In Tourismusschule

Auch Muslime müssen Schweinefleisch kosten

Österreich
09.09.2016 12:23

Müssen Muslime trotz ihrer Religion Schweinefleisch und Alkohol kosten, um eine Tourismusschule positiv abschließen zu können? Um diese Frage dreht sich derzeit eine Debatte, die durch den Fall einer Muslima aufgeflammt war: Die 16-Jährige wollte weder das Fleisch kosten noch Alkohol probieren. Daher weigerten sich ihre Eltern, bei der Anmeldung ein Informationsblatt zu unterschreiben. Dem Mädchen wurde die Aufnahme verwehrt, wie mehrere Medien am Freitag berichteten.

Auch die Information der Schule, dass die Tochter das Schweinefleisch nur abschmecken müsse und dann ausspucken könne, soll den Eltern nicht gereicht haben. Die Schule berief sich auf eine Information des Bildungsministeriums an alle Schulen für wirtschaftliche Berufe und Tourismus. Darin ist man sich des Problems bewusst, dass die Zubereitung und Verkostung von Fleisch, speziell Schweinefleisch, und das Degustieren von alkoholischen Getränken für Schüler aufgrund ihrer persönlichen Wertehaltung problematisch sein könne. Aber: "Da es sich hierbei jedoch um wesentliche Lehrstoffbereiche handelt, kann ein positiver Abschluss nur dann erreicht werden, wenn der Schüler/die Schülerin die Anforderungen dieser Lehrstoffbereiche im geforderten Ausmaß erfüllt."

Ministerium offen gegenüber neuen Ausbildungsvarianten
Im Bildungsministerium betonte man, dass das Schreiben aus dem Jahr 2012 stamme und die Lehrpläne in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer erstellt würden. "Wir orientieren uns bei der Erstellung der Lehrpläne an dem, was künftige Arbeitgeber brauchen", sagte eine Sprecherin des Ressorts. Wenn seitens koscherer, vegetarischer oder Halal-Restaurants Bedarf nach entsprechend ausgebildeten Absolventen bestehe, müssten sie dies über die Interessensvertretung anmelden. Im Ministerium sei man hier grundsätzlich offen.

Israelitische Kultusgemeinde: "Skandalöse Regelung"
Raimund Fastenbauer, der Generalsekretär der Israelitischen Kultusgemeinde, bezeichnete in der "Presse" die Regelung als "skandalös". "Ich empfinde das als unglaublich und gegenüber Muslimen und Juden als schwerstens diskriminierend. Das steht im absoluten Gegensatz zur freien Religionsausübung, die ein Verfassungsrecht ist." Für die Sprecherin der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Carla Amina Baghajati, ist es "bedauerlich" und eine "vergebene Chance" für die Wirtschaft, dass die vielen Muslime, die sich für Berufe im Bereich Tourismus, Hauswirtschaft und Gastronomie interessieren, durch die Vorgaben gebremst würden, sagte sie im Religions-Portal von orf.at.

Der Obmann der Fachgruppe Gastronomie der Wiener Wirtschaftskammer, Peter Dobcak, sieht dagegen kein Problem: "Ein Schüler, der kein Schweinefleisch abschmecken will, den wird es wohl nicht als Schüler geben", sagte er in der "Presse". Das gelte auch für jene, die eine Lebensmittelallergie haben. "Der Lehrplan sieht gewisse Speisen vor, wer sie aus welchen Gründen auch immer nicht kochen kann, der kann nicht zur Prüfung antreten."

"Österreichische Lösung" für Schülerin
Für die betroffene Schülerin hat es übrigens eine "österreichische Lösung" gegeben: Sie wurde in einer Bundesschule für wirtschaftliche Berufe in Wien-Döbling aufgenommen, wo keine Unterschrift verlangt wurde.

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