GT-R, sagt Clarkson

Ford Focus RS: Kein Vergleich

Motor
25.08.2016 22:49

Angenommen, wir haben ein Budget von 58.550 Euro, um ein brachiales Hot Hatch mit Allradantrieb und mindestens 350 PS anzuschaffen und zu fahren. Da geht sich punktgenau der nackte Mercedes-AMG A 45 (aktuell 381 PS) aus. Oder der Ford Focus RS mit allem, was man an Ausstattung braucht. Sogar die teure Nitrous-Blau-Lackierung. Und Sprit. Wir haben also die Wahl zwischen einem herumstehenden A 45 und einem Focus RS, den wir auch fahren können. Hm. Was nehmen wir da wohl…

(Bild: kmm)

Wobei das unfair ist, denn den Ford auf seinen Preis zu reduzieren, wird ihm nicht gerecht. Natürlich ist es unglaublich, dass es ein derart gutes, durchtrainiertes, bis in virtuose Kreise anerkanntes Auto ab 46.950 Euro gibt (wir wollen gar nicht nach Deutschland schauen, wo 40.000 auf dem Preiszettel stehen). Um das Geld bekommt man bei Mercedes gerade mal den A 250 Sport mit 218 PS. Trotzdem ist der RS das Gegenteil einer Discount-Karre.

Aber schauen wir ruhig nochmal auf den Preis. Der Testwagen kommt auf 52.630,01 Euro. Darin enthalten sind u.a. das RS-Performance-Paket um 2700 Euro (Navi, Top-Soundsystem, 19-Zöller, Recaro-Schalen, blauer Lack für die Brembos), das RS-Komfort-Paket (Keyless, Rückfahrkamera, Tempomat), dazu Parksensoren hinten, der geniale selbst ausfahrende Türkantenschutz und sogar die Lackierung haben wir uns gegönnt, die gehört einfach dazu - obwohl 1200 Euro schon eine ambitionierte Ansage sind.

Aber ambitioniert ist ja auch das Auto, was gerne auch ins Auge stechen darf. 350 PS haben die Ford-Ingenieure aus dem 2,3-Liter-Ecoboost-Vierzylinder des Mustang geholt und während der Entwicklung mehr Triebwerke hochgejagt, als ihnen lieb war.

Ein wahres Highlight ist der Allradantrieb, der dezidiert aufs Driften ausgelegt ist und an der Hinterachse zwei Kupplungen aufweist. Besser kann man die Kraft wohl nicht verteilen.

Ex-Top-Gear- und jetzt Grand-Tour-Host Jeremy Clarkson bekundet dem RS sogar, er fühle sich an wie ein Nissan GT-R, was man getrost als Ritterschlag betrachten kann, gilt er Japaner in Fachkreisen doch als ziemlich ultimativ. Und Clarkson bezeichnet den RS auch als eines der zehn besten Autos, die er "im letzten Jahr oder so" gefahren hat.

Schöne Bestätigung, aber eigentlich braucht man kein Fremdurteil, um zu kapieren, was der Focus für ein Geschoss ist. Er fühlt sich schon nach wenigen Metern an wie ein maßgeschneiderter Rennhandschuh. Die eigentlich etwas zu leichtgängige Lenkung bekommt Biss, sobald man in den Sportmodus schaltet und auch am manuellen Getriebe gibt es nichts zu meckern. Höchstens dass mir der Schalthebel eine Spur zu weit weg ist. Ich hätte ihn lieber weiter links und stattdessen den Handbremshebel auf der rechten Site der Mittelkonsole. Egal, da gewöhne ich mich schnell dran.

Interessant ist, dass das einstellbare Fahrwerk im Sportmodus in Komfortstellung bleibt. Für eine 40 Prozent straffere Dämpfung muss man in Race schalten (was dann auch ins ESP eingreift) oder schlicht außen auf den Blinkerhebel drücken, wodurch man jederzeit das Fahrwerk umschalten kann. Und dann gibt es da ja auch noch den Drift-Modus, mit dem man relativ leicht und von der Elektronik geleitet Drifts ziehen kann. Überhaupt hat der Focus RS jederzeit genug Leistung und mit 440 Nm ab 2000/min. genug Drehmoment, um die 235er-Reifen in Rauch aufgehen zu lassen. Oder in 4,7 Sekunden von null auf 100 zu beschleunigen. Maximal rennt er übrigens 268 km/h, also nix mit braver 250-km/h-Abregelung, der Ford sieht sich als Sportwagen.

Aber was ist schon Höchstgeschwindigkeit. Vollgas auf der Autobahn ist nett, aber bei Weitem nicht so lustig, wie alles, was kurvig ist, ob sauber oder im Drift. Darauf ist er ausgelegt, er ist wendig, was man bei Tempo 250 als leichte Nervosität spürt. So what. Es geht um Spaß, und das hört man diesem Kraftpaket auch an. Herrlich bassig tönt das Motor-/Auspuff-Paket, im Sportmodus wird ein Feuerwerk abgebrannt, jedes Mal wenn man vom Gas geht. Und das klingt natürlicher als zum Beispiel beim Mercedes-AMG A 45. Beim Abstellen des Motor schiebt nochmal kurz der Bass nach.

Ein Wort zum Verbrauch: 11,2 l/100 km sind ein realistischer Durchschnitt, ein Ausflug nach Deutschland inklusive artgerechter Autobahnfahrt ließ den Schnitt auf über 13 steigen. Wenn man es richtig laufen lässt, kann man zuschauen, wie die Tanknadel gen Null strebt. 62 Liter passen rein.

Unterm Strich
Der Ford Focus RS ist eine durchaus auffällige Erscheinung, aber keineswegs ein Blender. Wahrscheinlich ist da der Grund, warum man auch als über 40-Jähriger nicht komisch angeschaut wird, wenn man mit ihm daherkommt. Als ambitionierter Autofahrer wird man mit ihm ernster genommen als mit so manchem Fahrzeug, das viele Tausend Euro mehr kostet. Status mal anders.

Warum?

  • Weil er mehr kann, als man in der Klasse und zu dem Preis erwarten kann

Warum nicht?

  • Ist nicht mit Doppelkupplungsgetriebe erhältlich

Oder vielleicht …

… Mercedes-AMG A 45, aber auch BMW M2 und Honda Civic Type R

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(Bild: kmm)



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