Umweltfreundlich?

Schadstoffe & Verbrauch: Es wird immer schlimmer

Motor
06.11.2015 15:16
Laut Prospektangaben werden unsere Autos immer sparsamer - mit der Realität hat das aber nichts zu tun. Tatsächlich wird der Unterschied zwischen Normverbrauch und tatsächlichem Spritkonsum immer größer, wie eine Untersuchung des Umweltbundesamtes ergeben hat, die am Freitag bei einem Symposium der Arbeiterkammer Wien präsentiert wurde. Auch die Stickoxid-Emissionen werden mehr, trotz strenger Normen - und nicht nur bei VW.
(Bild: kmm)

Im Jahr 2000 verbrauchten Pkws noch durchschnittlich sieben Prozent mehr, als im Normzyklus gemessen - 2013 war die Differenz bereits viermal so groß! Im Durchschnitt beträgt der Aufschlag auf den Normverbrauch (bzw. gleichbedeutend auf die CO2-Emissionen) 27 Prozent, Spitzen liegen sogar bei knapp 50 Prozent. Betroffen sind nicht nur einzelne Fahrzeuge: Das Umweltbundesamt hat diese Entwicklung auf Basis der 30 in Österreich am öftesten zugelassenen Autos recherchiert. Dazu verglichen die Experten reale Verbrauchsangaben auf spritmonitor.de mit den Prospektangaben. Hintergrund dieser Entwicklung ist laut Günther Lichtblau vom Umweltbundesamt, dass die Motorsteuerungen in den letzten Jahren immer gefinkelter wurden und sie sich dadurch immer besser auf den realitätsfremden Prüfmodus einstellen können.

Den Autoherstellern kann man dabei vordergründig kaum Vorwürfe machen, da "die Normverbrauchsangaben das Ergebnis gesetzlich vorgeschriebener Tests sind", wie der Sprecher der österreichischen Automobilimporteure Felix Clary zu Recht betont. Die Hersteller nützen einfach die teils extremen Spielräume und Möglichkeiten bei der Testanordnung aus - und das reicht vom Erhöhen des Reifendrucks bis zum luftwiderstandssenkenden Abkleben von Karosseriespalten. Die Ingenieure sind dabei sehr erfinderisch - "immer gewesen", so Umweltexperte Axel Friedrich vom International Council on Clean Transportation.

Dass der Normverbrauchszyklus (noch immer) so ist, wie er ist, liegt aber nicht zuletzt an der starken Autolobby und ihrem entsprechenden Einfluss in Brüssel. Dennoch soll im Jahr 2021 eine neue Messmethode eingeführt werden: die World Light Duty Test Procedure (WLTP). Diese WLTP wird zwar auch auf dem Prüfstand statt auf der Straße durchgeführt, jedoch mit einem ungleich realistischeren Fahrprofil als beim derzeit gültigen NEFZ und mit eingeschränkten Toleranzen - entsprechend höher bzw. realistischer werden die Verbrauchswerte sein. Was dies dann wiederum für die Berechnung der NoVA in Österreich bedeutet, wird man sehen.

Mehr Stickoxidemissionen als früher
Verbrauch und CO2-Emissionen sind eine Sache - Stickoxidemissionen (also NOx-Ausstoß) eine andere. Dies ist das Thema, mit dem Volkswagen gerade schwer zu kämpfen hat, weil die US-Umweltbehörde EPA bekanntlich in einem Dieselmotor eine Software entdeckt hat, welche auf dem Prüfstand- auf "sauber" schaltete, im Realbetrieb aber ein Vielfaches mehr NOx zuließ als erlaubt.

Nach Expertenmeinung zahlt nun VW die Zeche, die eigentlich von der ganzen Automobilbranche "versoffen" wurde, wie man hemdsärmelig sagen könnte. Nach Einschätzung von Umweltexperte Axel Friedrich, einst Abteilungsleiter im deutschen Umweltbundesamt, haben Autohersteller immer so gut es geht getrickst. "Ich habe eine ganze Kiste voller Beispiele", so Friedrich beim AK-Symposium. Auch wenn Hersteller im eigentlich erlaubten Rahmen die Prüfstandsemissionen optimieren, müsse man es als Manipulation bezeichnen, wenn im Realbetrieb ein Vielfaches an Schadstoffen ausgestoßen wird.

Doch genau das sei in der Regel der Fall. Sobald man den vom Prüfstandstest abgedeckten Fahrbereich verlasse, steige der NOx-Ausstoß häufig auf ein Vielfaches. Diesen Schluss legt auch ein Ergebnis der bereits genannten Studie des österreichischen Umweltbundesamtes nahe: Demnach sind die tatsächlichen NOx-Emissionen mit Einführung der Euro-5-Abgasnorm sogar gestiegen. Obwohl sie durch die strengeren Grenzwerte eigentlich hätten sinken müssen, liegen sie sogar höher als bei Euro-4-Fahrzeugen. Auch Euro-6-Motoren stoßen im Durchschnitt real nicht 80 mg/km aus, sondern rund das Vierfache.

"Wir wollen den Autoherstellern nicht hinterherlaufen", betont Studienautor Günther Lichtblau. Vielmehr sollen sie Motoren so bauen, dass der Schadstoffausstoß im Sinn der Vorschrift ist, statt mit Spitzfindigkeiten die Tests zu bestehen, aber damit den Menschen zu schaden.

Übrigens: Unter Umständen kann man selbst herausfinden, dass das eigene Auto über die Stränge schlägt, was das Stickoxid betrifft. Hier erfahren Sie, wie!

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(Bild: kmm)



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