine Bewusstlosigkeit, weil der Freier - wie er ihr später per WhatsApp schrieb - von ihrer Schönheit abgelenkt war. Man vereinbarte ein weiteres Treffen in der folgenden Nacht, wobei der Freier sich diesmal zusätzlich ein braunes Paketband um Kopf und Mund wickelte, sich wieder in die Schlinge hineinlegte und diese zuzog. Die 29-Jährige zog ihrerseits das schwarze Schuhband zu und verknotete dieses laut Anklage so fest wie möglich. Dem widerspricht allerdings Verteidiger Mahrer. Dieses Band sei wesentlich elastischer als das Kletterseil und "nicht zu eng" gewesen, so der Anwalt.

Nach den Angaben der Angeklagten soll sich der Freier mit seinem ganzen Körpergewicht in die Schlinge hineingelegt haben, wobei seine Knie den Boden nicht berührten. Sein Körper begann zu zucken und die erwünschte Bewusstlosigkeit trat ein. Die Prostituierte ließ darauf das Schuhband los, entfernte es allerdings nicht vom Hals und verließ das Hotelzimmer.

(Bild: APA/HERBERT NEUBAUER)

Nach eineinhalb Stunden wurde sie ihrer Aussage zufolge unruhig und schrieb dem Freier eine SMS, ob alles in Ordnung sei. Als keine Antwort kam, ging sie ins Hotel, klopfte an die Tür und wandte sich an die Rezeption, da der 45-Jährige nicht auf ihr Pochen reagierte. Laut Anklageschrift wurde der Frau an der Rezeption gesagt: "Wenn er tot ist, finden wir ihn schon morgen." Daraufhin marschierte sie in eine Polizeiinspektion und schilderte die Sachlage. Auf Betreiben der Polizei wurden das Hotelzimmer kurz nach Mitternacht geöffnet und die Leiche entdeckt.

Hirnlähmung durch Strangulation
Wie der beigezogene Gerichtsmediziner Christian Reiter in seinem Obduktionsgutachten feststellte, starb der 45-Jährige infolge einer Strangulation an Hirnlähmung. Der Tod wäre nach Eintritt der Bewusstlosigkeit auch ohne den Erhängungsakt eingetreten, "da sich das Drosselwerkzeug (Schuhband) aufgrund der inneren Reibung nicht selbst spontan wieder gelockert hätte", heißt es in der Expertise.

Die 29-Jährige wurde schließlich zu zwei Jahren Haft verurteilt. Die Strafe wurde der Frau - sie ist mittlerweile nicht mehr als Domina tätig, weil sie nach dem Todesfall Albträume bekommen habe, wie sie dem Gericht sagte - unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen.

Richterin: "Sie sind kein völlig gleichgültiger Mensch"
"Das Nachtatverhalten zeigt, dass Sie kein völlig gleichgültiger Mensch sind", so Richterin Nina Steindl in der Urteilsbegründung. Dieser Umstand, die bisherige Unbescholtenheit der 29-Jährigen, ihre geständige Verantwortung sowie "der gute Eindruck, den Sie hinterlassen haben" bewog den Senat dazu, zugunsten der Prostituierten vom außerordentlichen Milderungsrecht Gebrauch zu machen.

An sich wäre für eine absichtliche schwere Körperverletzung mit Todesfolge ein Strafrahmen von fünf bis zehn Jahren zum Tragen gekommen - bei der Strafbemessung war die alte, bis Ende 2015 gültige Rechtslage heranzuziehen. Die Untergrenze konnte nach Dafürhalten des Gerichts aufgrund der besonderen Umstände des Falls deutlich unterschritten werden, "obwohl Sie den Mann in dieser Situation nicht vereinbarungsgemäß zurücklassen hätten dürfen. Das war schon eine grobe Fahrlässigkeit", so Richterin Steindl. Die Angeklagte bedankte sich für das milde Urteil und nahm dieses nach Rücksprache mit Verteidiger Mahrer an. Die Staatsanwaltschaft gab vorerst keine Erklärung ab.

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